Anzeigen im Netz:Von Werbung verfolgt

Apps auf einem Apple iPhone

Apps auf einem iPhone: Oft tracken die Betreiber solcher kleinen Programme das Nutzerverhalten.

(Foto: Jenny Kane/AP)

Facebook und Youtube ermöglichen es, Zielgruppen extrem gezielt anzusprechen. Dabei greifen Unternehmen auf Daten zurück, die Kunden überall im Netz hinterlassen. Wie das genau funktioniert.

Von Jacqueline Hadasch

Da ist zum Beispiel Frederic Luhede. Mit seinem Start-up Flow managt er Auftritte von Firmen in sozialen Netzwerken. Auf den ersten Blick ist Luhede dabei vor allem Gestalter: Der junge Mann aus Bad Tölz designt Fotos und Videos, um damit auf Facebook und Instagram Image-Kampagnen zu schalten. Aber Luhede ist auch Datenanalyst: Er kennt die Nutzer, die auf seine Onlineanzeigen klicken, recht gut. Zumindest weiß er, wie viele davon Frauen und Männer sind, wie weit sie von der werbenden Firma entfernt wohnen oder welche Privatinteressen sie haben. Und er weiß auch, welche Nutzer am Ende die Angebote kaufen.

Zu solchen Erkenntnissen verhilft ihm beispielsweise der sogenannte Business Manager von Facebook - eine spezielle Seite für Firmen, die sich auf der Plattform vermarkten wollen. Der Business Manager erlaubt es, Kriterien festzulegen, nach denen Facebook die Werbung nur bestimmten Personen zeigt. Wenn etwa ein Hotel, das Luhede betreut, Kunden zwischen 30 und 50 Jahren ansprechen möchte, die im Umkreis von 200 Kilometern von der Unterkunft wohnen und am liebsten Bio-Lebensmittel kaufen, kann er das mit wenigen Klicks entsprechend einrichten. Facebook zeigt die Werbung dann nur jenen Nutzern, auf die diese Merkmale zutreffen.

Das funktioniert, weil die Nutzer bereitwillig viel von sich preisgeben: Sie tragen ihr Geburtsdatum auf der Plattform ein, verraten per GPS ihren Standort und spendieren ein "Gefällt mir" für bestimmte Seiten - von denen der Facebook-Algorithmus dann auf persönliche Vorlieben schließt.

Ein Großteil der Firmen hierzulande macht es sich zunutze, dass soziale Medien Werbung personalisieren können: Knapp 48 Prozent aller Firmen hierzulande schalten Anzeigen in sozialen Netzwerken. Die meisten Betriebe nutzen dafür Facebook oder Youtube. Das ergab eine Umfrage des Deutschen Instituts für Marketing von 2018. Für soziale Medien wiederum sind Werbeeinnahmen das wichtigste Geschäft. Facebook etwa hat 2018 55 Milliarden Dollar mit Werbung umgesetzt. Das sind knapp 99 Prozent des Gesamtumsatzes. Auch das zu Google gehörige Videoportal Youtube macht einen Großteil seines Umsatzes mit Werbung. 2018 waren das rund elf Milliarden Dollar. Um die Werbekunden anzulocken, wetteifern soziale Medien längst um den genauesten Werbealgorithmus, indem sie immer mehr Kundendaten sammeln und auswerten.

Um Kunden anzulocken, wetteifern soziale Medien um den genauesten Algorithmus

Das führe teilweise zu gruseligen Erlebnissen, sagt Don Spaqi, Geschäftsführer der Werbeagentur Rpunktmedia. Zum Beispiel, wenn man Werbung für exakt die Schuhe erhält, die man vor drei Wochen gegoogelt hat. Wem so etwas passiere, dessen Daten wurden in der Regel nicht ohne Zustimmung ausgewertet. Meist habe man sogenannte Cookies akzeptiert, sagt Spaqi. Fordert eine Webseite dazu auf, ihre Cookies anzunehmen, erlaubt der Internetuser damit das Erstellen einer Textdatei. Die protokolliert und speichert sein Nutzungsverhalten während des Seitenbesuchs. Klickt jemand etwa zwölf Paar Schuhe durch, bevor er sich für einen Kauf entscheidet und legt dann eine Jacke in den Online-Warenkorb, bringt der Cookie das zu Protokoll. Er funktioniert wie ein kleiner Notizzettel, auf dem die Aktivitäten der Webseitenbesucher vermerkt werden. Dass Internetnutzer Cookies annehmen, sei kein seltener Fall, sagt Spaqi: "Oft handhaben die Leute Cookies wie Allgemeine Geschäftsbedingungen - sie akzeptieren sie einfach, ohne sich groß zu informieren."

Wie die SZ Tracking nutzt

Die SZ setzt wie andere Medienunternehmen bestimmte Tracking-Tools und Cookies ein. Unter www.sz.de/tracking finden Sie die Information, welche Tracker auf unseren Webseiten verwendet werden und wie sie deaktiviert werden können.

Die vollständige Datenschutzerklärung finden Sie unter sz.de/datenschutz. In den Apps der SZ können Sie der Datenverarbeitung widersprechen, indem Sie in den Datenschutzeinstellungen der jeweiligen App Nutzerstatistiken, Fehleranalyse und Absturz-Reports oder personalisierte Werbung deaktivieren. Der digitale Anzeigenmarkt ist wie bei vielen Medienhäusern für einen wesentlichen Teil der Einnahmen verantwortlich. Auch deshalb können aufwendig recherchierte Artikel Lesern zugänglich gemacht werden.

Auch Facebook sammelt Daten mit einem Tool, das wie ein Cookie funktioniert: Dem sogenannten Pixel. Pixel ist die Schnittstelle zwischen der Plattform und den Verkaufshomepages, zu denen die Anzeigen führen. Wer die Cookies einer Hotelseite akzeptiert, zu der eine Facebook-Werbung geführt hat, willigt gleichzeitig ein, dass auch Facebook seine Nutzungsdaten verwenden darf. Das Netzwerk weiß dann, wer die angebotene Übernachtung am wahrscheinlichsten bucht. Es kennt auch die Zahl der Übernachtungen, es weiß, wann Personen am liebsten buchen und ob ein bestimmtes Merkmal eine Buchung besonders wahrscheinlich macht. Und Facebook lernt daraus. Je mehr solcher Statistiken der Internetkonzern sammelt, desto zielgerichteter kann er Werbung an potenzielle Käufer ausspielen.

Werbetreibende wie Luhede und Spaqi helfen den Plattformen beim Datensammeln. Denn auch sie wollen ihre Anzeigen an die Menschen mit der größten Kaufwahrscheinlichkeit ausspielen. Schaltet Luhede eine Facebook-Werbung, testet er vorab eine Anzeige bei verschiedenen Zielgruppen. Facebook spielt die Anzeige für wenige Tage aus und zeigt Luhede im Business Manager, bei welcher Zielgruppe die Werbung am erfolgreichsten war. Diese wählt der Agenturchef dann nach dem Testlauf für die Kampagne aus. "Im Ergebnis ist das eine Win-Win Situation für Facebook und die werbenden Unternehmen", erzählt Luhede. Facebook bekommt Geld für jede Werbeanzeige und macht diese durch die Nutzerdaten so erfolgreich wie möglich.

Wer Kundenanfragen nicht beantwortet, kann seinem Image Schaden zufügen

Das bedeute aber nicht, dass Werbung in sozialen Medien gleich auch einen Verkaufserfolg verspreche, sagt Björn Ivens, Professor für Vertrieb und Marketing an der Universität Bamberg. Obgleich der Anzeigenmarkt wachse und in Deutschland neben Konzernen immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen Werbung in sozialen Medien schalteten, sei manchmal davon abzuraten. "Produkte für Geschäftskunden etwa lassen sich effektiver auf Messen oder in Meetings bewerben", erklärt Ivens. Auch könne man in sozialen Medien einiges falsch machen. Etwa wenn eine Firma nicht die Ressourcen habe, um Online-Anfragen zu beantworten. "Ein Haushaltswarenhersteller hatte mal eine völlig verwaiste Internetseite", erzählt Ivens. Dort habe es heftige Beschwerden gegeben - aber keine Antworten der Firma. Das schade dann dem Image, statt es zu verbessern.

Ist die gewünschte Zielgruppe, etwa kleine Kinder, gar nicht in den sozialen Medien vertreten, sei die Litfaßsäule oder TV-Werbung immer noch eine effektive Werbemethode.

Zur SZ-Startseite
BGH verkündet Urteil zur Einwilligung in Cookies

Cookies
:Was klicke ich da überhaupt?

Seit Mai sind die nervigen Cookie-Kästchen vor vielen Webseiten noch sperriger. Was man vor dem Klick auf "OK" wissen sollte.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: