Schnelle Betriebssysteme:Googles Visionär für Chrome OS

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Sundar Pichai von Google will Computer so einfach wie Fernseher machen. Der Entwickler weiß um die Bedeutung des Projekts.

Thorsten Riedl

Zu Weihnachten hat Sundar Pichai seine Familie in Indien besucht, so wie in jedem Jahr. Genauso Brauch ist es, dass der 37-Jährige sich dann erst einmal ein, zwei Stunden vor den Computer der Verwandten setzt und das System auf Vordermann bringt.

Sundar Pichai, Chefentwickler des Google-Betriebssystems (Foto: Foto: oH)

So ist das heutzutage bei Rechnern - und das will der Produktmanager beim Suchmaschinenbetreiber Google nicht länger hinnehmen. "Computer sollten so einfach sein wie Fernseher", sagt er. Pichai will das Konzept des Computers daher überdenken: Alle Programme sollen nur noch über das Internet laufen.

Unter dem Namen Chrome hat Google im vergangenen Jahr den ersten eigenen Browser gestartet. Das Navigationsprogramm soll Marktführer Microsoft mit seinem Internet Explorer Konkurrenz machen. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass der Suchmaschinenbetreiber unter dem Namen Chrome OS auch an einem Betriebssystem arbeitet - bislang ebenso eine Domäne des Rivalen aus Redmond.

"Ich könnte jeden Tag über Trends reden"

Das Besondere an dem neuen System: Auf dem Computer selbst ist keine Software mehr installiert. Alle Programme laufen in Rechenzentren von Google und werden über den Internet-Browser gesteuert, die Textverarbeitung ebenso wie ein Spiel oder das Hören von Musik. Pichai ist in dem 20000-Mitarbeiter-Konzern Google einer von rund vier Dutzend Managern in Schlüsselfunktionen, unterhalb des Topmanagements angesiedelt.

Mit sechs anderen Managern verantwortet er die aktuelle Google-Produktlinie: Da er aber für den Browser Chrome und das Betriebssystem Chrome OS zuständig ist, zwei der zur Zeit wichtigsten Projekte bei dem Suchmaschinenbetreiber, kommt ihm eine besondere Position zu.

Pichai ist das nicht anzumerken. Mit leichter Erkältung sitzt er im Büro von Google in München und wird nicht müde, über die Vorzüge der Google-Software zu schwärmen. "Ich könnte den ganzen Tag über Trends reden."

Der schlanke Inder mit dunkler Hornbrille hat in seinem Heimatland am Indian Institute of Technology studiert, später einen wissenschaftlichen Abschluss an der Stanford University draufgesetzt und einen wirtschaftlichen an der Wharton School. Anschließend arbeitete er bei der Unternehmensberatung McKinsey und dem Halbleiterhersteller Applied Materials.

"Wie ein TV-Apparat"

Seit fünf Jahren ist er bei Google angestellt. Nun zeigt er mit Begeisterung, dass der Testcomputer, den er im Gepäck hat, in wenigen Sekunden anstatt mehreren Minuten startklar ist - wie ein Fernseher eben. Dann zitiert er eine Statistik: Der Amerikaner schaut im Schnitt täglich drei Stunden in die Glotze, aber nur sechs Minuten ins Internet. "Wenn dein Computer so einfach wie ein TV-Apparat funktioniert, benutzt du ihn häufiger."

Wird der PC häufiger gebraucht, surfen die Nutzer öfter im Netz - und klicken mehr auf Annoncen von Google. Das ist der Grund, so erklärt Pachai, wieso Google ein eigenes Betriebssystem entwickelt. Hunderte Millionen verkaufter Geräte mit Chrome OS seien möglich, sagt er. Die ersten werden 2010 verkauft.

Dabei will der Konzern stets mit PC-Herstellern zusammenarbeiten. Und wie steht es um die Datensicherheit, wenn alle Daten im Netz gespeichert sind - bei Google? "Es gibt nichts Wichtigeres für uns als Datenschutz", erklärt Pichai. Davon könne sich jeder überzeugen, denn der Programmcode von Chrome OS sei nicht geheim. "Die ganze Welt schaut uns zu."

© SZ vom 12.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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