Software Band-in-a-Box:Da ist Musik drin

Lesezeit: 3 min

Seinen eigenen Song ohne Tonstudio gestalten? Mit Musikprogrammen ist das möglich. Die aktuelle Software Band-in-a-Box sorgt für perfekte Studioatmosphäre.

Helmut Martin-Jung

Der Typ hat ein Timing, kaum zu glauben. Wie der alte Wes. Wes Montgomery, der legendäre Jazz-Gitarrist, der kein Plektrum benutzte, sondern den Daumen seiner rechten Hand, hat wahrscheinlich nie in seinem Leben einen Computer gesehen. Als er 1968 starb, waren Rechner noch raumfüllende Maschinen, die allenfalls Lochstreifen ausspuckten, aber nichts, was ein Naturtalent wie Wes Musik genannt hätte.

Die virtuelle Welt der Töne: Mit der Software Band-in-a-Box kann man eigene Songs gestalten und sich Komponiertes als Partitur ausdrucken lassen. (Foto: Foto: oh)

Das hat sich gründlich geändert. Software wie Band-in-a-Box von PG Music ist in den vielen Jahren, in denen es auf dem Markt ist, zu einem derart mächtigen Werkzeug herangewachsen, dass man gar nicht wissen will, wie hoch der Anteil von Songs zumindestens im Dudelfunk ist, der seinen Ursprung nicht in einem menschlichen Hirn, sondern in Algorithmen hatte.

In den jüngsten Versionen hat das längst legendäre Programm allerdings nochmal einen gewaltigen Sprung hingelegt. Früher erzeugte Band-in-a-Box nur Steuerbefehle für elektronische Musikinstrumente, sogenannte Midi-Dateien.

Ernstzunehmende Musik

Das Prinzip: In einer Art Tabellenansicht wird die Akkordfolge eingegeben - etwa C-Dur, A-Moll 7 - und ein Stil ausgewählt, zum Beispiel Blues Shuffle. Wer nur den auf der Computer-Hauptplatine eingebauten Soundchip zur Verfügung hat, entlockte dem Rechner damit bisher Klänge, die eher an einen Gameboy denken ließen, denn an ernstzunehmende Musik.

Damit ließ sich zwar ganz prima üben, nur Aufnahmen machen wollte man damit eher nicht. Viel besser klang die Sache, wenn das Programm zwar Midi-Kommandos übermittelte, diese aber Aufnahmen echter Instrumente steuerten. Je nachdem wie gut diese sogenannten Soundsamples waren, klangen auch die damit erzeugten Klänge mehr oder weniger realistisch.

Nun aber bringt Band-in-a-Box diese Sounds selber mit. Und wie. Zu dem Programm kann man Dutzende von ganzen Sets sogenannter Real Tracks kaufen. Beim Ultrapack der Version 2009 (549 Euro) sind es nicht weniger als 39 Sätze von Instrumenten. Das ist auch eine Menge an Daten, weshalb es die Sammlung der Bequemlichkeit halber auch auf einer externen Festplatte gibt.

Hardrock, Jazz oder Bossa Nova

Technisch funktioniert die Sache so: Je nachdem welcher Stil gewünscht wird - zum Beispiel Hardrock, Jazz oder Bossa Nova -, lassen sich die entsprechenden Instrumente auswählen und einer Instrumentenspur zuweisen. Das Programm puzzelt dann aus Aufnahmen professioneller Musiker eine Begleitspur zusammen.

Damit das gut klingt, sollte man darauf achten, nur Real Tracks zu verwenden, die in dem Stil eingespielt wurden, den man selbst spielen will. Das Ergebnis ist frappierend gut. Es dauert zwar je nach Leistungsvermögen des Computers eine Weile, bis die Songs berechnet sind; sie lassen sich aber auch einfrieren, sprich: als Sounddatei auf dem PC ablegen, die dann in Sekunden abrufbar sind.

Das aber ist noch längst nicht alles. In der jüngsten Version lässt sich in einer Notenansicht mitverfolgen, was die echten Instrumente spielen. Für nicht so notenfeste Gitarristen gibt es auch eine Tabulatoransicht in Form eines Griffbretts. Einstimmige Melodien kann man wie früher auch schon per Knopfdruck in eine mehrstimmige Version umwandeln lassen. Aus Musikdateien vermag das Programm Akkordfolgen zu extrahieren, es erzeugt Soli nicht bloß in verschiedenen Stilarten, sondern sogar mit den Eigenarten berühmter Solisten.

Gesampelte Sounds

Und es kann ganze Songs einer nahezu beliebigen Stilart selbst erfinden - manche Musiker geben wenigstens zu, dass sie sich manchmal von Software inspirieren lassen. In der jüngsten Version liefert PG Music auch eine Sequenzer-Software namens Real Band mit. Das ist ein Programm, das Midi-Daten und echte Aufnahmen zusammenführt - also auch die gesampelten Sounds aus dem Band-in-a-box-Paket.

Einziger Kritikpunkt bleibt die Oberfläche des Programms. Sie nur überfrachtet zu nennen, wäre fast noch ein Kompliment. Denn man merkt ihr sehr deutlich an, dass sie noch aus der Frühzeit von Windows stammt. Vorteil: Das Programm lässt sich direkt von der externen Festplatte starten und verbiegt nicht alle möglichen Einstellungen am Rechner.

Andererseits hat man mit den gefühlt Hunderten von Schaltflächen alleine schon beim Startbildschirm das Gefühl, dass man sich Jahre nur damit beschäftigen könnte, deren Funktion zu ergründen. Hinter nahezu jeder davon steckt ein weiteres Fenster mit Schaltflächen. Bis man das heraus hat, gibt es aber bestimmt längst eine neue Version mit noch ein paar weiteren Funktionen. Obwohl - viel fällt einem allmählich wirklich nicht mehr ein. Allenfalls vielleicht noch ein motorisierter Handschuh, der einen über die Tastatur führt.

© SZ vom 10.08.2009/cf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: