Spielkonsole Xbox One:Zweifelhaftes Star-Wars-Feeling

Die Xbox One will nicht nur eingefleischte Spieler locken, sondern mit Sprach- und Gestensteuerung auch zur Unterhaltungszentrale im Wohnzimmer werden. Doch so ganz kann sie diesen Anspruch noch nicht erfüllen - und erfasst mit elektronischen Ohren und Gesichtserkennung viele Daten der Nutzer.

Von Helmut Martin-Jung

Superschnelle Rechenchips, eine potente Grafikeinheit, Hauptspeicher satt - dass Microsofts neue Konsole Xbox One, die an diesem Freitag auf den Markt kommt, bei Computer-Spielen eine gute Figur macht, muss niemanden überraschen. Schließlich warten die Spieler schon seit Jahren darauf, dass die großen Bildschirme ihrer Fernseher endlich einmal ausgenutzt werden bis zum letzten Pixel. Und das tut die Xbox One dann auch beeindruckend realistisch.

Doch Microsoft will ja mehr als nur das Spielerlebnis verbessern, will mit aufgebohrter Sprach- und Gestensteuerung einen Hauch Zukunft in die Haushalte bringen. Will die Konsole positionieren als die Zentrale der Unterhaltungselektronik im Wohnzimmer, die Musik, Fotos und Videos aus dem Netz anzeigen kann und sogar Live-Fernsehen, das über Kabel oder Satellit ins Haus kommt. Aber wird sie diesem Anspruch gerecht?

"Xbox - einschalten!" Vor Jahren wäre es noch ein Knaller gewesen, hätte man einen Computer - nichts anderes als ein spezialisierter Computer ist die Konsole ja - einfach mit einem gesprochenen Kommando einschalten können. Aber heute ist man eigentlich schon weiter. Es gibt Autos, in denen man einfach sagen kann: "Navigiere in die Friedrichstraße 10 in Berlin." Die Xbox aber reagiert nur auf ein fest vorgegebenes Vokabular an Befehlen. Fällt einem nicht der Richtige ein, bleibt doch wieder nur der Griff zum Controller. Was weniger Star-Wars-Feeling hat, dafür aber schnell und zuverlässig funktioniert.

Eine USB-Tastatur nützt nichts

Besonders deutlich wird das Manko, wenn man zum Beispiel im Browser eine Suchanfrage eingeben will. Das ist mit Controller und Bildschirmtastatur äußerst mühsam, doch die Spracherkennung hilft hier nicht weiter. Also quält man sich mit dem Joystick von Buchstabe zu Buchstabe. Auch eine USB-Tastatur nützt nichts. Die Box hat zwar USB-Buchsen, doch das Betriebssystem erkennt das Keyboard nicht - es bleibt tot.

Gut also, dass es noch eine dritte Möglichkeit gibt. Die nennt sich Smart-Glass und schafft eine Verbindung zwischen einem Windows-8-PC oder Tablet und der Konsole. Die Geräte müssen sich dazu lediglich im selben Netz befinden, also etwa im häuslichen Wlan. Dann wird die Konsole als verfügbares Gerät angezeigt und kann nach einem Bestätigungs-Klick fernbedient werden. Und dann hat man natürlich seine Tastatur und kann nun auch längere Texte problemlos tippen.

Die Verbindung ist aber auch in anderer Hinsicht gut zu gebrauchen. Zum Beispiel dann, wenn auf dem PC Bilder oder Videos gespeichert sind, die man gerne einer größeren Gruppe oder auch einfach auf einem größeren Bildschirm zeigen möchte. Dazu reicht ein Rechtsklick auf die am PC gespeicherte Datei. Anschließend bestätigt man, dass sie an die Xbox weitergereicht werden soll. Und das war's dann auch schon: Auf dem Fernseher, der an der Xbox hängt, öffnet sich ohne weiteres Zutun zum Beispiel das Videoprogramm und spielt den Film anstandslos ab - ruckelfrei und in voller HD-Qualität. Auch Blu-Ray-DVDs werden klaglos wiedergegeben.

Herumfuchteln - und dann doch zum Controller greifen

Seinen Kabel- und Satellitenreceiver kann man auch anschließen, allerdings gewinnt man dadurch im Moment nicht viel. Es laufen dann zwei Geräte, wobei das zweite - die Xbox - kaum mehr beisteuert als die nicht sehr leistungsfähigen Sprach- und Gesten-Kommandos. Sinnvoller ist es dann schon, Medieninhalte, die auf Microsofts Speicherdienst Skydrive gespeichert sind, via Xbox auf dem großen Bildschirm wiederzugeben, zum Beispiel die Urlaubsbilder als Diashow.

Kampf der Konsolen

Von diesem Freitag an steht Microsofts Xbox One in den Läden.

(Foto: dpa)

Bei der Gelegenheit wär's manchmal praktisch, wenn man die Bilder mit einer Wischgeste weiterschieben könnte. Und in der Tat, das Zusatzgerät Kinect, ohne das die Xbox gar nicht verkauft wird, kann genau das. Hand ausstrecken, etwas warten, dann die Hand zur Faust ballen - nun lässt sich der Bildschirminhalt nach links oder rechts verschieben. Was gut wäre, um zum Beispiel im Filmangebot zu blättern. Wenn es denn etwas schneller und präziser funktionieren würde. So fuchtelt man meist eine Zeitlang herum, bis man dann doch wieder zum Controller greift.

Kinect, das eine hochauflösende Kamera, Tiefensensor und ein dreidimensional arbeitendes Mikrofon enthält, ist kurz nach der Vorstellung der neuen Xbox viel in der Kritik gewesen. Denn das Zaubergerät erfasst eine ganze Menge an Daten und verfügt über eine ausgeklügelte Gesichtserkennung. Sie erlaubt es, sich automatisch anzumelden, sobald man den Raum betritt. Auch eine Brille brachte das System bei unseren Versuchen nicht aus dem Takt.

Nicht ganz ausgereifte Unterhaltungszentrale

Wer das Gerät per Stimme einschalten möchte, muss zusätzlich damit leben, dass die elektronischen Ohren der Xbox stets auf Lauschen gestellt sind. Die Funktion lässt sich aber auch abschalten, und die Xbox funktioniert sogar ohne Kinect, dann aber natürlich ohne Sprach- und Gestenerkennung, was manche Spiele wie die Fitness- und Tanzgames wertlos macht.

Insgesamt gesehen löst die Xbox One ihren Anspruch, eine Spielemaschine und Unterhaltungszentrale zugleich zu sein, noch nicht in jeder Hinsicht ein. Besonders bei der Sprach- und Gestensteuerung gibt es noch viel Möglichkeiten zur Verbesserung, die Microsoft mit Software-Updates auch hoffentlich nachreichen wird.

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