Spieleverkauf im Laden:Game Over, Game-Shop!

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Statt über die gute, alte Ladentheke wollen Hersteller Konsolenspiele künftig nur noch online verkaufen. Die Kunden hätten Vorteile - vielen Händlern droht jedoch das Aus.

Andreas Grote

Spielemodule haben Tradition. Auf ihnen speicherten schon Atari, Sega und Nintendo die Games für die ersten Konsolen vor mehr als 30 Jahren. Auch aktuelle mobile Spielekonsolen wie Nintendos DS oder die Playstation Portable (PSP) nutzen sie als robustes Speichermedium, während die stationären Konsolen Wii, XBox und Playstation auf DVDs mit mehr Speicherplatz ausgewichen sind.

Doch den derzeit noch auf physischen Datenträgern gespeicherten Computerspielen droht das gleiche Schicksal wie Musik-CDs und Video-DVDs - der Inhalt lässt sich auch über das Internet zum Nutzer transportieren. Alle Konsolen verfügen über einen Internetzugang und ihr eigenes Onlineportal mit Shop. Dort proben die Konsolenhersteller bereits, wie sich Spiele online verkaufen lassen.

Ein eigener Online-Store macht die Distribution der Spiele für den Hersteller einfacher, günstiger und flexibler; zudem kann der Preis nach Belieben diktiert und auf Trends schnell mit neuen Spielen reagiert werden. Anfangs waren in den Online-Stores nur Mini-Spiele für ein paar Euro herunterladbar.

Mittlerweile finden sich dort auch Spiele, die in der Qualität durchaus mit solchen aus dem Laden mithalten können, aber in der Regel weniger kosten. Auch lassen sich auf diesem Wege im Laden nicht mehr erhältliche Klassiker wie PacMan und Donkey Kong oder beliebte Spiele von älteren Nintendo-Konsolen oder der Playstation 1 und 2 dank eines eingebauten Emulators für ein paar Euro auf der modernen Konsole spielen.

Weg für Raubkopien versperrt

Und stöbert der Kunde erst einmal im Shop, dann kann man ihm noch mehr verkaufen. Sehr beliebt und vom Erlös her nicht zu unterschätzen sind zusätzliche Welten oder Levels für bereits gekaufte Spiele; virtuelle Gegenstände oder Programmteile als Add-ons verkaufen sich schon heute gut.

Und seit Ende vergangenen Jahres können Besitzer von XBox und Playstation auch Filme in ihrem Onlineportal ausleihen, im Playstation Store auch kaufen. Nintendo startet damit derzeit in den USA, nach Europa soll der Dienst später kommen.

Daneben hoffen die Hersteller, mit der Online-Distribution das große Problem Raubkopien endlich in den Griff zu bekommen, das ihnen erhebliche Verluste einbringt. Denn für jede Konsole gibt es Mittel und Wege, um kostenlos und illegal im Internet an Spiele zu kommen und diese dann auf ein beschreibbares Spielemodul oder DVD zu kopieren. Können die Spiele nur noch online geladen werden, ist dieser Weg versperrt.

Sony testet seit vergangenem Herbst mit der PSP Go, quasi dem Schwestermodell der weiterhin erhältlichen PSP, diesen konsequenten Weg. Das Gerät besitzt keinen Modulschacht mehr und kann Spiele nur noch online auf den eigenen Speicher laden. Die meisten der im Laden für PSP erhältlichen Spiele sind daher auch online im Playstation Store verfügbar.

Kunden sehen das weniger einschränkend als die Händler, die befürchten, dass ihr Geschäft mit dem Spieleverkauf schwindet. Wenn sie Glück haben, kauft der Kunde noch eine Prepaid-Karte, die er dann im Onlineshop für Spiele und anderes einsetzen kann; alternativ kann aber auch mit Kreditkarte bezahlt werden.

Die Besitzer der Konsolen scheinen der neuen Welt nicht ablehnend gegenüberzustehen; immerhin kauft die junge Hauptnutzergruppe zum Großteil Musik und Filme ebenfalls online. Im Schnitt jeder Dritte hat schon mal im Onlineshop seiner Konsole Spiele gekauft. Denn anders als im Laden muss er nicht für viel Geld die Katze im Sack kaufen. Im Store von XBox live und Playstation gibt es für viele Titel anspielbare Demo-Versionen oder Trailer, Nintendo bot vor Weihnachten Light-Versionen zum Testen an.

Schutz vor Überflutung

Ein Bewertungssystem, in dem andere Käufer ihre Meinung zu einem Spiel abgeben können, erleichtert derzeit nur bei XBox live die Auswahl. Häufen sich negative Bewertungen für ein Spiel, nimmt es der Hersteller aus dem Angebot und hält dadurch die Qualität der eingestellten Spiele hoch.

Dass pro Woche nicht Hunderte, sondern nur eine Handvoll neue Titel in den Store wandern, soll die Kunden vor einer unüberschaubaren Überflutung schützen. Denn dies ist beim iTunes Store, wo Besitzer von iPod Touch und iPhone 12.000 Spielen auswählen können, die bereits für 79 Cent zum Spontankauf angeboten werden, zum Problem geworden. Denn nur wenige der angebotenen Spiele sind wirklich spielenswert.

Darüber, dass Konsolen irgendwann einmal Spiele nur noch online beziehen werden, sind sich alle Konsolenhersteller einig. Doch schon heute komplett darauf umzustellen, ist noch nicht möglich. Zum einen gibt es in Deutschland noch zu viele Haushalte, die keinen oder nur einen langsamen Breitbandanschluss besitzen, über den sich die Spiele downloaden ließen.

Verleihen unmöglich

Zum anderen kauft jeder fünfte immer noch gerne im Laden, weil er die haptische Erfahrung schätzt, die Verkaufsbox in den Händen zu halten, nach Hause zu tragen, auszupacken und den Datenträger in die Konsole einzulegen. Das fällt beim Onlinekauf ohne physischen Datenträgern genauso weg wie die Möglichkeit, schnell mal das Modul oder die DVD an einen Freund auszuleihen. Auch das Zurückgeben des Spiels an den Händler, weil es ein totaler Flopp ist, oder das Weiterverkaufen, wenn das Spiel durchgespielt wurde, ist nicht mehr möglich.

Immerhin: Die Online-Stores merken sich, welcher Kunde welche Spiele bereits gekauft hat. Sollte ein Spiel versehentlich oder aus Platzgründen von der Konsole gelöscht werden, dann kann er es noch einmal herunterladen, ohne erneut zahlen zu müssen.

© SZ vom 26.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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