Smartphone-Spiel Angry Birds:Der Siegeszug der Vogelflüsterer

Eine finnische Firma bastelte mit dem Smartphone-Spiel "Angry Birds" den Überraschungs-Hit der App-Welt - nun sollen die Vögel populär wie Super Mario werden.

Gunnar Herrmann

Ville Heijari sitzt in der Kantine und schaut durch ein großes Fenster über die Ostsee. Er lächelt. Sein Gesicht steht dabei in einem interessanten Kontrast zu dem böse dreinblickenden, roten Vogel auf seinem T-Shirt.

Smartphone-Spiel Angry Birds: Rovio-Hauptquartier in Espoo: Günstiger Zeitpunkt fürd en Strategiewechsel.

Rovio-Hauptquartier in Espoo: Günstiger Zeitpunkt fürd en Strategiewechsel.

(Foto: AFP)

Das grimmige Küken ist die Hauptfigur in dem Handyspiel "Angry Birds", das ein Welterfolg ist und der Firma Rovio, Heijaris Arbeitgeber, im vergangenen Jahr sechs Millionen Euro Gewinn bescherte. Darum ist es im Büro zwei Stockwerke über der Kantine eng geworden. Es gibt kaum freie Schreibtische für all die Programmierer und Manager, die es braucht, um die wütenden Vögel zu vermarkten.

Es ist eine Erfolgsgeschichte aus der neuen Welt der Smartphones, die Heijari erzählt. In Finnland hört man solche Geschichten zurzeit besonders gerne. Nur einige hundert Meter entfernt liegt die Konzernzentrale des Handyherstellers Nokia, der unter Druck geraten ist. Rovio hingegen zeigt, dass sich mit dem Know-how in Sachen Mobilfunk auch dann noch Geld verdienen lässt, wenn es im mächtigen Kern der finnischen Mobilfunkindustrie kriselt.

Im Alter von acht Jahren gehört Rovio im Markt für Handyspiele schon zu den reiferen Semestern. Nach der Gründung 2003 entwickelte das Unternehmen zunächst Spiele für große Auftraggeber - unter anderem für Nokias Mobiltelefone. Doch nach fünf Jahren wollte die Firma auf eigenen Beinen stehen und seine Spiele direkt an die Kunden bringen.

Der Zeitpunkt für den Strategiewechsel war günstig gewählt. Zu jener Zeit brachte Apple sein iPhone auf den Markt. Dessen App-Store, in dem die Nutzer kleine Programme kaufen und herunterladen können, öffnete einen neuen Vertriebskanal. Auch in Googles Betriebssystem Android ist nun ein ähnlicher Laden integriert. Der Markt boomt, weltweit werden dort viele Milliarden Dollar umgesetzt. Und Heerscharen von Programmierern versuchen, mit "Apps" Umsatz zu machen.

Freunde halfen mit Downloads

Es sei nicht leicht gewesen, in diesem globalen Basar bekannt zu werden, sagt Heijari, der Pressesprecher ist, sich aber "Vogelflüsterer" nennt. Man habe zunächst Apple gebeten, die wütenden Vögel im App-Store besonders zu präsentieren. "Das haben die natürlich nicht getan - die bekommen vermutlich Hunderte solcher Anfragen."

Also machte man das Spiel zunächst über soziale Netzwerke bekannt. Ein großer Vorteil sei es gewesen, aus einem kleinen Land zu kommen. "Wir haben alle unsere Freunde gebeten, das Spiel herunterzuladen", sagt Heijari. Das reichte, um an die Spitze der nationalen Download-Hitparade zu gelangen. "Dann konnten wir sagen: Wir sind Nummer eins. In Finnland."

Vom Norden aus setzte das Federvieh zum Siegeszug durch andere Länder an. Schließlich wurde Apple doch aufmerksam: Im Februar vergangenen Jahres war "Angry Birds" Download-Tipp im britischen App-Store. Das war der Durchbruch.

Apple-Nutzer zahlen für das Spiel 99 US-Cent. Auf Android-Telefonen ist es gratis, dafür wird Werbung eingeblendet. Die Apps machen mehr als 50 Prozent von Rovios Umsatz aus, doch das Unternehmen vertreibt immer mehr passendes Zubehör: Die wütenden Vögel gibt es inzwischen als Plüschtiere, auch ein Trickfilm ist in Arbeit.

Super Mario als Vorbild

Außerdem will Rovio Spiele für andere Plattformen wie zum Beispiel Konsolen entwickeln, ebenfalls mit den "Angry Birds" in der Hauptrolle. Damit soll verhindert werden, dass die Vögel nach ihrem Höhenflug einen jähen Absturz erleben, wenn andere die Charts stürmen.

Vorbild sei Nintendos Super Mario, sagt Heijari. Den steuern die Gamer schon seit 25 Jahren über den Bildschirm - mal befreit er Prinzessinnen, mal sitzt er im Rennauto, mal treibt er Sport. Ein gutes Beispiel für langlebige Vermarktung, meint der Vogelflüsterer. Wenn die Pläne aufgehen, könnte aus Rovio ein kleiner Unterhaltungskonzern werden.

Bleibt die Frage, warum die finnischen Vögel so sauer sind? Schuld sind die grünen Schweine. Bei "Angry Birds" geht es darum, die Vögel mit einem Katapult auf die Festungen der Schweine zu schießen, damit diese einstürzen. Die Schweine haben den Vögeln nämlich ihre Eier geklaut. Darum schaut das Küken auf dem T-Shirt so grimmig.

Und darum lächelt Heijari - denn bald ist Ostern. Und da verkaufen sich Spiele mit Eiern ganz gut.

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