Spiele-Apps:Stiftung Warentest: "Pokémon Go" oder "Candy Crush" sind nichts für Kinder

Pokemon Go popularity grows

Eine Gruppe Jungen spielt das Smartphone-Spiel "Pokémon Go" auf einem Marktplatz in Haarlem (Symbolbild). Die Stiftung Warentest kritisiert die In-App-Käufe des Spiels als "inakzeptabel".

(Foto: Remko De Waal/dpa)
  • Stiftung Warentest und Jugendschutz.net haben 50 beliebte Smartphone-Spiele auf Kinder- und Jugendschutz sowie Datenschutz hin untersucht.
  • Die Ergebnisse sind ernüchternd: Keines der untersuchten Spiele sei "unbedenklich".
  • Viele der Apps drängen zum Geldausgeben im Spiel oder nerven mit Werbung
  • Die Stiftung Warentest gibt Eltern vier Strategien an die Hand, mit denen Kinder trotzdem Spiele-Apps nutzen können.

"Candy Crush Saga": Kinder- und Jugendschutz inakzeptabel. "Pokémon Go": inakzeptabel. "Clash Royale": bedenklich. So lautet das Fazit einer von Stiftung Warentest und Jugendschutz.net am Dienstag veröffentlichten Studie. Sie haben 50 beliebte Smartphone-Spiele auf Kinder- und Jugendschutz hin untersucht sowie Datenschutz und Geschäftsbedingungen innerhalb der Apps überprüft. Über einen Zeitraum von sechs Wochen haben zwei Experten die Apps getestet und sich als 10-jährige Kinder ausgegeben. Die Tester haben 50 Spiele für Kinder mit einer Altersfreigabe bis 12 Jahren ausgewählt, die im Januar 2017 besonders umsatzstark waren.

Die Ergebnisse seien ernüchternd und alarmierend, schreibt die Stiftung Warentest: Von den 50 Spielen stuften die Tester keines als "unbedenklich" ein. Vor allem am Kinder- und Jugendschutz hapere es - lediglich "Lego Ninjago: Schatten des Ronin" böte einen angemessenen Schutz für Kinder. Allerdings schneidet die Lego-App im Bereich Datenschutz und Geschäftsbedingungen schlecht ab. Bei allen anderen Spielen kommt die Stiftung zu dem Fazit, die (Nicht-)Einhaltung von Kinder- und Jugendschutz sei "inakzeptabel" oder zumindest "bedenklich". Einen angemessenen Datenschutz bieten nur vier der untersuchten Apps.

Viele der Apps drängen zu In-App-Käufen

Einen Punkt, den die Tester besonders kritisieren, sind die sogenannten In-App-Käufe. Die große Mehrheit der Apps lässt sich kostenlos herunterladen, dafür sollen die Nutzer während des Spiels zusätzliche Inhalte kaufen. Free-to-Play-Spiele nennt sich das Geschäftsmodell. Dahinter stecke allerdings ein "Trick", schreibt Stiftung Warentest: "Viele Apps sind so programmiert, dass Spieler zunächst in kurzer Zeit große Fort­schritte erzielen, dann aber ohne zusätzliches Spielgeld oder neue virtuelle Rohstoffe bisweilen stagnieren." Der Spieler könne entweder "abwarten und leiden" oder echtes Geld ausgeben. Die Preisspanne für Käufe in der App bewegt sich je nach Spiel und Inhalt zwischen 99 Cent und 350 Euro.

Der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) bewertet In-App-Käufe dagegen weniger kritisch: Just am heutigen Dienstag hat der Verband die jüngsten Marktdaten für Free-to-Play-Spiele veröffentlicht. Als "äußerst kundenfreundlich" beurteilt BIU-Geschäftsführer Felix Falk das Geschäftsmodell Free-to-Play. Weil die Nutzer die Spiele kostenlos herunterladen könnten, würden sie "zum Ausprobieren und Erkunden einladen". Was und wie viel ein Spieler investiere, sei jedem selbst überlassen. Der Markt boomt - 96 Prozent des Umsatzes mit Spiele-Apps in Deutschland stammt aus In-App-Käufen. Im Jahr 2016 waren das rund 409 Millionen Euro. In Bezug auf die Stiftung-Warentest-Studie sagt Falk: "Der absolute Großteil der Spiele-Apps wird von Erwachsenen gespielt." Nach Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels seien drei Viertel der Spieler 20 Jahre oder älter. Die Stiftung Warentest bezeichnet ebendiese Käufe innerhalb der Spiele als "Verbraucherfallen" - auch für Erwachsene. Manche In-App-Käufe ließen sich schon mit einem "Fingertipp" tätigen, kritisiert die Studie.

Dazu drängten die Apps ihre Spieler mit Kaufappellen zum Geldausgeben: "Hol dir 1 Gold von Angeboten, bevor es zu spät ist, um diese zeitlich begrenzte Belohnung freizuschalten! Kaufen", hieße es zum Beispiel in "Game of War - Fire Age" - eine der Apps, in der Käufe im Extremfall bis zu 350 Euro kosten können. Gerade diese Kaufappelle sind gegenüber Kindern laut Jugendmedienschutzgesetz eigentlich verboten. Stiftung Warentest empfiehlt den Eltern daher, das Geld zurückzufordern, sollte ein Kind unabsichtlich oder unerlaubt etwas in einer App gekauft haben. Die Anbieter würden sich bei Beschwerden kulant zeigen.

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