Panorama-Dienst:Street View: Google-Schlappe in der Schweiz

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Keine Gartenfotos, strengere Verpixelungen: Ein Schweizer Gericht macht Googles Straßenansicht Street View hohe Auflagen. Das Ende für den Dienst in der Schweiz?

Es ist ein Urteil, das Google durchaus als Ohrfeige interpretieren kann: Das Schweizer Bundesverwaltungsgericht hat dem Unternehmen bei der flächendeckenden Einführung der Online-Straßenansicht im Land enge Grenzen gesetzt.

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Bildern.

In einem Urteil vom 30. März ( pdf hier), das nun veröffentlicht wurde, macht das Gericht Google folgendende Auflagen vor dem Street-View-Start:

- "Sämtliche Gesichter und Kontrollschilder", also zum Beispiel Autokennzeichen, müssen bereits vor dem Start des Dienstes unkenntlich gemacht worden sein.

- Bei Menschen, die sich vor sensiblen Einrichtungen wie Gefängnissen, Krankenhäusern oder Frauenhäusern aufhalten, müssen zudem Merkmale wie Hautfarbe und Kleidung unkenntlich gemacht werden, damit die entsprechenden Personen keinesfalls zu identifizieren sind

- Google darf Schweizer Anwesen nur sehr eingeschränkt zeigen: Fotos von umzäunten Gärten oder Höfe, die "dem Anblick eines gewöhnlichen Passanten verschlossen bleiben", müssen entfernt werden. Datenschützer hatten kritisiert, dass die Kamerahöhe von 2,90 Meter Einblicke erlaube, die normalen Fußgängern nicht möglich seien.

- Der Konzern muss die Lokalpresse über geplante Kamerafahrten informieren, ebenso muss die Freischaltung neuer Street-View-Ansichten vorher angekündigt werden

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Google reagiert.

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Googles Straßenansicht Street View ist nicht nur umstritten, sie liefert auch Einblicke in absurde Straßenszenen weltweit. Eine Rundreise in Bildern.

Mit dem Gerichtsurteil muss Google in der Schweiz deutlich größere Zugeständnisse als in Deutschland machen. Hierzulande sind beispielsweise für "sensible Einrichtungen" keine besonderen Anonymitätsrechte definiert.

Der Kamerablick in umzäunte Gärten ist nach dem Kompromiss zwischen deutschen Datenschützern und dem kalifornischen Unternehmen ebenfalls erlaubt, allerdings hat es hier bereits Privatklagen gegen die US-Firma gegeben.

Dafür erhalten die Bewohner und Besitzer der abgebildeten Häuser in Deutschland ein Widerspruchsrecht, um die Gebäude verpixeln zu lassen. Zum Deutschland-Start in den größten deutschen Städten im Herbst vergangenen Jahres waren 245.000 Widersprüche bei Google eingegangen.

Das Schweizer Bundesverwaltungsgericht begründet das Urteil damit, dass Google mit der Abbildung der Straßenansichten wirtschaftliche Interessen verfolgt, diese aber nicht über das Persönlichkeitsrecht zu stellen seien.

Die Auflagen würden die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens "offensichtlich nicht in Frage stellen", heißt es. Die Richter folgen damit weitgehend der Argumentation des Schweizer Datenschutzbeauftragten, der gegen Google geklagt hatte.

Street-View-Zukunft unklar

Seit 2009 sind bereits Basel, Zürich, Bern und Uferstrecken des Genfersees per Street View erkundbar, die letzten Kamerafahrten fanden 2010 statt. Ob Google sein Street-View-Projekt in der Schweiz fortsetzt, ist derzeit unklar.

Der Google-Datenschutzbeauftragte Peter Fleischer zeigte sich enttäuscht über das Urteil, schloss aber eine Berufung vor dem Schweizer Bundesgericht nicht aus.

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