SchülerVZ-Datendiebstahl:Erpressung oder Schweigegeld?

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Nach dem Selbstmord des SchülerVZ-Hackers gibt es Indizien dafür, dass die Betreiber der Plattform dem 20-Jährigen Schweigegeld anboten.

Neue Indizien lassen den Fall des SchülerVZ-Hackers, der sich Ende Oktober in der Untersuchungshaft das Leben nahm, in anderem Licht erscheinen. Wie der Spiegel berichtet, hat ein Vertreter von SchülerVZ dem 20-Jährigen offenbar Geld für die erbeuteten Daten geboten.

SchülerVZ-Startseite: Neue Fragen zum Datendiebstahl (Foto: Foto: dpa)

Das Nachrichtenmagazin zitiert dabei aus einem Chatprotokoll zwischen dem Hacker Matthias L. und dem Technik-Chef der VZ-Gruppe, das den Autoren offenbar vorliegt. Die Unterhaltung fand einen Tag nach den ersten Meldungen zum Datenleck statt.

Der VZ-Vertreter habe L. gedroht, ihn aber auch gelockt - unter anderem mit Geld. Die Löschung der Daten darf "uns auch was kosten", schreibt der VZ-Vertreter nach Angaben des Magazins im Chat, in einem anderen Abschnitt heißt es "du - und andere können bei uns rumhacken, wie sie wollen. Ich bezahl euch sogar gerne dafür!" Der Hacker habe angegeben, bei dem Datendiebstahl habe es sich um ein Spaßprojekt gehandelt.

Nachdem sich L. zur Kooperation bereit erklärt hatte, machte sich der vorbestrafte Hacker einen Tag später auf Kosten der VZ-Netzwerke auf den Weg nach Berlin.

Unterschiedliche Erinnerungen

Über den Verlauf der Gespräche dort gibt es unterschiedliche Angaben. L. erklärte in der Vernehmung durch die Polizei, von SchülerVZ-Vertretern gefragt worden zu sein, ob es ihm um Geld oder Ruhm gehe. Daraufhin habe er spontan die Summe von 80.000 Euro genannt und sich zur Löschung bereit erklärt, wenn er am darauffolgenden Montag 20.000 Euro erhalten würde.

Der Technikchef hingegen erklärte, der Hacker habe behauptet, ein Angebot von 80.000 Euro für die Daten zu besitzen und 20.000 Euro für eine weitere Kooperation verlangt. Daraufhin habe man die Polizei gerufen.

In der Untersuchungshaft erhängte sich der 20-Jährige, der aus Erlangen stammte. Laut Spiegel war bei den Behörden eine "kombinierte Persönlichkeitsstörung" des Verdächtigen aktenkundig, dennoch wurde der Mann in einer Einzelzelle untergebracht.

Markus Berger de León, Chef der VZ-Netzwerke, nahm auf dem VZ-Blog zu den Berichten Stellung. Dort heißt es: "Zu keinem Zeitpunkt haben wir dem Tatverdächtigen ein Zahlungsangebot oder gar Schweigegeldangebot für die entsprechenden Daten oder den Crawler unterbreitet. Fest steht auch, dass der Tatverdächtige nicht bereit war uns den Crawler oder die Daten auszuhändigen. Er drohte vielmehr, die Daten weiter zu verbreiten, sofern wir nicht auf seine Forderungen eingehen."

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