Samsung Galaxy Note 7:Was ein verkohltes Smartphone für Samsung bedeutet

The burned Samsung Note 7 smartphone belonging to Brian Green is pictured in this handout photo

Dieses Samsung Galaxy Note 7 fing auf einem Flug von Southwest Airlines Feuer.

(Foto: Reuters)

Nach der gigantischen Rückrufaktion schien der Tiefpunkt erreicht. Doch jetzt brennt ein weiteres Galaxy Note 7 - eines, das bereits ausgetauscht wurde und als sicher galt.

Von Helmut Martin-Jung

Vielleicht ist es auch nur Zufall. Unter Hunderttausenden von Akkus kann schließlich immer einer sein, der fehlerhaft ist und in Flammen aufgeht. Einen ungünstigeren Moment aber hätten auch Samsungs härteste Konkurrenten nicht wählen können, für das, was sich am Mittwoch in Kentucky vor einem US-Inlandsflug in einer Maschine der Southwest Airlines zutrug.

Das nagelneue Smartphone Galaxy Note 7 war ausgeschaltet, doch plötzlich fing es in der Jackentasche seines Besitzers an zu qualmen. Der warf es auf den Boden der Maschine, wo es sich durch den Teppich brannte und auch noch den Unterboden beschädigte. Die Maschine musste geräumt werden. Verletzt wurde niemand.

Das Schlimme für Samsung ist: Bei dem Gerät könnte es sich um eines handeln, das der Konzern eigentlich bereits verbessert und als sicher bezeichnet hat. Denn Samsung hat mit seinem jüngsten High-End-Smartphone ja ein Riesenproblem: Ein Teil der in dem Gerät fest verbauten Akkus stellte sich als fehlerhaft heraus, zahlreiche Handys sind bereits in Flammen aufgegangen. Der Konzern aus Südkorea musste ein in der Branche bisher beispielloses Rückruf-Programm starten und den geplanten Verkaufsbeginn in anderen Ländern verschieben. Viele Fluggesellschaften weisen bei den Sicherheitsinformationen an Bord explizit darauf hin, das Galaxy Note 7 auszuschalten, manche haben verboten, es überhaupt mitzuführen.

Samsungs verheerende Bilanz: 26 Verbrennungen, 55 Sachbeschädigungen

Die Geräte mit von Samsung als sicher bezeichneten Akkus tragen auf der Verpackung einen Aufkleber mit einem schwarzen Quadrat. Die US-Technik-Website The Verge veröffentlichte nun ein Foto, auf dem der Aufkleber auf der Verpackung des in Louisville ausgebrannten Gerätes zu sehen ist. Demnach handelt es sich dabei um eines, das nicht von der defekten Akku-Charge betroffen ist. Dasselbe Ergebnis brachte auch eine Abfrage mit der eindeutigen Identifikationsnummer des Smartphones. Laut The Verge liefert die dafür eingerichtete Webseite von Samsung als Antwort, das Handy müsse nicht umgetauscht werden.

Der Vorfall, das macht es so ungünstig für Samsung, ereignet sich zu einem Zeitpunkt, als man annehmen konnte, der Konzern habe das Problem durch die schnelle Rückrufaktion in den Griff bekommen. Etwa 2,5 Millionen Geräte mussten den bisher vorliegenden Informationen zufolge ausgetauscht werden. 60 Prozent der Betroffenen sollen bereits ein neues Gerät erhalten haben.

In den USA, wo das Handy mit dem fehlerhaften Akku zuerst in den Verkauf kam, wurden bis dato 92 Fälle bekannt, in denen sich die Batterien überhitzten. Dabei kam es 26 Mal zu Verbrennungen und 55 Mal zu Sachbeschädigungen, etwa in Autos. Während eines Fluges könnte ein sich entflammendes Handy jedoch weitaus verheerendere Folgen haben.

Der Deutschlandstart muss wohl erneut verschoben werden

Die Akkuprobleme bedeuten einen schweren Imageschaden für Samsung, den größten Smartphone-Hersteller der Welt. Experten rechnen damit, dass die Rückrufaktion Samsung langfristig etwa drei Milliarden Dollar (2,7 Milliarden Euro) kosten wird. Sollte sich herausstellen, dass auch die Note-7-Geräte mit Akkus eines anderen Zulieferers dazu neigen, in Brand zu geraten, wären die Auswirkungen noch weitaus schlimmer. Dann nämlich müsste der Konzern das Gerät wohl vom Markt nehmen. Ob an dem Problem die Akkumodule Schuld tragen oder vielleicht auch die Konstruktion des Handys - den Kunden dürfte das ziemlich egal sein.

Mit dem Galaxy Note 7, das erst im August vorgestellt worden war und damit bewusst vor dem iPhone 7, wollte Samsung eigentlich die Latte für Apple hoch legen. Die Tests des Geräts fielen auch durchweg sehr positiv aus. Als erstes Samsung-Handy enthält es zum Beispiel einen Iris-Scanner, mit dem sich das Gerät entsperren lässt. Doch derlei Spielereien zählen nun nicht mehr, wenn die Besitzer des Smartphones stets gewärtig sein müssen, dass sich das Gerät entzündet.

Das Note 7 versaut Samsung das Weihnachtsgeschäft

Samsung äußerte sich in einem ersten Statement zurückhaltend zu dem möglichen neuen Problem in den USA. Man werde mit den Behörden zusammenarbeiten, müsse aber erst einmal sichergehen, ob es sich tatsächlich um ein Handy mit dem als sicher eingestuften Akku handle. Das ist nachzuvollziehen - es könnte schließlich auch sein, dass ein Gerät mit anfälligem Akku in eine Verpackung für sichere Handys geraten ist.

In Europa soll der bereits einmal verschobene Verkauf des Galaxy Note 7 am 28. Oktober beginnen. Ob es dazu kommt, muss zumindest zunächst als offen gelten. Dass Samsungs Weihnachtsgeschäft unter den Problemen leidet, ist aber sehr wahrscheinlich. "Wir rechnen mit einem spürbaren Rückschlag für das Geschäft im dritten Vierteljahr - und möglicherweise auch noch im Weihnachtsquartal", sagte eine Analystin vom IT-Marktforscher Gartner.

Möglicherweise ist der Akku nicht das einzige Problem

Und Mark Johnson, Professor an der Warwick Business School im britischen Coventry, sagt sogar, Samsung müsse nun womöglich den Preis dafür zahlen, dass es das Galaxy Note 7 unbedingt vor dem iPhone 7 auf den Markt bringen wollte. An dem Handy, sagt Johnson, könne noch mehr problematisch sein als bloß fehlerhafte Akkus eines Zulieferers.

Wie die Sache auch ausgeht, ob der neuerliche Vorfall ein Ausreißer war, oder ob es sich um ein falsch deklariertes Gerät oder um einen Konstruktionsfehler handelt, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Für den Besitzer des verbrannten Note 7 ging die Sache relativ glimpflich aus. Ein neues Handy hat er The Verge zufolge auch schon wieder. Es ist ein iPhone 7.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: