Ranga Yogeshwar auf der Republica:Die "Sendung mit der Maus" ist unterhaltsamer

Start der Internetkonferenz re:publica 2018

Ranga Yogeshwar, luxemburgischer Wissenschaftsjournalist, Physiker und Moderator, spricht auf der Internetkonferenz Republica.

(Foto: dpa)

Der populäre Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar gibt auf der Republica den digitalen Welterklärer. Der Erkenntnisgewinn: mager.

Von Mirjam Hauck, Berlin

Deutschlands liebster Welterklärer - nach Christoph Biemann von der Sendung mit der Maus (das ist der mit dem grünen Pullover) - so kündigte die Republica-Moderatorin den Wissenschaftsjournalisten und Bestseller-Autoren Ranga Yogeshwar an. Doch sein Vortrag war nicht annähernd so informativ und unterhaltsam wie die sonntägliche "Sendung mit der Maus".

"Mensch und Maschine - wer programmiert wen?" betitelte Yogeshwar seinen mit bunten Folien unterstützen Beitrag für die Digitalkonferenz - und der schnell überblätterte Slide mit einem Hinweis auf sein neues Buch ließ erahnen, dass die Republica-Besucher eine Mehrfachverwertung zu hören und zu sehen bekamen. Das muss nicht schlecht sein, auch manche Sendung-mit der Maus-Filme sind mittlerweile Klassiker (die Müllmänner, die Zahnpastastreifen) .

Doch seine Tour-de-Force durch den digitalen Fortschritt (Entwicklung von Rechenpower und Speicherkapazität bei Computern in den vergangenen Jahren, autonomes Fahren) garniert mit persönlichen Anekdötchen (was Mitarbeiter von Kölner Taxizentralen sagen, was seine Frau über sein Aussehen auf alten Fotos denkt) bringen ungefähr so viel Erkenntnisgewinn wie das Augenklimpern der Maus in den Pausenfüllercartoons.

Seitenhieb auf die deutsche Autoindustrie

Ja, es passieren Unfälle mit autonom fahrenden Autos. Deshalb will er nicht mehr mit ihnen fahren und empfiehlt es auch niemandem. Yogeshwar verschweigt auch nicht, dass von Menschen gesteuerte Autos jedes Jahr für 1,2 Millionen Verkehrstote verantwortlich sind. Seine Lösung sind aber nicht moderne Verkehrskonzepte mit Carsharing und Leihrädern, sondern es gibt lediglich einen Seitenhieb auf die deutsche Autoindustrie, die noch nicht verstanden habe, dass "die Welt keine Autos mehr braucht". Der Applaus des Auditoriums ist ihm sicher.

Dann darf das Publikum auch noch einen Turing-Test machen, also per Handzeichen aufzeigen, ob die vom Band vorgespielten Klavierstücke von einem Mensch oder einer Maschine eingespielt wurden. Eines war von der Maschine, eines von seinen Töchtern. Der Erkenntnisgewinn: mager. Nicht fehlen darf hier in Berlin natürlich auch der Hinweis, dass die Stasi sich vor 30 Jahren gefreut hätte, wenn sich Menschen mit Alexa und Co freiwillig Mikrofone und Kameras in die Wohnung holen.

Yogeshwar will in seinem Vortrag eigentlich die Frage beantworten, was der technische Fortschritt für die Gesellschaft bedeutet, wer die Gewinner und wer die Verlierer sind. Denn viele digitale Innovationen werden, wie er richtig anmerkt, von einer reichen kleinen weißen Minderheit für eine reiche kleine weiße Minderheit gemacht. Bedenkenswert auch sein Befund, dass Demokratien in Teilen der Welt derzeit wackeln und was getan werden kann, um sie wieder zu stabilisieren. Aber was ist Ursache, was ist Wirkung, wer sind die Akteure? Ein kurzer Hinweis auf die jetzt insolvente Firma Cambridge Analytica, den Facebook-Skandal und die Untätigkeit der Politik reißt das Thema nur an, diskutiert es aber nicht zu Ende.

Schade. Vielleicht sollte sich Yogeshwar noch einmal Nachhilfe beim beliebtesten Welterklärer der Deutschen holen.

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