Dem Unternehmer Göritz, der selbst mit seiner Smart Mobile Factory in Berlin Apps entwickelt, schwebt auch vor, den Verlagen zusätzliche Vermarktungsmöglichkeiten zu bieten. Er denkt da beispielsweise an eine Abomöglichkeit. "Wir bleiben aber erst einmal bei dem jetzigen Modell, um einen Mehrwert für den Kunden zu etablieren." Da würde es sich anbieten, die App mit dem E-Buch-Lesegerät Tolino zu verknüpfen, was sich Göritz auch vorstellen kann. Mit seiner Marktmacht will Thalia aber erst einmal viele Verlage für die App gewinnen. "Wie beim Tolino wollen wir, dass das eine Branchenlösung wird."
Sollte sich Papego durchsetzen, muss sich der Buchkäufer nicht mehr zwischen Print und Digital entscheiden. "Die App ist eine Rückbesinnung auf das Physische und die Stärkung des Digitalen", glaubt Wendt. Er hat selbst Fantasy-Romane und Thriller veröffentlicht. Sein Problem: "Das Digitale ist mit der Vorstellung verknüpft, dass alles kostenlos ist. Ich habe deswegen ein Interesse, dass das Buch weiter an die physische Form gebunden ist", sagt er.
Papego soll werbefrei bleiben
Dabei mutet die App zunächst wie ein Einfallstor für Raubkopierer an. "Man kann diese Seiten in der App lesen, aber nicht an Dritte weitergeben", beruhigt Wendt. Um zu verhindern, dass jemand das komplette Buch kostenlos liest, stellt der Server pro Scan nur ein Viertel des Buches zur Verfügung. "Ein Missbrauch ist nicht ausgeschlossen, aber umständlich."
Dass die Leute dazu bereit sind, für Inhalte zu zahlen, zeige die Musikbranche. Trotz vieler Möglichkeiten, Lieder kostenlos aus dem Internet zu laden. Dies werde durch benutzerfreundliche Angebote gefördert, ähnlich solle es die Buchbranche machen. Die Resonanz ist jedenfalls groß, eine App für Frankreich bereits in Arbeit.
Und womit verdient Briends nun sein Geld? "Die Verlage bezahlen eine Gebühr pro Titel", sagt Wendt, ein paar Cent pro verkauftem Buch. Bis zum Thalia-Einstieg hat sich Briends aus Privatmitteln finanziert, inklusive der Arbeitsstunden geht Wendt von ein paar 100 000 Euro aus, die bereits in der App stecken. Trotzdem: Dass beim Umblättern unvermittelt Werbung aufpoppt, etwa für eine Versicherung, wird nicht passieren, versichert er, "vielleicht aber Hinweise auf ähnliche Romane".
"Ein Synonym für neues Lesen"
Für Wendt ist Briends nicht das erste Start-up. Der promovierte Betriebswirt war nach dem Studium Berater bei McKinsey, gründete in den Neunzigerjahren eine Multimediaagentur und eine Softwarefirma. 2012 folgte Briends. Wendt hatte gerade seine ersten Romane veröffentlicht und wollte mit Briends eine Plattform für kreatives Schreiben entwickeln. Er kennt dieses Prinzip aus dem Computerspiel Minecraft, in dem mehrere Spieler gemeinsam kreativ werden können. "Das wollten wir aufs Schreiben übertragen."
Deshalb auch der Name "Briends", der die englischen Begriffe Brand (Marke) und Friends (Freunde) kombiniert. Die Pläne scheiterten, der Name blieb, Wendt hat ihn 2015 wiederbelebt. Sein Ziel ist es, "dass es irgendwann normal ist, beim Lesen von Print zu Digital zu wechseln". Paper to go, Papego eben. Und Thalia-Mitgesellschafter Göritz überschlägt sich in seiner Euphorie: "Papego ist ein Synonym für neues Lesen, für Lesen 3.0 gewissermaßen."