Propaganda im Netz:Terror-Freunde gründen Facebook-Kopie

  • Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staats werben im Internet für ihre Ziele. Westliche Dienste wie Facebook und Twitter sperren immer wieder Konten der Propagandisten.
  • Nun haben wohl Sympathisanten des IS einen Facebook-Konkurrenten gegründet - und setzen dabei auf westliche Technik.

Von Johannes Boie

Allein in den vergangenen Tagen hat Twitter circa 40 000 Accounts gelöscht, die offenbar Terroristen des "Islamischen Staats" (IS) gehörten. Für die selbsternannten Gotteskämpfer ist das ein Problem, denn so sehr sie das westliche Leben verachten, so sehr sind sie auf die sozialen Medien der Erzfeinde angewiesen. Sie rekrutieren über die Plattformen Kämpfer für ihren Krieg, Frauen fürs Leben unter der Burka, sie verbreiten Schrecken mit Videos von Hinrichtungen ebenso wie Propaganda und Haushaltstipps für auswärtige Bombenbastler. Und natürlich kommunizieren auch Terroristen untereinander über Facebook, Twitter und Youtube.

Ein Mann, der Abu Musab heißt oder sich vielleicht auch nur bei der Wahl seines Pseudonyms vom 2006 liquidierten Terroristen Abu Musab al-Zarqawi inspirieren ließ, versucht jetzt, den digitalen Teil des IS aus der Kontrolle amerikanischer Konzerne zu lösen. Der Mann hat eine Art Facebook für das Terrorregime gegründet. Es ist im Netz unter 5elafabook.com zu erreichen. "5elafa" ist eine Abwandlung des Wortes Khalifa - beziehungsweise Kalifat - und bezieht sich in dem Fall auf den IS, den Chef-Terrorist Abu Bakr al-Baghdadi als Kalifat ausgerufen hat. (Die Ziffer "5" steht für ein "K", entsprechende Schreibweisen werden im Netz gerne verwendet.)

Islamisten setzen wohl auf Fertig-Software

Technisch basiert die Internetseite offenbar auf der Software SocialKit. SocialKit ist ein Softwarebündel, das jeder im Netz für vierzig Dollar kaufen kann, zum Beispiel auf dem australischen Software-Marktplatz Envato. Man muss die Software nur installieren und konfigurieren, um einen privaten Facebook-Klon zu schaffen. Das kann zum Beispiel für ein Firmennetzwerk sinnvoll sein. Oder halt für Freunde des Terrorismus. So kommt es, dass 5elafabook.com bereits einige komplexe Funktionen beherrscht, unter anderem gibt es eine mobile Version, optimiert fürs Handydisplay, und die 5elafabook-Mitglieder können Bilder, Videos, Musik und Texte teilen.

Tatsächlich finden sich hier bereits Bilder aus Kampfgebieten, einige Mitglieder posieren mit Waffe, Bart und Glaubensbekenntnis. Als Nutzer kann man den eigenen Account mit einem Facebook-Account verbinden, was in Deutschland ein sicherer Weg sein dürfte, um in den Fokus des Verfassungsschutzes zu gelangen.

Am Wochenende ist die Seite offenbar wegen Überlastung der Server immer wieder abgestürzt. Die Seite ist noch nicht komplett, einige Links führen ins Leere. Sie soll künftig wohl in mehreren Sprachen verfügbar sein, darunter Englisch, Spanisch, Türkisch, Indonesisch und auch Deutsch. Die Startseite ist in Facebook-Blau gehalten, allerdings ist das Hintergrundbild eine Weltkarte, deren Kontinente mit den Flaggen des "Islamischen Staates" bedeckt sind. Auch Grönland will man anscheinend früher oder später erobern.

Die Programmierkenntnisse der Seitenbetreiber scheinen rudimentär zu sein. Auf manchen Unterseiten wurden im Code der Software arabische Sätze, mit denen die Administratoren Terroristen die Treue schwören, dilettantisch von Hand eingefügt. Viel mehr als die Installation von SocialKit scheint die islamistische IT-Abteilung hier nicht hinbekommen zu haben.

In den Registrierungsdaten der Domain 5elafabook.com steht, die Seite sei im "Islamisch Staat Mosul" registriert, allerdings im Feld, das für einen Straßennamen vorgesehen ist. Die Registrierungsfirma verlangt im Feld "Staat" die Angabe eines anerkannten Staates. Die Betreiber haben an dieser Stelle "Ägypten" ausgewählt. Wo "Abu Musab" wirklich agiert, bleibt offen. Die angegebene Telefonnummer funktioniert nicht. Registriert ist die Domain übrigens mithilfe der Firma GoDaddy, einem Marktführer für Domainregistrierungen. GoDaddy kommt aus Scottsdale, Arizona. Es geht halt doch nicht ohne amerikanische Technik.

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