Süddeutsche Zeitung

Spenden mit dem Smartphone:Klicken und geben - schön wär's

Weihnachtszeit ist Spendenzeit. Während einige Hilfsorganisationen noch Bettelbriefe verschicken, suchen andere im Internet nach Wohltätern - zum Beispiel mit einer iPhone App. Doch Apple macht den Sammlern einen Strich durch die Rechnung.

Julia Jendrsczok

Papier-Überweisungen waren gestern, heute verlagern immer mehr Organisationen ihr Spendengeschäft in den Online-Bereich. Sie bauen Überweisungsformulare in ihrer Seite ein oder lassen sich per SMS finanziell unterstützen.

Erst langsam laufen jedoch Versuche an, Mini-Programme auf den Smartphones für die Spendenakquise zu nutzen. Die deutsche Bank für Sozialwirtschaft zum Beispiel hat für ihre Kunden - Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz - eine App entwickelt, mit dem das iPhone zur Spendendose wird.

Wer sich die kostenlose App der Bank installiert, kann zwischen verschiedenen Organisationen wählen. Sie sind in Kategorien wie "Kinder", "Armut" oder "Bildung" unterteilt, manchmal ist es auch möglich, einen Verwendungsbereich zu wählen, "Nothilfe weltweit", zum Beispiel.

Doch das ist umständlich: Für den eigentlichen Geldtransfer öffnet sich ein Browser-Fenster mit einem Formular, in das die Bankdaten eingetragen werden müssen, man ist raus aus der App. Das Geld wird dann per Lastschriftverfahren abgebucht.

Einfacher für den Nutzer wäre es, direkt per "One-Click"-Verfahren sein Geld loszuwerden. In den USA, wo die mobile Online-Nutzung viel verbreiteter ist, wollen einige Wohltätigkeitsorganisationen das Spenden direkt in der App ermöglichen - doch Apple stellt sich quer.

Deshalb haben Aktivisten kürzlich eine Online-Petition ins Netz gestellt, um gegen das Unternehmen zu protestieren. In einem Brief an Steve Jobs werfen sie dem Apple-Gründer vor, spendenwilligen Unterstützern von Non-Profit-Organisationen im Weg zu stehen. Auf dem direkten Weg könne mehr Geld verdient werden, sagen sie. Apple blockiere solche Apps und mache die Umleitung erst nötig. Bislang haben knapp 8000 Personen die Petition unterzeichnet.

Auf Nachfrage bei Apple in Deutschland hält sich die Firma bedeckt. Das Unternehmen verweist auf eine Stellungnahme ihres Sprechers Trudy Muller in der New York Times. Muller sagt: "Wir sind stolz darauf, viele Applikationen in unserem App Store zu haben, die Wohltätigkeitsspenden über ihre Webseiten akzeptieren." Eine Erklärung ist das nicht.

"Apple müsste Gemeinnützigkeit überprüfen"

Über die Hintergründe kann nur spekuliert werden: "Apple müsste sich um die korrekte Abwicklung der Gelder kümmern und die Gemeinnützigkeit überprüfen", gibt Jake Shapiro zu Bedenken. Shapiro leitet Public Radio Exchange, eine gemeinnützige Internetplattform für öffentliche Radioprogramme in den USA.

Wenn sich an der abwehrenden Haltung nichts ändert, werden es auch deutsche Wohltätigkeitsverbände in Zukunft schwer haben, Spenden direkt über eine App zu generieren.

So weit sind viele Hilfsorganisationen hierzulande allerdings sowieso noch nicht. Bernd Labetzsch von der Bank für Sozialwirtschaft in Köln erklärt, warum seine Bank bislang gar nicht erst versucht hat, eine solche App für direkte Spenden zu entwickeln: "Eine Spende läuft in Deutschland meist über ein Lastschriftverfahren. Dazu braucht man eine Bank, zum Beispiel die Bank für Sozialwirtschaft. Außerdem werden in Deutschland oft Spendenquittungen ausgestellt, deshalb ist es notwendig, dass die Geber ihre Daten hinterlegen."

Dennoch gibt es auch in Deutschland Ansätze, das Internet auf innovativere Art für den guten Zweck zu nutzen. Die Firma Spendino aus Berlin versucht beispielsweise, über "Friend-Raising" Geldgeber zu finden. Spendino hat eine Applikation für Facebook-Seiten und für die VZ-Netzwerke entwickelt. Durch die Apps auf den persönlichen Seiten sollen die Nutzer ihre Freunde ansprechen und motivieren, ebenfalls ein paar Euro zu überweisen.

Eine Smartphone-App hat Spendino bislang noch nicht auf den Markt gebracht. "Da sind wir dran", versichert Verena Bock von Spendino. Sie ist sich sicher, dass es im Hinblick auf Apple eine Verhandlungsfrage ist, ob ein Mini-Programm mit direkten Spenden möglich wäre.

In Zukunft direkt mit dem Handy bezahlen

Mit dem Handy zu spenden ist für deutsche Nutzer auch auf einem anderen Weg möglich: Per SMS. Dabei schickt der Nutzer ein Stichwort, zum Beispiel "Haiti" an eine Nummer. Die Beiträge sind aber auf maximal zehn Euro begrenzt. "Das liegt an den Providern, die im Moment noch nicht mehr zulassen", sagt Verena Bock. Für diese SMS werden keine Quittungen ausgestellt, die Zahlenden können höchstens den Abschnitt in der Telefonrechnung einreichen.

Deshalb spricht Bock in diesen Fällen von "Tellerspenden". Auch die gemeinnützigen Organisationen, für die das Geld bestimmt ist, vermeiden das Wort "Spende" und schreiben stattdessen lieber "unterstütze uns", weil im deutschen Sprachgebrauch eine Quittung eingefordert werden kann, sobald das Wort "Spende" fällt.

Ob die Deutschen sich künftig für das mobile Spenden erwärmen können, ist ungewiss. Der technische Fortschritt könnte bald jedoch sogar das Sammeln auf der Straße revolutionieren. Schon jetzt gibt es zum Beispiel den Kreditkartenleser "Square", den man auf sein Handy stecken kann. Damit können nicht nur Straßenmusiker und Flohmarkthändler bargeldlos kassieren, auch für gemeinnützige Organisationen stellen sie eine weitere Möglichkeit der Akquise dar.

Oder die Spendenwilligen verwenden zum Bezahlen direkt eines der für 2011 erwarteten Android-Handys, die mit einem eingebauten Nahfeldchip ausgestattet sind. Diese Chips kommunizieren mit ihrer Umgebung, zum Beispiel mit einer Kasse, und machen das Handy damit zur Kreditkarte.

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