Rabattschlacht:Web-Giganten rüsten sich zum Gutschein-Wettstreit

Nach Groupon wollen auch Google und Facebook mit Rabatten für Restaurants und Geschäfte punkten. Doch halten die Wachstumserwartungen der Realität stand?

Johannes Kuhn

Das Silicon Valley befindet sich im Schnäppchen-Rausch: Ortsgebundene Gutschein-Angebote, die Nutzer per E-Mail oder direkt auf das Smartphone erhalten, sind der Trend der Stunde - allerdings nicht bei den Beschäftigten der kalifornischen IT-Branche, sondern bei Investoren und Technologie-Giganten.

Google Considering Purchase Of Groupon According To Reports

Groupon-Hauptquartier in Chicago: Jetzt kommt die Konkurrenz aus Kalifornien.

(Foto: AFP)

Am Montag startete Facebook seinen Gutschein-Dienst "Deals" auch in Europa. Über die in Deutschland als "Angebote" bezeichnete Funktion erhalten Mitglieder des Netzwerks Rabatte und Gutscheine, wenn sie sich mit ihrem Smartphone über die Ortungsfunktion "Places" beim Besuch von Restaurants oder Geschäften in ihrer Umgebung virtuell anmelden. In den USA ist die Funktion seit November verfügbar.

Bereits seit einigen Tagen sind auch erste Angebote des Konkurrenten Google im Web auffindbar: Mit "Google Offers" können Internetnutzer unter dem Kartendienst Google Maps ebenfalls lokale Schnäppchen finden - eine Funktion, die vor allem auf die Nutzer von Googles Handybetriebssystem Android zielt, da diese viele Dienste des Unternehmens in ihre Software integrieren.

Beide Unternehmen möchten mit ihren Diensten den bisherigen Marktführer einholen. Groupon, ein Startup aus Chicago, ist derzeit in aller Munde. Dem Unternehmen gelang es als erstes, über eine tägliche E-Mail Gutscheine für lokale Firmen und Internetnutzer interessant zu machen.

Das nach Angaben des US-Wirtschaftsmagazins Forbes "am schnellsten wachsende Unternehmen aller Zeiten" galt für Google und Facebook lange als heißer Übernahmekandidat; Ende 2010 schlug Unternehmensgründer Andrew Mason jedoch ein Google-Angebot in Höhe von sechs Milliarden Dollar aus, um mit einem geschätzten Wert von 15 Milliarden US-Dollar Groupon 2012 selbst an die Börse zu bringen.

Das Jesus-Startup

Ob eine solche Bewertung gerechtfertigt ist, sehen Analysten derzeit unterschiedlich. Auf der einen Seite kann Groupon beeindruckende Zahlen vorweisen: Das Unternehmen ist in 35 Ländern aktiv, die E-Mail-Nachrichten erhalten 50 Millionen Internetnutzer. Im Jahre 2010 bot Groupon 100.000 Rabatte von 58.000 Händlern an.

Doch es gibt auch Gründe für einen skeptischeren Blick - sowohl auf Groupon, als auch auf das Gutschein-Modell insgesamt. Der IT-Blogger Dave Troy listet einige Argumente auf, die gegen das von ihm als "Jesus-Startup" titulierte Unternehmen sprechen. Er argumentiert, dass die Expansionsstrategie im Jahre 2010 anfänglich zu hohen Umsatzsteigerungen führt, Firmen wie Internetnutzer jedoch nach einiger Zeit das Interesse an solchen Diensten verlieren.

Eine Untersuchung von Marketing-Professor Utpal Dholakia der privaten Rice-Universität in Texas (hier als pdf) untermauert die Skepsis: Demnach führt ein Drittel der Angebote für die teilnehmenden Firmen zu Verlusten. Diese wären nur gerechtfertigt, wenn die so gewonnenen Kunden später wiederkehren würden - das ist einer Umfrage unter 360 ausgewählten Unternehmen allerdings offenbar kaum der Fall.

Wenn sich die so entstehenden Kundenbindungen als wenig stabil erweisen sollten, dürften Firmen mittelfristig das Interesse an regelmäßigen Gutscheinaktionen verlieren, da sie damit nur Geld verlieren. Das wäre wiederum die Chance der Konkurrenten: Facebook kann solche Angebote mit den zahlreichen Informationen verknüpfen, die es über seine Nutzer besitzt - und somit wirklich loyale Kunden einer Marke theoretisch einfacher identifizieren.

Nette Dividende, aber stinklangweilig

Google besitzt solche Informationen nicht, kann aber durch die starke Verbreitung seines Kartendienstes Maps zumindest darauf hoffen, von dem Wachstum lokaler Suchanfragen auch beim Anzeigen- und Gutscheinverkauf zu profitieren.

Da neben Groupon, Facebook und Google noch zahlreiche kleinere Firmen versuchen, vom Schnäppchen-Rausch zu profitieren, dürfte ein harter Preiskampf anstehen - an dessen Ende eventuell für keines der Unternehmen die Gewinne herausspringen, von denen die Branche derzeit träumt.

"Ich glaube, das wird ein nettes, langfristiges Geschäft, das eine nette Dividende abwirft, aber stinklangweilig sein wird", glaubt deshalb IT-Blogger Troy. Die Vision einer auf Jahre hinaus steilen Wachstumskurve für das Gutschein-Geschäft hält er für eine Illusion.

Es wäre nicht die erste im Silicon Valley.

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