Staatliche Trojaner:Ich bin schon drin

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil heimliche Online-Durchsuchungen zwar erlaubt, aber nur unter ganz bestimmten Bedingungen und Auflagen. Andere Länder setzen bereits auf staatliche Spähprogramme.

Mirjam Hauck

Das Bundesverfassungsgericht hat das nordrhein-westfälische Verfassungsschutzgesetz für nichtig erklärt. Es erlaubte bislang als einziges das heimliche Ausspähen privater Computer.

Staatliche Trojaner: Nicht nur Deutschland diskutiert über heimliche Online-Durchsunngen

Nicht nur Deutschland diskutiert über heimliche Online-Durchsunngen

(Foto: Foto: ddp)

Während Bürgerrechtler sich von dem Urteil weitreichende Aussagen zum "Schutz der digitalen Privatsphäre" erhofften, wünschten sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und BKA-Chef Jörg Ziercke ein klares Bekenntnis zu mehr Befugnissen für die staatlichen Hacker. Nun haben die Verfassungsrichter Online-Durchsuchungen grundsätzlich erlaubt - aber sehr hohe Hürden dafür aufgestellt.

Was in Deutschland gerade erst verhandelt wird, haben andere Länder bereits auf den Weg gebracht, wie beispielweise Österreich. Im Oktober 2007 einigten sich die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP großkoalitionär darauf, heimliche Online-Durchsuchungen zu erlauben. Der erste "legale Einsatz" soll im Herbst dieses Jahres stattfinden.

Schwere Straftaten

Damit der Trojaner spionieren darf, muss ein Verdacht auf schwere oder terroristische Verbrechen bestehen. Laut österreichischen Innenminister Günther Platter sind das Vergehen, die mit mindestens zehn Jahren Freiheitsentzug betraft werden. Für die Kontrolle der Online-Überwachung haben die Österreicher neben dem Richter, der die Verfahren genehmigen muss, eine weitere Überwachungsinstanz installiert: einen Rechtsschutzbeauftragten.

Ein anderer südlicher Nachbar, die Schweiz, prüft derzeit gerade den Einsatz von staatlichen Trojanern, den "Software-Wanzen"- wie sie der Sankt Galler Staatsanwalt und Leiter der Schweizer Arbeitsgruppe Organisierte Kriminalität, Thomas Hansjakob nennt.

Neben den Strafverfolgungsbehörden will auch der eidgenössische Inlandsgeheimdienst DAP (Dienst für Analyse und Prävention) Spähprogramme einsetzen, allerdings ohne vorherigen richterlichen Beschluss und strafrechtliche Relevanz. Ob der Schweizer Geheimdienst tatsächlich Trojaner einsetzt, ist bislang nicht bekannt, bei einem anderen Geheimdienst ist der Spyware-Einsatz dagegen bestens dokumentiert.

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Ich bin schon drin

Um die Identität eines Straftäters herauszufinden, der drohte eine High School in die Luft zu jagen, vertraute das FBI auf die Spionagekünste eines Trojaners. Der trägt den Namen CIPAV (Computer and Internet Protocol Address Verifier ) und wird vom FBI per E-Mail oder Instant Messenger verschickt.

Einmal installiert und erfolgreich eingenistet durchsucht er die Festplatte des Computers und schickt eine Liste mit allen laufenden Programmen und allen Informationen wie besuchten URLs und IP-Adressen. Über die IP-Adresse spürte die Behörde den Schüler auf. Kommunikationsinhalte wie E-Mails und Instant-Messenger-Nachrichten soll CIPAV nicht an den Absender zurückschicken, versicherte das FBI eidesstattlich.

Dass der Staat auch Opfer von Computerspionage werden kann, zeigt das Beispiel vom Sommer 2007. Chinesische Hacker hatten Rechner des Bundeskanzleramts und verschiedener Ministerien mit Trojanern infiziert. Vermutlich gelangten die Programme als Word- oder PDF-Dokumente getarnte Dateien auf die Rechner. Kein Virenprogramm hatte Alarm geschlagen.

Ob der Trojaner vom Staat entwickelt wurde oder "ganz normale" Schadsoftwareschreiber am Werk waren - Antivirenprogramme werden die Spyware früher oder später erkennen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hatten auch die Experten der Bundesregierung die chinesischen Trojaner unter Kontrolle gebracht und den Abfluss von 160 GB Daten verhindert. Auch den möglicherweise anstehenden Bundestrojaner werden die Antivirensoftware als "potentiell gefährlich" erkennen, ist sich der Hersteller Kaspersky sicher.

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