Auktion von Funkfrequenzen:Nur für die Großen

Smartphones

Ohne schnelle Netze sind Handys nutzlos. Über die Frage, wer die Mobilfunknetze in Deutschland aufrüsten darf, tobt ein heftiger Streit.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
  • Bei der Auktion der Funkfrequenzen sind nur große Telekommunikations-Anbieter zugelassen.
  • Für kleine Anbieter sind Lizenzen über Funkfrequenzen enorm wichtig.
  • Die Grünen kritisieren die strenge Auswahl bei der Versteigerung.
  • Die Mobilfunk-Preise sinken stetig. Die etablierten Firmen argumentieren, dass daher der Breitbandausbau nicht zu finanzieren sei.
  • Kritiker werfen Digitalminister Dobrindt vor, bei der Auktion vor allem Geld einnehmen zu wollen.

Von Varinia Bernau, Berlin

Um das schnelle Internet nach Bensberg zu bringen, hätte der Bürgermeister 250 000 Euro aus der Stadtkasse zuschießen müssen. So stand es im Schreiben von der Telekom. Der Bürgermeister suchte nach einer Alternative. Er fand sie bei Airdata. Die Stuttgarter Firma baut bereits kleinere Netze zur schnellen Datenübertragung in Hotels und Messehallen und wollte mit dieser Technik auch das Städtchen bei Köln ans schnelle Netz anschließen. Zum Beginn der Bauarbeiten machten sie Fotos für die Presse, um zu zeigen, dass es auch ohne die Deutsche Telekom geht. Zwei Wochen später lag in jedem Briefkasten Werbung: Bald würde es von der Telekom auch DSL in Bensberg geben, man könne sich sofort anmelden.

Die Geschichte ist zehn Jahre alt. Christian Irmler, Gründer und Chef von Airdata, erzählt sie trotzdem noch gern. Sie zeigt so schön, dass die Telekom, der einstige Staatskonzern, über ein viel größeres Netz verfügt, über viel mehr Geld und viel bessere Drähte zur Politik. Aber auch, wie wichtig er ist. Der kleine Anbieter, der die Großen in Bewegung bringt.

"Wir wollen uns dem Wettbewerb stellen, aber es muss faire Regeln geben", sagt Irmler. Er hat Grund daran zu zweifeln, dass es in diesem Geschäft fair zugeht.

Rechtsstreit mit der Bundesnetzagentur

Airdata hat sich bei der Bundesnetzagentur beworben, um bei der am Mittwoch beginnenden Auktion wichtige Funkfrequenzen zu ersteigern - und wurde abgelehnt. Wieder einmal. Wie bereits bei der Auktion vor fünf Jahren. Schon damals vermutete Airdata, dass die Behörde den großen Anbietern lästige Konkurrenz vom Hals halten wollte - und zog vor Gericht. Seitdem führt die Firma mit der Bundesnetzagentur einen Rechtsstreit und hat es gerade einmal geschafft, den Fall in die nächste Instanz, vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, zu bringen.

Im Kern geht es um die Frage, wie ein Bieter nachweist, dass er über die nötigen Finanzen verfügt, um die Frequenzen, die er ersteigert hat, auch zu nutzen - statt den gesamten Netzausbau zu blockieren. Die Bundesnetzagentur betont, man habe "alle Bewerber auf Herz und Nieren geprüft." Zum laufenden Verfahren könne man sich nicht äußern. Christian Irmler hingegen schimpft, "noch nicht einmal auf Nachfrage erfahren zu haben, was wir an konkreten Nachweisen noch bringen sollen." Er habe den Eindruck, dass die Behörde ihre Anforderungen bewusst unpräzise halte, um sich so etwas mehr Interpretationsspielraum zu schaffen.

Nur Gehilfin von Digital-Minister Dobrindt?

Nur wer über Lizenzen für Funkfrequenzen verfügt, kann im Mobilfunkgeschäft mitmischen, kann die Etablierten mit neuer Technik und mit niedrigen Preisen herausfordern. Verwaltet werden die Frequenzen, auf denen Rundfunkanstalten ihre Programme abspielen, sich Polizei und Militär verständigen, aber eben auch Mobilfunker den Datenverkehr abwickeln, von der Bundesnetzagentur. Damit keiner den anderen stört. So kommt der Bonner Behörde eine mächtige Rolle zu. Sie entscheidet, wer auf diesem Markt mitmachen darf und wer draußen bleibt. Manche aber sagen, dass die Behörde derzeit nur ein Gehilfe von Alexander Dobrindt (CSU) sei, dem zuständigen Minister für den Netzausbau.

Wendigkeit nützt nichts, wenn der Marktzugang fehlt

Es ist nicht einfach, eine eindeutige Antwort auf die Frage zu finden, wie nützlich Wettbewerb im Mobilfunk für die Verbraucher ist. Die Preise für Gespräche, aber auch für einen Internetanschluss in Deutschland sind stetig gesunken. Die etablierten Anbieter argumentieren, dass die Preise inzwischen so niedrig sind, dass der notwendige Ausbau der Netze kaum noch zu finanzieren sei - zumal sie sich auch dem Wettbewerb mit den Internetkonzernen und deren Kommunikationsdiensten stellen müssen. Die machen ihr Geld mit Werbung im Netz und verfügen deshalb über deutlich praller gefüllte Kassen.

Bei den europäischen Wettbewerbshütern hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass der Kontinent große Telekommunikationskonzerne braucht, die den Internetkonzernen die Stirn bieten können. Doch je größer ein Unternehmen wird, desto träger wird es zumeist auch. Desto mehr muss es das laufende Geschäft schützen, desto weniger Mut zeigt es für technische Neuerungen und riskantere Investitionen.

Christian Irmler sagt, dass seine Firma nicht den Ballast vergangener Jahre mitschleppe. Die kleineren Funkstationen in seinen Netzen seien effizienter, die neue Technik ermögliche eine schnellere Datenübertragung, seine Mannschaft sei kleiner. All dies senke die Kosten - und ermögliche es, Kunden mit "frecheren Angeboten" zu locken.

Aber um diese Angebote deutschlandweit machen zu können, braucht das Unternehmen Funkfrequenzen. Alles steht oder fällt mit der Zulassung zur Auktion.

Grüne: "Das festigt das Oligopol"

Mit der Kritik an der auffällig strengen Auswahl der Bieter ist Airdata nicht mehr allein. Dass zu der Versteigerung der Frequenzen nur die drei großen Mobilfunkunternehmen, Deutsche Telekom, Telefónica Deutschland sowie Vodafone zugelassen wurden, ärgert auch die Grünen. "Das festigt das Oligopol - zulasten des Mittelstands und auch zulasten neuerer Technologien für den Netzausbau", sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der Bundestagsfraktion. Die Oppositionspartei stellt einige Vertreter in einem Beirat, der die von der Regierung vorbereitete Auktion beaufsichtigt - zu wenige allerdings, um allzu viel auszurichten. Mit ihrem Vorschlag, einen Teil des Funkspektrums für Neueinsteiger zu reservieren, wie dies in anderen Ländern üblich ist, konnten sie sich dort nicht durchsetzen.

Man könne schon den Eindruck gewinnen, dass es Digitalminister Dobrindt vor allem darum gehe, möglichst viel Geld bei der Auktion einzunehmen - weil er anderswo kaum noch Geld zur Förderung des Breitbandausbaus zusammenbekomme. Zwar will das Ministerium bis 2018 den Ausbau von Glasfasernetzen mit 1,1 Milliarden Euro fördern. Allerdings steht im Haushalt der Vermerk, dass dieser Betrag auch noch auf andere Vorhaben verschoben werden kann.

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