Digitaler Nachlass:Facebook muss Konto von verstorbener Tochter ganz für Eltern öffnen

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Nicht alle Profile müssen nach dem Tod zwangsläufig gelöscht werden. Facebook bietet etwa einen Gedenkzustand an. (Foto: AFP)

Zuvor hatte das Unternehmen ihnen nur einen USB-Stick mit einem riesigen PDF-Dokument überreicht. Das reicht nicht, entschied nun der Bundesgerichtshof.

Im Streit um das digitale Erbe eines Mädchens muss Facebook den Erben einen direkten Zugriff auf das gesperrte Konto der Verstorbenen ermöglichen. Das geht aus einem Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) hervor, der der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag vorlag.

Zuvor hatte Facebook den Eltern der 15-Jährigen aus Berlin, die 2012 in einem U-Bahnhof ums Leben kam, nur einen USB-Stick mit einem riesigen PDF-Dokument mit unstrukturierten Daten überreicht, sagte Rechtsanwalt Christlieb Klages, der die Familie vertritt.

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In dem Streit um das digitale Erbe hatte der BGH bereits im Juni 2018 entschieden, dass Facebook das digitale Erbe des Mädchens an die Eltern übergeben müsse. Facebook war indes der Auffassung, dem BGH-Urteil mit der Übergabe von rund 14 000 PDF-Seiten nachgekommen zu sein: "Wir fühlen mit der Familie. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs haben wir der Familie die Informationen des Kontos ihrer verstorbenen Tochter übermittelt, einschließlich aller Nachrichten, Fotos und Posts", teilte das Unternehmen damals mit.

Konto des Mädchens war in einen sogenannten Gedenkzustand versetzt worden

Die Eltern wandten sich aber erneut an ein Gericht, weil sie stattdessen auf das Facebook-Profil ihrer Tochter zugreifen wollten, um dort Hinweise zu finden, ob die 15-Jährige möglicherweise Suizid begangen hat.

Facebook hatte das aktive Konto des Teenagers nach dem Hinweis eines unbekannten Nutzers über den Tod des Mädchens in einen sogenannten Gedenkzustand versetzt. Auch den Eltern war damit kein Zugang zu dem originalen Profil mehr möglich.

Der BGH schreibt in dem Beschluss, Facebook könne den Gedenkzustand des Kontos aufheben. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Eltern in diesem Fall das Benutzerkonto aktiv weiternutzen würden.

Wir haben uns entschieden, in der Regel nicht über Selbsttötungen zu berichten, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Der Grund für unsere Zurückhaltung ist die hohe Nachahmerquote nach jeder Berichterstattung über Suizide. Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge ( www.telefonseelsorge.de ). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

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