Software:Willkommen in der Update-Hölle

Schadsoftware im App Store

Neue Programmversionen: Gibt es zu viele davon, sind die Nutzer schnell genervt. Gibt es allerdings keine Updates trotz klaffender Sicherheitslücken, drohen Gefahren wie etwa Viren und Trojaner.

(Foto: Alex Heinl/dpa)

Jeden Tag meldet sich irgendeine App und möchte eine neue Version laden. Damit geht der Ärger oft erst los.

Von Helmut Martin-Jung

Da, schon wieder: Am Symbol für den App-Store der kleine rote Kreis, darin eine Zahl. Heute ist es die Vier, die am Bildschirm des Smartphones aufleuchtet. Schon wieder vier Apps, die erneuert werden wollen. Insgesamt gut 500 Megabyte kommen da zusammen. Und wofür? Das weiß man nicht so genau. "Minor bugfixes", heißt es oft nur ganz lapidar, Korrektur kleinerer Fehler. Jetzt bloß aufpassen, nicht aus Versehen unterwegs draufzuklicken. Sonst war's das nämlich in diesem Monat mit dem schnellen mobilen Internet, Updates fressen Flatrate auf.

Ärgerlich, nicht wahr? Immerhin, meistens funktioniert's ja wenigstens. Und bei Apple muss auch jedes Update erst bestätigt werden - wenn man nicht die automatischen Updates eingestellt hat. Nach ein paar Minuten sind die neuen Apps geladen - schnelles Wlan vorausgesetzt. Bei Android kann man dagegen einstellen, dass Apps automatisch geladen werden. Das erspart zwar das Herumgetippe bei jedem Update. Aber man kann auch ziemlich sicher sein, dass die Laderei genau gerade dann losgeht, wenn man's mal gerade gar nicht brauchen kann. Auch gut: Wenn das Telefon ein paar Wochen lang nicht eingeschaltet war, ist es danach erst einmal eine Stunde nach kaum benutzbar - wegen der vielen Updates.

Man weiß nicht genau, was man sich einhandelt

Es kann aber auch noch viel schlimmer kommen. Nach einem System-Update, das Apple vor Kurzem verteilt hatte, ging bei vielen Geräten erst einmal gar nichts mehr, auf anderen funktionierten so wesentliche Dinge wie Links nicht mehr.

Als Nutzer gerät man deshalb in einen Zwiespalt. Einerseits ist ja bekannt, dass Updates, besonders die des Betriebssystems, ernst genommen, sprich: ausgeführt werden sollten. Auf der anderen Seite weiß man nie so genau, was man sich damit wieder alles einhandelt. Das Harmloseste dabei ist noch, wenn die Programmsymbole verrutschen.

Besonders schlimm ist die Sache beim PC. So sehr es manchmal von Vorteil ist, wenn der Nutzer sehr tief ins System eingreifen und alles so gestalten kann, wie er es will: Die Vielzahl an Möglichkeiten schafft eben auch eine Vielzahl von Fehlermöglichkeiten. Und anders als bei Smartphones gibt es wesentlich mehr Dinge, die miteinander funktionieren sollen, und damit auch mehr Fehlerquellen. Von Innereien wie Grafikkarten bis hin zu Druckern, die auch noch scannen, kopieren und faxen können, ist alles dabei.

Negativbeispiel Android

Legendär ist, wie Microsofts Betriebssystem Vista zum Monsterflop wurde, weil viele Computer und vor allem viele Peripheriegeräte nicht darauf vorbereitet waren. Doch wer denkt, das sei mittlerweile vorbei, hat sich getäuscht. Die Software von Microsofts eigenen Webcameras, die das Unternehmen vor wenigen Jahren noch ziemlich teuer verkauft hat, läuft nicht auf Windows 10 - dem neuen Betriebssystem aus eigenem Hause. Dieses Windows 10 versucht der Konzern seinen Kunden fast schon dreist aufs Auge zu drücken. Klar, das Update ist für private Nutzer der Versionen 7 bis 8.1 noch bis zum Sommer kostenlos. Wegen des vielen Ärgers, den die ständigen Hinweise und sogar die Aufnahme ins automatische Updateprogramm verursacht haben, gibt es jetzt immerhin ein kleines Programm, das die ständigen Erinnerungen ausblendet und es dem Nutzer überlässt, ob und wann er auf die neue Version wechseln will.

Mit Erinnerungen kommen auch viele andere PC-Programme immer wieder um die Ecke. So nervtötend das auch ist: Handelt es sich um eines, auf das man nicht verzichten will, sollte das Update gemacht werden. Doch viele Nutzer sind eben keine PC-Experten, die ständigen Hinweise verwirren sie nur. Es gibt zwar auch Hilfsprogramme, die einem das abnehmen sollen, doch die bringen neue Hinweise auf den Schirm, die man auch nur versteht, wenn man sich auskennt.

Am allerschlimmsten aber ist, wenn ein System-Update eigentlich eingespielt werden müsste, man aber keines bekommt. Dafür ist Googles System Android derzeit das Negativbeispiel. Google entwickelt es regelmäßig weiter, doch der Konzern baut selbst keine Geräte, lässt allenfalls welche von Partnern wie LG fertigen. Die Masse der Geräte stammt von unabhängigen Herstellern, und die wollen verständlicherweise nicht, dass die Handys, die sich ja äußerlich oft schon sehr ähnlich sehen, sich auch noch bei der Software gleichen wie ein Ei dem anderen. Also stülpen sie über Googles System eine eigene Oberfläche. Manchmal gelingt es ihnen sogar, damit etwas besser zu machen, meistens ist es nur anders, oft genug auch schlechter als das Original-Android.

Und in einem Punkt ist es auf jeden Fall ein Nachteil: Denn weil die Änderungen oft ziemlich tief ins System eingreifen, dauert es seine Zeit, bis die Änderungen für eine neue Android-Version fertiggestellt und getestet sind. Wenn das so weit ist, müssen auch die Netzanbieter die neuen Versionen noch prüfen - deshalb dauert es so lange, bis es für eine neue Android-Version auch eine für Samsung, LG, Huawei und so weiter gibt.

Auf Smartphones sollten nur Apps sein, die man wirklich nutzt

Die ganze Sache ist also aufwendig und teuer - spätestens nach zwei Jahren ist es daher in den meisten Fällen vorbei mit Updates. Die gibt es dann bloß noch für neue Geräte. Und für billigere Handys gibt es oft gar keine Updates. Das ist ärgerlich, weil einem neue Funktionen verwehrt bleiben, oft genug aber auch schlicht gefährlich, denn Sicherheitslücken, die in älteren Systemen entdeckt und von Kriminellen ausgenutzt werden, bleiben einfach offen.

Die einzige Rettung sind dann alternative Android-Versionen wie etwa die von Cyanogen, doch so einfach ist es in vielen Fällen gar nicht, die auf ein Handy zu kriegen; wer nicht so hundertprozentig weiß, was er tut, riskiert, sein Gerät unbenutzbar zu machen.

Da ist man aber immerhin noch selbst schuld. Anders liegt der Fall, wenn Geräte sich einfach weigern, ohne ein Update weiter ihren Dienst zu versehen. Beispiel Microsofts Xbox: Liegt ein Update vor, bleibt nichts, als es einzuspielen. Blöd nur, wenn dann die Bits nur langsam durch die Leitung tröpfeln. Oder die sogenannten Smart-TVs. Da können Updates schon mal Apps löschen, die man gerne benutzt hat, und andere laden, die man gar nicht will.

Deals zwischen Herstellern und App-Anbietern auf Kosten des Kunden

Oft hat das dann mit Deals zu tun, welche die Hersteller mit den Anbietern der App geschlossen haben. Auch das ist ein Ärgernis ersten Ranges, es kommt auf Smartphones genauso vor wie auf PCs mancher Hersteller. Die ganz treffend Bloatware genannten Programme - Software also, die nicht wirklich etwas bringt, aber den Speicherplatz zumüllt - lassen sich von PCs meist noch löschen. Auf Smartphones oder Tablets aber stecken die Hersteller sie in einen geschützten Bereich, an den man als normaler Nutzer nicht herankommt.

Was tun? Als normaler Nutzer ist man der Update-Hölle ziemlich schutzlos ausgeliefert. Auf Smartphones sollten nur die Apps sein, die auch wirklich genutzt werden - das erspart schon viele Updates und schont den Speicher. Gleiches gilt für Tablets und für PCs. Wer sich selbst damit nicht gut genug auskennt, sollte sein Gerät alle paar Wochen mal von jemanden auf Updates durchchecken lassen, der Bescheid weiß.

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