Süddeutsche Zeitung

Proteste in Ägypten:Regierungsbefehl: Netzsperre

Ägypten hat den Zugang zum Internet gekappt. Große Telekommunikationsfirmen wie Vodafone Egypt haben sich augenscheinlich zum Handlanger der Regierung gemacht.

Mirjam Hauck

Twitter und Facebook sind blockiert, fast alle Internetverbindungen offline. Auch verschiedene Mobilfunk-Netze funktionieren nicht. Ägyptens Machthaber haben offensichtlich alle inländischen Internet Service Provider angewiesen vom Netz zu gehen. Die Regierung hatte angekündigt, am Freitag würden keine Proteste geduldet - auch nicht im Internet.

Wie die unabhängige ägyptischen Tageszeitung al-Shorouk berichtet, sollen die ägyptischen Telekommunikationsunternehmen in einer geheimen Krisensitzung beschlossen haben, im Falle einer Eskalation der Proteste an diesem Freitag alle Kommunikationskanäle zu kappen.

So sei entschieden worden, dass der Internet-Provider Tedata sowie die Mobilfunkfirmen Mobinil, Vodafone und Etisalat am Freitag jeweils einen Vertreter zur staatlichen Telekommunikationsfirma schicken, um weitere Schritte zu koordinieren. Vodafone Egypt beispielsweise fährt schon länger die Regierungslinie. So sind auf der Facebook- und Twitter-Seite seit mehreren Tagen keine neuen Nachrichten mehr zu lesen. Wie die Internetfirma Renesys in ihrem Blog schreibt, haben noch weitere große ägyptische Internet Service Provider wie Link Egypt den Zugang zum Internet gekappt .

Nach Angaben des Vodafone-Konzerns haben die ägyptischen Behörden die Abschaltung des Mobilfunknetzes in bestimmten Teilen des Landes angeordnet.Nach ägyptischem Recht könnten die Behörden dies anordnen und die Firmen müssten dies auch umsetzen.

Mit dieser Sperraktion beschneidet Ägypten den Zugang zum Internet viel stärker, als beispielsweise China, dass die Provider anweist, bestimmte Seiten zu blockieren und damit zu zensieren. In Ägypten war das Netz und gerade das soziale Netzwerk Facebook für viele Bürger der beste und schnellste Zugang zu Kommunikation. Von den 82 Millionen Einwohnern haben mehr als fünf Millionen einen Facebook-Account. Tageszeitungen verzeichnen dagegen nur eine Auflage von knapp über zwei Millionen.

Wie eine auf Internetverbindungen spezialisierte Website berichtet, sind aber nicht alle Zugänge gekappt. So lasse der Internet Service Provider Noor Data Networks weiter Daten durch seine Leitungen zu. Zu den Kunden dieses Dienstanbieters zählt beispielsweise die ägyptische Börse, die aber freitags immer geschlossen ist. Warum Noor Data Networks weiter den Internetzugang ermöglicht, ist nicht bekannt. Entweder habe der Anbieter den Blockierbefehl nicht erhalten oder er ignoriere ihn, heißt es.

Der internationale Datenverkehr scheint von der Blockade nicht berührt zu sein. Ein Glasfaserkabel, das England mit Japan verbindet, führt über Ägypten und über dieses ist der Datenaustausch offenbar weiter möglich.

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