Spionage im Internet:Wie Großbritannien die Überwachung rechtfertigt

Britain's GCHQ allegedly spied on diplomats

Überwachungsanlage des britischen Geheimdienst GCHQ

(Foto: dpa)

Eigentlich dürfen britische Geheimdienste in Großbritannien nur eingeschränkt überwachen. Den GCHQ kümmert das aber wenig. Wie die Regierung die Datensammelei bei den eigenen Bürgern rechtfertigt, zeigen nun erstmals Gerichtsdokumente.

  • Erstmals erklärt die britische Regierung, wie sie die Überwachung der eigenen Bürger im Internet juristisch rechtfertigt.
  • Die Überwachung von Briten in sozialen Netzwerken wie Facebook, Google, Twitter und Co. sei zulässig, da die Daten über ausländische Server abgewickelt würden und es sich daher um "externe Kommunikation" handle, so die Regierung.

Wie die Rechtfertigung lautet

Bei der Nutzung von Internetdiensten wie Facebook, Twitter, Google oder Youtube handelt es sich laut Ansicht der britischen Regierung um Kommunikation, die ohne konkreten Anlass überwacht werden darf. Das schreibt das Innenministerium in einer jetzt veröffentlichten Stellungnahme zu einem Gerichtsverfahren (hier als PDF). Wenn über Internetdienste kommuniziert wird, die ihren Sitz im Ausland haben, handelt es sich demnach per se um "externe Kommunikation". Also um Kommunikation, für deren Überwachung kein konkreter richterlicher Beschluss notwendig ist. Es dürfe demnach sogar dann überwacht werden, wenn kein konkreter Verdacht vorliegt und ausschließlich Briten miteinander kommunizieren.

Warum zwischen "interner und externer Kommunikation" unterschieden wird

Die Unterscheidung zwischen interner und externer Kommunikation ist wichtig. Den britischen Geheimdiensten ist es per Gesetz eigentlich verboten, die eigenen Bürger ohne Anlass zu überwachen. Das gilt etwa auch für den BND in Deutschland. Wer die Kommunikation zwischen Briten ("interne Kommunikation") überwachen will, muss dazu einen Überwachungsbeschluss beantragen, der auf einem Anfangsverdacht beruhen muss. Externe Kommunikation, also die Kommunikation mit dem Ausland oder zweier sich im Ausland befindenden Personen, ist dagegen auch anlasslos erlaubt.

Warum die Regierung den juristischen Trick anwendet

Wer die sozialen Netzwerke massenhaft überwacht, wird Schwierigkeiten haben, automatisiert Briten von Nicht-Briten zu unterscheiden. Würden die britischen Geheimdienste sicherstellen wollen, dass sie keine "interne Kommunikation" angreifen, müssten sie die Überwachung sozialer Netzwerke wohl ganz aufgeben. Das wollen sie aber nicht. Also versuchen sie, auch die Kommunikation zwischen Inländern juristisch zur "externen Kommunikation" zu erklären.

Was Bürgerrechtler dazu sagen

Die Bürgerrechtsorganisation Privacy International hat die Rechtfertigung veröffentlicht. Gemeinsam mit anderen Bürgerrechtsgruppen hatten sie gegen die von Edward Snowden aufgedeckt Überwachung sozialer Netzwerke durch das Überwachungsprogramm Tempora geklagt. Die jetzt veröffentlichte Rechtfertigung ist Teil eines 48-seitigen Statements (hier als PDF), welches das Innenministerium in dem Fall abgegeben hatte.

Kein Wunder also, dass die Bürgerrechtler von dem Trick der Regierung wenig begeistert sind. Der stellvertretende Chef der Organisation, Eric King, sagte zu der Veröffentlichung: "Geheimdienste können nicht als verantwortlich gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit gelten, wenn ihre Tätigkeiten durch die geheime Interpretation byzantinischer Gesetze verschleiert wird."

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