Smart Home:Smartphone-Ortung gegen hohe Heizkosten

Smart Home: Wie warm ist es zu Hause im Wohnzimmer? Beim tado-System kann man das auch aus der Ferne erfahren - per Smartphone.

Wie warm ist es zu Hause im Wohnzimmer? Beim tado-System kann man das auch aus der Ferne erfahren - per Smartphone.

(Foto: oh)

Eine Heizung, die sich einschaltet, wenn sich der Hausbewohner auf den Heimweg macht? Für ein Münchner Start-up kein Problem - wenn der Nutzer ständig seinen Aufenthaltsort preisgibt.

Von Helmut Martin-Jung, Berlin

Die großen Konzerne haben Großes vor: Möglichst alle Geräte, mit denen der moderne Mensch zu tun hat, vom Toaster in der Küche bis zur Waschmaschine im Keller, von der Jalousie bis zur Lichtsteuerung, wollen sie vernetzen. Unsummen geben die Samsungs und Intels und all die anderen dafür aus. Geld, von dem ein Start-up wie die Münchner Firma Tado nur träumen kann. Doch es ist nicht etwa der Mangel an Millionen, der die Münchner anders denken lässt: "Wir wollen keine Smart-Home-Plattform sein", sagt Mitgründer Leopold von Bismarck bei einem Treffen auf der Messe Ifa in Berlin, "die sind ja oft nur verwirrend für die Konsumenten."

Das Tado-Führungsteam hat vielmehr beschlossen, sich klar zu fokussieren: Heizung und Klima, damit soll sich die Firma beschäftigen - das aber richtig. Richtig, das heißt für von Bismarck: "Das System muss funktionieren wie ein digitaler Assistent", sagt er, "der Kunde braucht nichts programmieren oder bedienen."

Die Idee hinter Tado klingt einfach: An die Steuerung der Heizung wird ein Modul angeschlossen, das über Funk und Internet mit den Smartphones der Nutzer verbunden ist. Sobald der Letzte das Haus verlässt, fährt die Heizung auf Sparbetrieb herunter. Sie lässt das Haus zwar nicht auskühlen, heizt aber doch weniger, als wenn jemand zu Hause wäre. Sobald sich die Bewohner auf den Heimweg machen, fährt die Heizung wieder hoch. Idealerweise ist das Haus dann wieder wohlig warm, wenn die Hausbesitzer heimkommen.

Mit einzelnen Thermostaten kann auch bereits Energie gespart werden

Ebenso wie das System die Ortsdaten der Kunden auswertet, erhält es über das Internet auch die Wetterdaten. Scheint beispielsweise die Sonne ins Zimmer, muss die Heizung nicht so bollern. Mit der Zeit lernt Tado aus den gesammelten Daten und lässt die so gewonnen Erfahrungen in die Steuerung einfließen. Zum Beispiel wird dabei erfasst, wie schnell sich die Wände eines Haus aufheizen.

Weil viele Menschen aber in Mehrfamilienhäusern wohnen und keinen Zugriff auf die Heizung haben, hat die Firma auch Thermostate entwickelt, die im Zimmer anstelle der üblichen Geräte angebracht werden können. Und das nächste Projekt, an dem gearbeitet wird, sind Thermostate, die man anstelle der mechanischen Thermostate an normale Radiatoren schraubt. Damit lässt sich zwar nicht wie beim ursprünglichen System die gesamte Heizung sparsamer betreiben, aber immerhin in den Zimmern Energie einsparen.

Generationen von Ingenieuren haben sich mit Heizungssystemen beschäftigt

Allen Geräten von Tado ist gemeinsam, dass sie über ein Funknetz mit hoher Reichweite miteinander verbunden sind. Deshalb muss am häuslichen Internet-Router ein kleines Gerät angeschlossen werden, das dieses Funknetz aufbaut. Theoretisch ginge das zwar auch mit Wlan und ohne Zusatzgerät, aber zur Heizung im Keller reicht die Funkverbindung per Wlan oft nicht, erklärt von Bismarck.

Das ist aber nur eine der Schwierigkeiten, die die Tado-Macher zu überwinden hatten. Die aufwendigste Arbeit steckt in der Anbindung an die vielen verschiedenen Heizungssysteme auf dem Markt: "Darauf haben wir extrem viel Zeit und Geld verwendet", sagt von Bismarck. Generationen von Ingenieuren hätten diese Steuerungen entwickelt, und jede Firma habe ihre Eigenheiten.

Dass seine Firma auf diesem Gebiet Erfahrung gesammelt hat wie sonst keiner, das lässt von Bismarck selbstsicher in die Zukunft blicken. "In Europa sind wir die einzigen, die Hersteller-übergreifend Heizkessel steuern können." Auch die Konkurrenz durch Firmen wie Nest, das zu Google gehört, macht ihm keine Angst: "Im Gegenteil, jeder, der kommt, macht die Kategorie bekannter", sagt er, "man muss nur sehr trennscharf positioniert sein. Unser Assistentencharakter kommt sehr gut an."

Die Daten werden verschlüsselt über die Leitung geschickt

Bei einer Firma, die ihren Sitz in Deutschland hat, werden viele Kunden auch weniger Bedenken haben, was den Datenschutz angeht. Denn klar ist: Ohne die Ortsdaten der Kunden, ohne Speicherung von Daten der Heizung funktioniert das System nicht.

Aber anders als der Datensammel-Konzern Google ist Tado an den Daten der Kunden gar nicht interessiert. Bei den Ortsdaten etwa wird gar nicht erfasst, wo der Nutzer tatsächlich ist, sondern nur, ob er sich seinem Haus nähert. Auch die Kommunikation mit den Servern von Tado ist verschlüsselt. "Ein Unternehmen muss alles tun, um die Daten der Kunden zu schützen", sagt von Bismarck, "aber am Ende muss der Kunde entscheiden, welche Funktionen er haben will".

Zurzeit ist Tado, das etwa 80 Mitarbeiter beschäftigt, in zehn europäischen Ländern aktiv, außerdem in den USA, wo neben Heizungen auch Klimaanlagen eine wichtige Rolle spielen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: