Nachrichtenquellen:Facebook ist wie eine Kantine, RSS wie selbst kochen

Das Versprechen sozialer Netzwerke lautet: Wir zeigen dir, was dich wirklich interessiert. Wir nehmen dir alle Entscheidungen ab und sortieren die Inhalte für dich. Welche Kriterien unsere Algorithmen dafür nutzen, muss dich nicht kümmern. Vertrau uns einfach.

Für die breite Masse scheint das zu passen. Mehr als 2,2 Milliarden Menschen nutzen Facebook, der personalisierte Newsfeed hat maßgeblich zum Erfolg des Netzwerks beigetragen. Auch Twitter ist längst von der ursprünglich chronologisch sortierten Timeline abgerückt. Jetzt entscheiden Algorithmen, was für die einzelnen Nutzer angeblich relevant ist, und welche Tweets zuerst angezeigt werden.

Facebook ist wie eine Kantine: Indem Sie bestimmten Seiten folgen und Ihre Freunde selbst auswählen, können Sie zumindest die Grundzutaten Ihres Medienmenüs selbst bestimmen. Sie haben die Wahl zwischen Fleisch, Vegetarisch und Salat. Manchmal schmeckt es, manchmal ist es versalzen. Wer RSS-Reader nutzt, kocht selbst: Er weiß genau, was in den Topf kommt, und kann jeden Tag neu entscheiden, worauf er Lust hat.

In sozialen Medien dominieren Wut und Empörung

Das macht mehr Mühe, und viele Menschen gehen lieber essen. Doch Facebook ist kein Sternekoch. Immer wieder übertreibt es das Netzwerk mit dem Chili: Bei politischen Themen dominieren Wut und Empörung - die Algorithmen reagieren auf Interaktion, und Menschen liken und teilen vor allem Inhalte, die sie emotional berühren. Das Ergebnis serviert täglich der Dienst 10000 Flies, der die Artikel mit den meisten Facebook-Interaktionen sammelt. Es ist ein dystopisches Paralleluniversum in dem es vor angeblich kriminellen Ausländern wimmelt, regelmäßig werden Falschmeldungen zehntausendfach geteilt.

Das hat auch Facebook gemerkt und zeigt seit Anfang des Jahres weniger Links zu Online-Medien im Newsfeed an. Urlaubsfotos von Freunden statt Nachrichten von Journalisten, Hochzeiten und Katzen statt Flüchtlinge und Klimawandel.

Das muss nicht schlecht sein. Als soziales Netzwerk, das Menschen verbindet, ist Facebook groß geworden. Als globale Plattform, auf der Menschen sich über das Weltgeschehen informieren, ist es in die Krise geraten. Zum Glück gibt es gute Alternativen. RSS ist die beste, die ich kenne.

Korrektur: Eine frühere Version des Artikels bezeichnete RSS fälschlicherweise als Web-Protokoll. Tatsächlich handelt es sich um ein Dateiformat.

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