Sekte im Internet:Hacker erklären Scientology den Krieg

Mit rüden, aber kreativen Methoden greifen Hacker Scientology an: Mit virtuellen Bomben attackieren sie Tom Cruise' Glaubensgenossen.

Mirjam Hauck

Ein Video kursiert derzeit im Internet und sorgt weiter für Aufregung. Es zeigt den Schauspieler Tom Cruise, der rund 5000 Scientologen fragt: "So what do you say? We'll clean this place up?"

In der deutschen Übersetzung "Sollen wir die Welt säubern?" erkannte der ZDF-Hitler-Historiker Guido Knopp Parallelen zur berüchtigten Sportpalast-Rede, was ihn in Bild am Sonntag zum prägnanten Vergleich brachte: "Tom Cruise tritt auf wie Goebbels." Dem gleichen Tom Cruise überreichte FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher jüngst einen eigens kreierten Bambi für "Mut".

In der englischen und amerikanischen Internetszene ist man sich derzeit in der Beurteilung von Tom Cruise' Schaffen und seinen Diensten für Scientology weniger uneins: Hacker haben der Sekte den virtuellen Krieg erklärt. Der Anlass: Die Bemühungen der Sekte, das inkriminierende Tom-Cruise-Video bei Youtube und auf anderen Internseiten entfernen zu lassen.

Die Kriegserklärung haben die Hacker in ein Video gepackt, das ebenfalls auf Youtube zu sehen ist.

Untern dem Namen Project Chanalogy warnt die Gruppe, die sich selbst Anonymous nennt, vor den Gefahren und Gehirnwäsche-Taktiken der Sekte.

Die Hacker belassen es aber nicht bei diesem Video. In den USA nahmen sie die Internet-Seite von Scientology ins Visier. Mit sogenannten Distributed Denial-of-Service-Attacken (DDoS) haben sie für kurze Zeit die Websites der Sekte lahmgelegt. Eine Flut von Seitenaufrufen sorgte dafür, dass die Surfer statt Ron Hubbards Weisheiten lediglich eine weiße Seite oder eine Fehlermeldung zu sehen bekamen.

Für Scientology-Gegner hält die Gruppe auf der eigenen Website Tipps bereit, wie man die selbsternannte Kirche angreifen kann - zum Beispiel, indem schwarze Fax-Seiten an die Zentrale geschickt werden.

Zu den Guerilla-Taktiken zählt auch die sogenannte Google-Bombe: Wer auf der englischen und der amerikanischen Google-Website die Begriffe "Dangerous cult" eingibt, bekommt als obersten Suchtreffer die offizielle Scientology-Website ausgespuckt.

Auch in den Social Communities tobt der Kampf gegen Tom Cruise und seine Sektierer. Bei Facebook gibt es derzeit bereits zwei Anti-Scientology-Gruppen mit jeweils mehr als 3500 Mitgliedern. Und der Protest soll sich vom Internet auf die Straße verlagern: Am 10. Februar wollen die Sekten-Gegner in Großbritannien, USA, Kanada, Australien und auch Deutschland auf die Straße gehen.

Scientology wappnet sich im Internet gegen seine Gegner. Um sich vor den virtuellen Angriffen zu schützen, hat die Sekte inzwischen Spezialisten beauftragt. Wer die IP-Pakete sowohl der deutschen als auch der amerikanischen Website verfolgt, landet bei Prolexic Technologies - einer Firma, die laut Eigenwerbung wirksame Hilfe gegen DDoS-Attacken verspricht.

Zu den Vorgängen selbst will sich Scientology nicht äußern. "Wir geben dazu keine Kommentare ab", erklärte eine Sprecherin zu sueddeutsche.de und verweist auf eine Pressemitteilung zum alles auslösenden Tom-Cruise-Video. Die im Internet aufgetauchten Versionen seien zusammengeschnittene Raubkopien. Das vollständige, drei Stunden lange Video "kann in jeder Scientology-Kirche angesehen werden".

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