Prozess um Internet-Piraterie:Nicht die Waffen töten

Wer begeht eine Straftat: die Betreiber von Pirate Bay oder die Nutzer, die über die Site illegale Dateien finden? Die Staatsanwaltschaft ist zu einem ersten Ergebnis gelangt.

A. Kreye

Es gibt ein erstes Ergebnis im Prozess gegen die Betreiber der schwedischen Webseite "Pirate Bay", die Raubkopierern hilft, illegale Film-, Musik- und Softwaredateien im Netz aufzuspüren. Schon am zweiten Verhandlungstag nahm die schwedische Staatsanwaltschaft einen Teil der Anklagepunkte zurück. Weder das Raubkopieren, noch die technische Beihilfe könne man der Webseite anlasten.

Prozess um Internet-Piraterie: Wer begeht die Straftat -Pirate Bay oder die Abermillionen Nutzer?

Wer begeht die Straftat -Pirate Bay oder die Abermillionen Nutzer?

(Foto: Foto: dpa)

Damit folgt die Staatsanwaltschaft den Argumenten der Verteidigung. Die hat sich in ihrer Strategie ganz auf die Linie verlegt, die sonst von der amerikanischen Waffenlobby NRA verfolgt wird. Die sagt, es seien nicht Waffen, die Menschen töten, es seien Menschen, die Menschen töten. So begehe auch "Pirate Bay" keine Straftat, sondern ihre Abermillionen Nutzer.

"Pirate Bay" liefere diesen nur winzige Datenpakete, mit denen sie illegalen Dateien finden können. Nachdem der Austausch dieser Dateien zudem nicht über die Webseite, sondern über die Software Bittorrent geschieht, sei das nicht einmal die technische Beihilfe zu einer Straftat.

Die pure Lust am Möglichen

Nun könnte man den klassischen Räuberfilm "Thomas Crown ist nicht zu fassen" ins Feld führen. Auch der gelangweilte Millionär Thomas Crown hat in beiden Fassungen des Films nur die Pläne für den Raubzug geliefert. Ein Team von Einbrechern und Räubern führt ihn aus.

Auch die Betreiber von "Pirate Bay" kommen mit den illegalen Dateien nicht in Berührung. Sie verdienen nicht einmal daran. Auch das deckt sich mit der Handlung des Films, denn Thomas Crown braucht kein Geld, er organisiert die Raubzüge ausschließlich aus Lust daran, das perfekte Verbrechen zu planen. So gesehen lieferte Thomas Crown die Blaupause für die Hackermentalität im Netz.

Weil die pure Lust am Möglichen im Netz allerdings weit größeren Schaden anrichtet, als ein einfacher Bank- oder Museumsraub, stößt der Prozess gegen "Pirate Bay" auf ganz andere Probleme. Gerichtsbarkeiten und Staatsanwälte haben immer noch zu wenig Ahnung davon, wie das Internet funktioniert.

Und selbst wenn sie Ahnung haben, hat die Gesetzgebung für die neuen Realitäten im Netz noch keine Regelungen gefunden. Mehreren Millionen Kleindiebe wird man per Gesetz sowieso nicht Herr. So muss das Utopia der Anarchisten ausgesehen haben.

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