Software als Service:Die Veränderung ist ökonomisch überlegen - und unaufhaltsam

Das ist die ökonomische Dimension der Entwicklung: Die Vertriebsstrategen der Softwarehersteller haben erkannt, dass sich mit der dauerhaften Verbindung der Software ganz neue Bezahlmodelle umsetzen lassen. Früher haben sich Grafikprofis das teure, sehr gute Bildbearbeitungsprogramm Photoshop einmal gekauft und konnten es dann verwenden, bis der technologische Fortschritt nach einer neueren Version verlangt hat. Heute kann man das Programm nur noch mieten. Es wird zwar auf dem Rechner des Nutzers installiert, aber nur, wer regelmäßig zahlt, kann es auch beliebig benutzen.

Das Modell, Software als Service bereitzustellen, verändert die Softwareindustrie derzeit stark, jeder Konzern hat das Ziel, so oft wie möglich mit dem Kunden in Kontakt zu treten und ihm so oft wie möglich eine Rechnung zu stellen. Preisstrategien, die mit psychologischem Fingerspitzengefühl erstellt wurden, maximieren durch immer wieder anstehende Zahlungen die Summe dessen, was ein Softwarehersteller einem Kunden abverlangen kann.

Einer, der diese Strategien für den Computerspiele-Giganten Valve mitentwickelt hat, war übrigens Griechenlands Ex-Finanzminister Yannis Varoufakis - bevor er mit geringerem psychologischen Fingerspitzengefühl aus der Troika maximale Zahlungen herauszukitzeln versuchte.

Die Raubkopiererszene beißt sich die Zähne aus

Die Veränderung ist ökonomisch überlegen und darum unaufhaltsam. Große Konzerne wie Autodesk, weltweit Marktführer für 3D-Software, stellen derzeit ihren gesamten Vertrieb von Software-Verkauf auf -Vermietung um. Das Stichwort der Betriebswirtschaftler lautet "SaaS", das steht für "Software as a Service", Software als Dienstleistung. Selbst Microsoft lässt sein neues Betriebssystem "Windows 10" nun unter dieser Rubrik laufen.

Die Raubkopiererszene beißt sich an diesen Konzepten die Zähne aus. Wer Software illegal nutzen möchte, muss ihr den Zugang ins Netz versagen. Das aber schränkt in aller Regel Funktion und Sicherheit der Programme massiv ein.

Man hat als Nutzer keine Wahl. Das ist bedenklich. Denn die neuen Modelle bieten zwar einerseits Vorteile, etwa, dass die Hersteller Software automatisiert updaten können oder dass man gemeinsam mit anderen Nutzern an demselben Dokument arbeiten kann. Andererseits wird der Nutzer in seinen digitalen Rechten weiter entmündigt. Der Kontrollverlust desjenigen, der glaubt, er bediene seinen Computer noch selbst, wird weiter vorangetrieben.

Wem gehören digitale Güter?

Cloud-Computing, Apps und Software as a Service sind Begriffe, die sich nur begrenzt nebeneinanderstellen lassen. Sie sind nicht klar definiert, man läuft Gefahr, ökonomische und inhaltliche Eigenschaften zu vermischen. Sie stehen aber für einen Trend, der typisch ist in der derzeitigen Entwicklung: technologisch sinnvoll, ökonomisch optimiert, von Politik und Gesellschaft kaum beachtet - und Teil einer ethisch diskussionswürdigen Veränderung.

Die Vermietungsmodelle werfen ja Fragen auf nach dem Besitz digitaler Güter: Wem gehört die Software eigentlich? Dem, der sie vermietet? Warum sind dann, wie bei Photoshop, Teile auf dem Rechner des Nutzers gespeichert? Andererseits müssen zentrale Speicherorte, wie es sie im Cloud Computing gibt, als Teil der Debatte über globalen Datenschutz und das eben gekippte Datenabkommen Safe Harbor diskutiert werden. Die Grenze zwischen Inhalten und Anwendungen verschwimmt, und die Möglichkeiten, den Nutzer auszuspionieren, steigen für alle, die Zugriff auf den Software-Server haben, ins Unendliche.

Noch ist das Bewusstsein dafür kaum vorhanden, und es bildet sich auch nur langsam heraus, weil die Vorteile für alle Beteiligten offensichtlich sind, die Nachteile aber nicht. Vielleicht helfen noch ein paar öffentlichkeitswirksame Probleme mit Promikindern.

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