Smartphones:Flexible Displays - der nächste Smartphone-Hype?

Ein biegsamer Smartphone-Bildschirm von Panasonic - Hoffnung für Samsung und Apple?

Mach die Biege: Der japanische Konzern Panasonic meint das ganz wörtlich. Sein neuer Lithium-Ionen-Akku lässt sich tatsächlich biegen.

(Foto: PR)

Apple, Samsung und Co. verkaufen immer weniger Smartphones. Biegsame Displays sollen die Menschen wieder begeistern.

Von Jürgen Schmieder, Las Vegas

Natürlich ist Schadenfreude eine gar schreckliche Eigenschaft des Menschen, und doch entsteht aus dem Ergötzen am Missgeschick anderer nicht selten grandiose Komik. Als sich das iPhone 6 Plus von Apple etwa vor mehr als zwei Jahren als derart biegsam erwies, als wäre der Künstler Salvador Dalí für Design und Produktion verantwortlich gewesen, gab es sogleich eine herrliche Parodie auf die oftmals pathetischen Werbespots des Unternehmens. Der Fehler wurde darin als das Feature "Bend" angepriesen, es gab eine Anleitung zum Telefonbiegen und den Hinweis: "Endlich gibt es ein Smartphone, das sich der Körperform anpasst."

Was jedoch, wenn dieser witzige Werbespot keine Persiflage war, sondern ein Blick in die Glaskugel? Wenn das nächste große Ding der Technologiebranche ein biegbares Gerät ist, eine Mischung aus Tablet und Smartwatch, die sich die Menschen ums Handgelenk schnallen wie einst ein Klackarmband? Genau darauf nämlich deuten einige auf der Technologiemesse CES in Las Vegas vorgestellte Entwicklungen und veröffentlichte Patente führender Unternehmen hin.

Der Heilige Gral der Technologiebranche

Der Mensch hat sich mittlerweile daran gewöhnt, dass technische Geräte immer näher an ihn heranrücken, vom Computer auf dem Schreibtisch über den Laptop im Rucksack und das Smartphone in der Hosentasche bis hin zu jenen Geräten, die als so genannte "Wearables" möglichst immer dabei sind und Daten sammeln.

Die Evolution des Telefons zum Immer-am-Körper-Produkt gilt als der Heilige Gral der Technologiebranche - die bislang vorgestellten Geräte wie etwa Smartwatch oder Datenbrille wirken dagegen bislang eher wie Evolutionsschritte denn wie die Krone der Schöpfung. Das lag auch daran, dass elektronische Geräte nicht von Dalí entworfen wurden, sondern ihr Aussehen nicht unerheblich von Größe und Gestalt der verwendete Batterie abhängig war.

Panasonic hat nun in Las Vegas drei Prototypen neuartiger Lithium-Ionen-Batterien präsentiert, die wie 0,45 Millimeter dicke Kreditkarten aussehen, sich locker um eine Bierdose herum biegen lassen und nach 1000 Knicks noch immer über 80 Prozent der Grundkapazität verfügen. "Wer kleine Geräte haben möchte, der braucht kleine Batterien", sagt Yoriko Yogi, stellvertretende Entwicklungschefin der Wearable-Sparte bei Panasonic, die seit acht Jahren an einer biegbaren Batterie bastelt, im vergangenen Herbst erste Andeutungen über eine erfolgreiche Entwicklung gemacht hat und zwischen April 2018 und März 2019 mit der Massenproduktion beginnen möchte: "Wir konzentrieren uns zunächst einmal auf Wearables und Geräte für das Internet der Dinge. Smartphones und Tablets haben derzeit keine Priorität, auch wenn das natürlich grundsätzlich möglich ist, wenn wir die Kapazität erhöhen können."

Kommt im Februar das erste Smartphone mit Falt-Bildschirm?

Die kräftigste der flexiblen Panasonic-Batterien schafft derzeit maximal 60 Milliamperestunden (mAh), zum Vergleich: In aktuellen Smartphones sind Batterien mit einer Kapazität von mehr als 3000 mAh verbaut. Die biegbaren Batterien müssen kabellos aufgeladen werden, weil Panasonic keinen klobigen USB-Anschluss verbauen wollte. Das Unternehmen will eine eigens dafür konstruierte Ladestation mitliefern, eine voll aufgeladene Batterie soll allerdings vier Wochen lang ohne Nachladen auskommen. "Ich glaube, dass es für diese Art von Batterie zahlreiche Möglichkeiten geben wird", sagt Yogi.

Ein zweites Hindernis für biegbare Geräte sind die Bildschirme. Das amerikanische Patentamt hat in der vergangenen Woche die Anträge von Samsung veröffentlicht, das durch flexible Bildschirme ein Gerät andeutet, das sich wie eine Puderdose vom winzigen Smartphone zu einem Tablet ausklappen lässt - was sogleich für hitzige Gerüchte in der Technologiebranche entstehen ließ. Das Unternehmen, so heißt es, könnte bereits im Februar auf dem Mobile World Congress in Barcelona eines der Modelle vorstellen, die unter dem Codenamen "Projekt Valley" entwickelt werden. Samsung nutzt die Messe in Las Vegas traditionell für die Präsentation neuer Fernseher und das Event in Spanien für Smartphones.

Es braucht ein neues Gerät, das die Menschen unbedingt haben wollen

"Drei bis fünf Technologieunternehmen werden im Jahr 2018 faltbare Telefone für den Massenmarkt produzieren", prognostiziert Kang Chung-seok, Entwicklungschef von Kolon Industries, das an biegbaren Bildschirmen arbeitet und Unternehmen wie Samsung, LG und BOE beliefern soll: "Aufgrund der Sicherheit glaube ich, dass zunächst einmal biegbare Bildschirme mit größerem Radius präsentiert werden, faltbare Produkte dürften dann folgen."

Der Smartphone-Boom, der mit der Vorstellung von Apples erstem iPhone vor zehn Jahren begonnen hat, hat sich zu einem Ballon entwickelt, dem die Luft entwichen ist. Der Markt der schlauen Telefone soll einer Studie des amerikanischen Marktforschungsinstituts IDC zufolge in den kommenden zwölf Monaten um gerade mal 1,6 Prozent wachsen, im vergangenen waren es noch 10,6 Prozent gewesen. Es braucht ein neues Gerät, das die Menschen unbedingt haben wollen und von dem sie glauben, nicht mehr ohne es leben zu können. Nicht nur Samsung und die Silicon-Valley-Platzhirsche Apple und Google basteln an einem biegbaren Gerät, sondern auch asiatische Konkurrenten wie Suwon (Südkorea), Huawei oder Moxi (beide China).

Der Markt für Mobiltelefone ist hart umkämpft, der Hersteller des ersten bieg- oder faltbaren Geräts dürfte einen Satz über einen gewaltigen Graben auf dem Weg zum Heiligen Gral machen. Natürlich muss dieses Smart-Armband dann auch funktionieren, sondern gibt es anstatt eines kräftigen Schlucks aus dem Kelch nur hämische Memes und Videos voller Schadenfreude.

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