Treue Apple-Kunden:Von wegen schrumpeliger Apfel

Lesezeit: 3 min

Vor Jahren lästerten die Leute im Netz über Apples Antennagate, nun folgt Bendgate. Trotzdem verliert die Marke nicht so schnell an Glanz wie ein Apfel. (Foto: REUTERS)

Erst verbiegt es in der Hosentasche, dann spinnt auch noch die neue Software. Trotzdem bleiben viele dem iPhone treu. Warum nur?

Von Varinia Bernau und Matthias Huber, München

Für die Spötter im Internet ist das neue, übergroße iPhone 6 Plus so etwas wie ein magischer Löffel. Übt man ausreichend Druck aus, verbiegt sich das Aluminiumgehäuse des Geräts und bleibt krumm - trotz gläsernem Bildschirm und oft gerühmter Apple-Qualität. Als hätte Uri Geller bei der Entwicklung geholfen. Oder Salvador Dalí, wie eine Fotomontage glauben macht, die das Smartphone formschön-surreal von einer Tischkante herabfließen lässt.

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Es gibt bereits Parodien auf die Werbespots im typisch pathetischen Apple-Tonfall, in denen die Biegsamkeit des bis zu 1000 Euro teuren Telefons gerühmt wird: Man könne endlich das Smartphone an die Körperform anpassen, es viel bequemer in der Hosentasche tragen. "Bend the rules", biege die Regeln, so der knappe Slogan. Für Apple müsste das ein PR-Desaster sein. Ist es aber nicht: Zehn Millionen seiner beiden neuen iPhone-Modelle hat der Konzern am ersten Wochenende verkauft. Eine Million mehr als beim Verkaufsstart des Vorgängermodells.

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Ein Widerspruch? Nur auf den ersten Blick.

Ein Widerspruch? Nur auf den ersten Blick. Vier Jahre ist es her, dass Blogger schon einmal Abgesänge auf Apple anstimmten. Vom "Antennagate" schrieben sie, nachdem Nutzer des neuen iPhones aus dem Mobilfunknetz flogen, weil sie es falsch in die Hand nahmen. Der Gründer und damalige Konzernchef Steve Jobs sagte nur, kein Telefon sei perfekt. Damit war keines der technischen Probleme gelöst, aber Apple hatte seinen Anhängern ein Argument geliefert, mit dem sie begründen konnten, warum sie das Gerät dennoch kaufen.

So schweißte eine Panne, die Kunden woanders verschreckt hätte, sogar noch zusammen. Eine verschworene Gemeinschaft, in der die Marke nicht geschwächt, sondern gestärkt wird, so deutet es Markus Giesler, der in Kanada zu Konsumkultur forscht. "Wie bei einer Theateraufführung geht es nicht unbedingt nur darum, ob aus dem Publikum Buhrufe kommen. So lange die Leute über die Aufführung reden, wird sie nicht abgesetzt."

Apple ist gelungen, womit nur sehr wenige reüssieren: Der Konzern hat über Jahre hinweg einen Mythos geschaffen. Von einem kleinen Rebellen, der gegen die Großen antritt, um die Welt zu verbessern oder zumindest etwas schöner zu machen. Mit iPod, iPhone und iPad hat der Konzern ganze Branchen umgewälzt - und diesen Mythos begründet. Mit dem schlichten Design, der perfekten Harmonie zwischen Hard- und Software, und, ja, auch dem zum iGott stilisierten Steve Jobs, wurde dieser Mythos gestärkt. Er macht die Marke Apple so stark - und die Kunden so treu.

Wer einmal ein iPhone gekauft hat, das zeigen Umfragen, der kauft viel häufiger wieder ein iPhone als all diejenigen, die ihr Smartphone aus der Vielzahl jener Geräte mit Googles mobiler Software Android auswählen oder öfter mal was Neues wagen. Der Mythos der Marke Apple, der von Freunden ebenso weitergetragen wird wie vom Verkäufer im Mobilfunkladen, ist stärker als jeder technische Produkttest.

Doch wie lange kann ein Konzern von diesem Mythos zehren - wenn die Qualität seiner Produkte nicht mehr stimmt?

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Eine Kaufentscheidung ist für viele eine Sache des Gefühls und nicht des Kopfes

Apple kämpft nicht nur mit dem Spott über die verbogenen iPhones, sondern auch mit einer weitaus gravierenderen Panne: Das neue Betriebssystem, iOS 8, das bereits von Millionen Menschen auf iPad und iPhone aufgespielt wurde, ist fehlerhaft. So fehlerhaft gar, dass viele Nutzer mit der neuesten Programmversion ihr Telefon nicht einmal mehr zum Telefonieren nutzen können. So fehlerhaft, dass Apple das Update nun zurückgerufen hat.

Hinzu kommt: Längst hat die Konkurrenz von Samsung, Sony, HTC und Motorola technisch zu Apple aufgeschlossen oder den Konzern in manchen technischen Details gar überholt. Die meisten angepriesenen Funktionen der neuen iPhones - auch dies wird im Netz durchaus mit Süffisanz gestreut - finden sich bereits in Android-Geräten aus dem Jahr 2012. Hinsichtlich Kundendienst, Garantieerfüllung und Kulanz im Schadensfall pflegt Apple mit sündteuren Reparaturkosten und knappen Reklamationsfristen auch eher mythisches Image als guten Service. Und doch hält Apple seinen Anteil auf dem Markt der Smartphones seit Jahren recht stabil.

Dass Apples Kunden besonders treue Kunden sind, liegt nach Ansicht von Annette Zimmermann, Analystin bei Gartner, nicht zuletzt daran, dass Apple mit seinen gut aufeinander abgestimmten Geräten und dem Speicherdienst iCloud, auf den sich via Internet zugreifen lässt, eine Art goldenen Käfig geschaffen hat. "Innerhalb dieses Systems funktioniert der Austausch von Daten prima. Und dem einzelnen ist es viel zu aufwendig und zu teuer, dieses System zu verlassen". Da nimmt man dann eben auch mal in Kauf, dass sich das iPhone in der Hosentasche verbiegt.

Laut Apple beschwerten sich bisher exakt neun Nutzer über verbogene Geräte - das Modell sei ausgiebig auf Belastungsfähigkeit getestet worden, erklärte der Konzern.

© SZ vom 26.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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