SPD-Mitgliederbefragung gestartet:Jungsozialisten kämpfen gegen Vorratsdaten

Laut offiziellem Parteitagsbeschluss setzt sich die SPD für eine staatliche Vorratsdatenspeicherung ein. Zwei Jungsozialisten wollen das jetzt ändern. Sie rufen die Basis zur Abstimmung auf.

Susanne Höll

Der Bundes-SPD steht eine neue Auseinandersetzung über die Vorratsdatenspeicherung bevor. Zwei Jungsozialisten starteten eine Mitgliederbefragung und wollen erreichen, dass sich die Partei per Beschluss gegen die anlasslose Speicherung von Internet- und Telefondaten ausspricht.

Bislang befürwortet die SPD diese Form der Datenspeicherung, beim Bundesparteitag in Berlin Ende 2011 hatte es eine knappe Mehrheit dafür gegeben. Das wollen die zwei Jusos Dennis Morhardt und Yasmina Banaszczuk revidieren und rufen die etwa 500 000 SPD-Mitglieder auf, sich an ihrem Begehren zu beteiligen.

Wenn sich binnen dreier Monate zehn Prozent und damit 48 500 eingeschriebene Parteimitglieder per Brief für ein "Nein" zur Vorratsdatenspeicherung aussprechen, muss der Bundesvorstand unter Vorsitz von Sigmar Gabriel entscheiden, ob er den bisherigen Parteitagsbeschluss kippt oder ob er eine Mitgliederentscheidung ansetzt. Am Mittwoch, einen Tag nach dem Start ihres Begehrens, wurden nach Angaben Morhardts 37 Unterstützer gezählt.

Netzaktivisten sind zuversichtlich

Der Netzaktivist Morhardt zeigte sich zuversichtlich, das Quorum von 48 500 Stimmen zu erreichen. In Orts-, Kreis- und Landesverbänden habe man Unterstützung, auch im Bund, sagte er. Morhardt rechne damit, dass im Herbst Bewegung in das Thema komme, auch weil viele Ortsvereine erst dann wieder tagen würden.

Auch Experten der Bundes-SPD halten es für denkbar, dass die beiden Jusos mit ihrer Aktion "Sozis gegen die Vorratsdatenspeicherung" Erfolg haben könnten. Der Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, der zusammen mit anderen Innen- und Rechtspolitikern sowie den meisten SPD-Landesinnenministern eine dreimonatige Speicherfrist zur Verfolgung schwerer Straftaten befürwortet, sagte, diese Frage sei ein "Bewegungsthema", mit dem man mobilisieren könne.

Deutschland von EU-Kommission verklagt

Derzeit gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Datenspeicherung, weil das Verfassungsgericht 2010 die bis dahin geltende Regelung gekippt hatte. Union und FDP konnten sich bisher nicht auf eine Novelle verständigen, weil die Liberalen mehrmonatige, anlasslose Speicherungen ablehnen.

Die EU-Kommission hat Deutschland inzwischen verklagt, weil es gegen eine EU-Richtlinie verstößt, die eine sechs monatige Speicherfrist vorsieht. Initiator Morhardt sagte, ihm sei klar, dass sich auch die SPD im Fall einer Regierungsübernahme an EU-Vorschriften halten müsse. Aber die EU wolle die Richtlinie überarbeiten, ein Nein der SPD könnte dabei behilflich sein.

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