Probleme mit digitalem Personalausweis:Nur gucken, nicht mitnehmen

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"Äußerst störanfällig": Die Ausgabe der neuen Personalausweise scheitert vorerst an der Technik. Die Änderungsterminals fallen reihenweise aus.

Jan Bielicki

Ansehen durften sie ihn schon mal. Wer wollte, durfte ihn sogar anfassen. Nur mitnehmen konnten die Bochumer ihren neuen Personalausweis nicht, als sie ihn im Bürgerbüro ihres Rathauses abholen wollten. "Wir mussten die Leute wieder wegschicken", erzählt Barbara Gottschlich, die Sprecherin der Stadt.

Ärger in den Rathäusern: Weil die Terminals häufig nicht funktionieren, können die neuen Ausweise nicht freigeschaltet werden. (Foto: dpa)

Für jeden Bochumer Bürger, der den neuen digitalen Ausweis gleich nach dessen Einführung Anfang November beantragt hatte, lag das scheckkartengroße Stück Plastik zwar bereit. Doch die Geräte, mit denen sich das neue High-Tech-Dokument freischalten lässt, streikten an diesem Tag allesamt: "Da ging nichts mehr", sagt Gottschlich.

Landauf, landab melden Städte und Gemeinden "erhebliche Verzögerungen" und "unangenehm lange Wartezeiten" bei der Ausgabe des neuen, aufwendig eingeführten Personalausweises. Der Grund dafür steckt in einem Gerät, das die Bundesdruckerei an die Kommunen ausgeliefert hat und das aussieht wie ein Telefon ohne Hörer: An diesen sogenannten Änderungsterminals prüfen die Passämter die elektronischen Inhalte der Kennkarte, und die Bürger wählen sich eine PIN-Nummer, bevor sie ihren Ausweis mit nach Hause nehmen. Doch oft funktioniert das nicht. Im westfälischen Hagen fielen unter der Woche alle 48 Terminals aus. Die Stadt Würzburg gab aus dem gleichen Grund mehrere Tage lang gar keine neuen Ausweise mehr aus.

In Regensburg "funktionierte zeitweise nicht einmal die Hälfte unserer 25 Terminals", klagt Helmut Dutz, der Leiter des städtischen Bürgerbüros. Dutz' Chef platzte schließlich der Kragen: Der neue Personalausweis sei "von Anfang an ein Ärgernis" gewesen, mit diesen Worten macht Oberbürgermeister Hans Schaidinger seinem Unmut darüber Luft, dass die Bundesdruckerei nach "häufigen Terminverschiebungen und unkoordinierten Informationen" auch diese Geräte "zu spät und fehlerhaft ausgeliefert" habe. Nun müssten "die Kommunen als Prellbock herhalten", schimpft der Präsident des Bayerischen Städtetages über "die Pfuscherei des Bundes".

Ausgabe verzögert sich "auf unbestimte Zeit"

"Die Leute sind verständlicherweise ungehalten", bestätigt Andreas van Hooven, Sprecher der niedersächsischen Stadt Oldenburg. Dort hatte das Passamt schon Schwierigkeiten, die Antragsformulare mit den eigens angeschafften, weil vom Bund vorgeschriebenen Scannern einzulesen - die Geräte waren nicht kompatibel mit der Rathaus-Software. Kaum war dieses Problem gelöst, erwiesen sich die Änderungsterminals wie anderswo als "äußerst störanfällig".

Während der Deutsche Städtetag von "vielerorts" auftretenden Problemen spricht, will man im Bundesinnenministerium nur von "regionalen Einzelfällen" wissen. Und auch in der Bundesdruckerei zeigt man sich unbeeindruckt. "Wir bedauern jede einzelne Störung", sagt eine Sprecherin, aber das könne "bei der Einführung eines so hochkomplexen Systems schon mal vorkommen". Kompliziert ist vor allem der Umstand, dass die fast 5500 kommunalen Ausgabestellen in jedem Bundesland und oft sogar innerhalb eines Landes mit unterschiedlichen Computersystemen arbeiten - an die neue Geräte erst angepasst werden müssen.

100 Mitarbeiter sollen den Kommunen dabei helfen, die "Anfangsschwierigkeiten", wie es bei der Bundesdruckerei heißt, zu überwinden. Mancherorts klappt das auch: "Das Ding läuft", meldet Rüdiger Schmidt, Bürgeramtsleiter in Bielefeld. Wer seinen Ausweis im fränkischen Geldersheim abholen will, erhält dagegen nur eine unfrohe Botschaft: Die Ausgabe verzögere sich - "auf unbestimmte Zeit!"

© SZ vom 20.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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