Soziales Netzwerk:Wall Street gefällt das

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Alle lieben Facebook? Zumindest an der Wall Street stimmt das derzeit.

(Foto: Bloomberg)

Mark Zuckerberg ist bester Laune. Nach Bekanntgabe der Quartalszahlen schießt die Facebook-Aktie um mehr als 20 Prozent nach oben. Die Wall Street hält jetzt plötzlich etwas vom weltgrößten sozialen Netzwerk.

Von Pascal Paukner

Mark Zuckerberg findet, man müsse bei solchen Anlässen auch mal in die Zukunft blicken. Und tatsächlich hat er jetzt nach Monaten des Kampfes mit der Gegenwart allen Grund dazu. Als der Facebook-Chef am Mittwoch in einem Gespräch mit Börsenanalysten anhebt, um die jüngsten Quartalszahlen zu erklären, scheint der Druck des vergangenen Jahres von ihm gewichen zu sein. Vorbei sind die Zeiten mit Negativschlagzeilen von sinkenden Kursen. Zuckerberg ist bester Laune, berichten Gesprächsteilnehmer.

Der Aktienkurs seines Unternehmens ist zu diesem Zeitpunkt gerade dabei, durch die Decke zu gehen. 1,8 Milliarden Dollar Umsatz, 331 Millionen Dollar Gewinn - mit solchen Zahlen hatte für das vergangene Quartal niemand gerechnet. An der Börse schnellt das Papier um 20 Prozent nach oben. Wall Street und Facebook, das könnte jetzt endlich etwas werden, nachdem man monatelang lang wenig miteinander anzufangen wusste. Zuckerberg lieferte zwar immer wieder, konnte die hohen Erwartungen aber nicht befriedigen. Die neuen Zahle aber, sie haben es in sich.

Die vermutlich wichtigste Erkenntnis: Facebook verdient auf Smartphones und Tablets endlich Geld. 41 Prozent aller Werbeeinnahmen kommen aus dem Geschäft mit Anzeigen auf Mobilgeräten. Ein Plus von elf Prozent gegenüber dem vorherigen Quartal ist für Zuckerberg ein ordentlicher Erfolg. War ihm - dem permanenten Innovator - doch stets vorgeworfen worden, für den Wandel vom stationären zum mobilen Web keinen Masterplan zu haben.

Facebooks Masterplan heißt Wachstum

Nun hat er ihn doch. Er heißt: Wachstum. Die mobilen Angebote des Unternehmens stehen nach einer langen Zeit, gekennzeichnet von schlechter Performance und Fehlern mittlerweile so gut da, dass sie das Wachstum des Netzwerkes massiv befördern. 819 Millionen Menschen nutzen Facebook auf Mobilgeräten. 219 Millionen greifen sogar ausschließlich über Smartphone oder Tablet zu. Vor einem Jahr waren es noch 543 beziehungsweise 102 Millionen. Dass mit steigenden Nutzungszahlen auch die Einnahmen aus dem Bereich steigen, ist kaum verwunderlich.

Überraschend ist hingegen, mit welcher Geschwindigkeit Facebook auch als Ganzes noch immer wächst. Insgesamt loggen sich jeden Monat 1,15 Milliarden Nutzer auf der Seite ein. Obwohl der Markt für soziale Netzwerke in den USA und Europa weitgehend gesättigt ist, wächst Facebook auch in den westlichen Industriestaaten noch. Konkurrenten wie Twitter oder Whatsapp richten dagegen wenig aus. Ihre Kernkompetenzen kopierte Facebook in seinen Apps zuletzt einfach. Mal mit Erfolg wie bei den Hashtags oder der Nachrichten-App, mal ohne wie beim Foto-Messenger-Dienst Poke, der dem Original Snapchat nachempfunden ist. Der Erfolg, das zeigt sich, hängt auch von der Zielgruppe ab.

Der Instagram-Kauf, die Entwicklung von Poke und einer eigenen Messenger-App sind Anzeichen, dass Facebook ganz genau weiß, welche Trends gerade angesagt sind. Ob das Image des Unternehmens noch ausreicht, um auch Jugendliche zur Nutzung zu bewegen, bleibt wie im Fall von Poke fraglich. Es sei schwierig, Nutzungszahlen nach Alter zu erheben, weil vor allem Jugendliche falsche Angaben über ihr Geburtsdatum machen würden, sagte Zuckerberg in dem Gespräch mit Analysten am Mittwoch. Die Daten, die man habe, würden aber einem Jugend-Exodus widersprechen. Ein solcher war zuletzt immer wieder kolportiert worden.

Riesiges Potenzial - aber nicht in den USA und Europa

Die Anleger kümmern sich darum offenbar wenig, wohl auch, weil sie wissen, dass die lukrativsten Wachstumsmärkte für Facebook ohnehin nicht in den westlichen Industriestaaten liegen. Auch das zeigen die neuen Zahlen. Es sind die Schwellenländer in Afrika und Asien, die das Wachstum antreiben. Facebooks Software für klassische Mobiltelefone hat schon jetzt mehr als 100 Millionen Nutzer vor allem in Asien und Afrika. Viele Nutzer in diesen Ländern kommunizieren fast ausschließlich über herkömmliche Handys. Es geht um fünf Milliarden Handys, das Potenzial ist riesig. Vor allem weil Facebook erst anfängt, auch auf solchen Geräten Werbung auszuliefern.

In Europa und den USA hingegen hat man aus der Vergangenheit gelernt und setzt auf Kontinuität. Neue Angebote wie die Beziehungssuchmaschine Graph Search oder die Betriebssystem-Imitation Facebook Home lösen bei den Nutzern keine Begeisterungsstürme aus, sie werden von ihnen aber auch nicht wie früher bekämpft oder verschmäht. Vielleicht deshalb, weil Facebook sie behutsamer einführt und den Nutzern besser erklärt. Allein das ist schon ein Erfolg. Denn für die zukünftige Architektur des sozialen Netzwerks sind solche Weiterentwicklungen essentiell, auch wenn sie keine Schnellzünder sind.

Das sieht derzeit auch die Wall Street so. Ein vorübergehender Vorteil für die Nutzer, denn für Facebook sinkt kurzfristig der Druck, neue Geschäftsmodelle auf Basis der Daten seiner Nutzer zu entwickeln. Damit bleibt möglicherweise mehr Spielraum, sich um die Zukunft zu kümmern. Die beginnt spätestens mit den nächsten Quartalzahlen - im kommenden Herbst.

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