Online-Telefonie verstaatlicht:Skype in China vor dem Aus

Peking bremst Skype aus: Künftig dürfen in China nur noch Staatsunternehmen Internet-Telefonate anbieten. Durch das Verbot schlagen die Behörden zwei Fliegen mit einer Klappe - ob es jedoch funktioniert, ist unklar.

Chinas Behörden wollen Telefondienstleistern wie Skype an den Kragen. Die Ankündigung, Online-Telefonate nur zwei staatlichen Telekommunikationsfirmen zu erlauben und streng gegen andere Anbieter vorzugehen, sorgt in China für Verwirrung und Empörung.

Internet-Telefondienst Skype

Internet-Telefonie per Skype erfreut sich weltweit größter Beliebtheit - in China müssen Nutzer künftig auf den Dienst verzichten.

(Foto: dpa)

Das Reich der Mitte hat mit 450 Millionen Nutzern die weltweit größte Internetgemeinde. Viele fürchten, dass Telefonate über Skype für illegal erklärt werden könnten und ihre Telefonkosten steigen. Auch chinesische Experten äußerten sich kritisch.

In die Diskussion platzte die Ankündigung von Skype, mit einem neuen Programm künftig auch Videoanrufe auf dem iPhone zu ermöglichen. Es war unklar, wie sich eine Kampagne gegen Online- Telefonie in China auf solche Möglichkeiten mit dem Handy auswirken wird.

Ähnlich bleibt abzuwarten, wie ernst das zuständige Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) den selbst erklärten Kampf gegen illegale Online-Telefonate überhaupt meint.

Details fehlen

Es gibt weder Details noch einen Zeitplan - immerhin aber eine Hotline, wo Verstöße gemeldet werden sollen. Beobachter spekulieren über die wirtschaftlichen und politischen Motive. In Chinas Staatsmedien hieß es, dass die Aufsichtsbehörden offenbar das Monopol der Staatsunternehmen China Telecom und China Unicom schützen wollten.

Nur diese beiden Telekommunikationsfirmen haben eine Lizenz für Online-Telefonie. Beide haben offenbar die Entwicklung verschlafen und experimentieren noch mit solchen Diensten, die in Zukunft ausgeweitet werden sollen.

Skype wird wegen seiner Verschlüsselung allerdings auch gerne von Dissidenten benutzt, um sich der Bewachung durch die Staatssicherheit zu entziehen. In China hat Skype zig-Millionen Nutzer und operiert in einem Gemeinschaftsunternehmen mit dem großen Hongkonger Unternehmen TOM Online, das in Festlandchina mit China Unicom kooperiert.

Die Überwachungsfrage und eine Warnung

Der Mobilfunkbetreiber, der zweitgrößte in China, ist der einzige Anbieter für das iPhone und dessen GSM-Telefonstandard in China. Die gemeinsam mit TOM Online in China seit 2007 angebotene spezielle chinesische Skype-Software ist wiederholt wegen Sicherheitsmängeln ins Gerede gekommen.

Ausländische Experten hatten bereits länger kritisch nachgefragt, in welchem Ausmaß Skype und TOM Online hier mit den chinesischen Überwachungsbehörden zusammenarbeiten.

Skype hatte dazu öffentlich erklärt, sich in China an lokale Gesetze und somit auch an die strengen Zensurbestimmungen zu halten. Jene Nutzer, denen die Überwachung bewusst ist, können allerdings die sonst weltweit übliche Skype-Software auch von ausländischen Servern herunterladen.

Der jüngste Erlass könnte laut Experten vielleicht auch nur als Warnung an Skype verstanden werden, mit ihrer Internet-Telefonie in China nicht noch stärker zu wachsen. Schon bisher bewegte sich Skype mit seinen Telefonmöglichkeiten in einer Grauzone, weil Telefonie in China eigentlich nur staatlich zugelassenen Telekommunikationsfirmen erlaubt ist.

Befürchtungen, dass Skype aber jetzt in Schwierigkeiten geraten könnte, wurden noch durch das Parteiorgan "Renmin Ribao" (Volkszeitung) angefacht, das von Erwartungen berichtete, "dass Dienste wie Skype im Land nicht mehr zur Verfügung stehen werden".

Private Anbieter preiswerter und besser

Wie ein Verbot aber technisch durchgesetzt werden kann, ist aus Expertensicht offen, da Internetnutzer eventuelle Blockaden umgehen können. Überhaupt hagelte es Kritik, die trotz Zensur auch in staatlich kontrollierten Medien offen wiedergegeben wurde. "Es ist lächerlich", kommentierte Professor Kan Kaili von der Universität für Post und Telekommunikation in der "Renmin Ribao" den jüngsten Erlass. "VoIP ist weltweit eine beliebte Technologie."

Die Abkürzung steht für Voice-over-IP, Telefonieren über das Internet. Für den Experten Fang Xingdong läuft das Vorgehen den Interessen der Internetnutzer und dem Fortschritt zuwider: "Es ist unfair für VoIP-Nutzer. Das Ministerium muss Kommunikationstechnologien erleichtern anstatt ihre Entwicklung zu behindern."

Lü Benfu vom Internet-Zentrum der Chinesischen Akademie der Wissenschaften sagte: "Diese neue Politik wird die staatlichen Telekom-Betreiber ermutigen, den VoIP-Sektor zu manipulieren. Diese riesigen Unternehmen sind unzufrieden mit den privaten VoIP-Dienstleistern, die in der Regel billiger sind und bessere Leistungen bieten."

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