Süddeutsche Zeitung

Youtuber PewDiePie:Endlich mehr als 100 Millionen Fans

Besser könnte die Woche für den berühmtesten Youtuber PewDiePie nicht laufen. Vielleicht auch, weil er derzeit lieber "Minecraft" spielt als Menschen zu beleidigen.

Von Philipp Bovermann

Der Youtuber PewDiePie hat laut dem Titel eines seiner aktuellen Videos die "Best Week Ever" hinter sich: Er ist nun bei über 100 Millionen Abonnenten. Er hat den "Ender Dragon" im Computerspiel "Minecraft" besiegt. Und er hat geheiratet. Nach jedem dieser Erfolge, die er aufzählt, spannt er den Arm an, boxt in die Luft und ruft laut "Bam" und "Pew". Wie in einem Comic werden Bewegungslinien zu jedem Schlag eingeblendet, er steht inmitten einer animierten Feuerkorona. Nach wenigen Sekunden schon vermittelt sich Betrachtern ein Gefühl dafür, wie der 29-jährige Schwede Felix Kjellberg, dessen Pseudonym sich mit "PengStirbKuchen" übersetzen lässt, die mit Abstand populärste Einzelperson auf Youtube werden konnte.

Damit befindet er sich aber nur auf dem zweiten Platz der meistabonnierten Youtube-Accounts. Die Nummer eins musste er bereits im März an das indische Musiklabel T-Series abtreten, das in hoher Schlagzahl Musikvideos zu Bollywoodfilmen und Serien veröffentlicht.

Ein ungleicher Gegner für einen einzelnen Menschen, der nichts anderes tut, als sich dabei zu filmen, wie er Computergames spielt und sich, überdreht drauflos redend, lustige oder schreckliche Dinge im Internet anschaut - so könnte man zumindest meinen. Kjellberg allerdings hielt das Rennen lange spannend. Seine "Armee der Neunjährigen", wie er sie nennt, organisierte eine virale Kampagne im Netz. In deren Verlauf wurde der Youtuber, der in seinen Videos häufig Internetspäße ("Memes") kommentiert hatte, selbst zu einer Art Meme. Fans hielten etwa beim Superbowl ein Schild mit der Botschaft "Subscribe to PewDiePie" hoch, ein Hacker übernahm die Kontrolle über zahllose Drucker, die daraufhin die Botschaft ausdruckten, man möge doch gelegentlich seine Sicherheitseinstellungen überprüfen. Und PewDiePie abonnieren.

Es ging dabei aus Sicht vieler Unterstützer um die Zukunft von Youtube oder gleich des gesamten Internets: Dem Durchschnittstypen von nebenan sollte die große Bühne gehören, nicht einem kommerziellen Unternehmen - wobei die Fans geflissentlich ignorierten, dass ihr Held mit Sponsorings, Merchandising und Werbeerlösen längst zum Multimillionär geworden war. Und noch etwas irritierte: Vielen PewDiePie-Unterstützern schien es wichtig zu sein, dass dieser Durchschnittstyp blond war und der T-Series-Kanal dagegen von Indern abonniert wurde - das Rennen zeigte eben auch, dass das Netz längst nicht mehr nur in westlicher Hand ist.

Der Attentäter von Christchurch in Neuseeland sagte in dem Video, in dem er sich filmte, "Subscribe to PewDiePie", bevor er die Moschee betrat und ein Blutbad anrichtete. Kjellberg schrieb daraufhin auf Twitter, es mache ihn krank, dass sein Name von dieser Person ausgesprochen worden sei. Auf der anderen Seite fand er im Verlauf seiner Karriere immer wieder Dinge witzig, bei denen es nichts zu lachen gibt. 2017, lange vor dem Rennen mit T-Series, bezahlte er auf einer Website zwei Inder dafür, dass sie ein Schild mit der Inschrift "Tod allen Juden" in eine Kamera hielten. Es sei ihm nur darum gegangen zu zeigen, wie absurd solche Dienste seien, behauptete er später. Youtube schmiss ihn trotzdem aus dem für ihn lukrativen Programm, das seine Videos als hochwertigen Werbeträger listete.

Inzwischen hat sich Kjellberg auf seine Wurzeln besonnen: Er macht vor der Kamera keine Witze mehr, sondern spielt wieder. Das Game "Minecraft" erlebt auch seinetwegen gerade eine Renaissance. Er zeigte sich kürzlich zerknirscht, als ihm in einem Livestream ein rassistischer Begriff herausrutschte. Und er hat, ganz bürgerlich im Anzug, die italienische Ex-Youtuberin Marzia ("CutiePieMarzia") geheiratet. Zu seiner "Best Week Ever" hat nun auch Youtube mit einem kleinen Karriererückblick-Video gratuliert. Das Maskottchen der Netzkultur wird erwachsen.

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SZ vom 28.08.2019/cag
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