Online-Streaming:Spotify zeigt jetzt auch Videos

Online-Streaming: So hat sich Spotify bisher entwickelt: Eine Skizze mit den Erfolgen des Unternehmens in seinem Hauptsitz in Stockholm.

So hat sich Spotify bisher entwickelt: Eine Skizze mit den Erfolgen des Unternehmens in seinem Hauptsitz in Stockholm.

(Foto: Jonathan Nackstrand/AFP)
  • Der Musikstreamingdienst Spotify zeigt künftig auch Videos.
  • Das Unternehmen will seine Kunden damit enger an sich binden. Bisher wächst Spotify zwar, macht aber Verluste.
  • Der Streamingdienst drängt auf einen umkämpften Markt und tritt gegen Wettbewerber wie Apple oder Youtube an.

Von Hannah Beitzer, Berlin

Was ist neu bei Spotify?

Gerüchte gab es schon lange, nun präsentierte Spotify-Gründer Daniel Erk in New York seine Pläne für die Zukunft des Streamingdienstes mit ziemlich viel Tamtam: Countdown, Musik, Comedy, Liveschalte nach Berlin: "Das unterhaltsamste Spotify aller Zeiten" verspricht er seinen Nutzern. Größte Neuerung ist ohne Frage, dass Spotify zukünftig auch Podcasts und Videos anbieten will. Zum Beispiel Nachrichten, Reportagen, aber auch junge und eher schräge Comedy-Formate, wie sie schon auf Youtube unheimlich erfolgreich sind.

Wie sind die Erfolgsaussichten?

Der Online-Video-Markt ist ziemlich hart umkämpft. Die werbefinanzierte Plattform Youtube, die mit Do-It-Yourself-Videos großgeworden ist, hat inzwischen ihre eigene Star-Generation, die vom jüngeren Publikum gefeiert wird wie sonst nur Popsänger und Hollywood-Schauspieler. Außerhalb von Deutschland zeigt der Dienst außerdem Musikvideos. Bezahlangebote wie Netflix versuchen hingegen, Zuschauer mit hochwertigen eigenen Produktionen zu gewinnen. Das gelingt in den USA ganz gut, spektakuläre Erfolge wie die Serie "House of Cards" brachten Netflix ordentlich Nutzer. In Deutschland sieht das (noch) anders aus, das Netflix-Angebot ist überschaubar und wirkt zuweilen beliebig. Das hat mit Fernsehrechten zu tun, die für jedes Land einzeln verhandelt werden. "House of Cards" etwa läuft hierzulande auf dem deutschen Bezahlsender Sky, ein Vertrag noch aus der Zeit vor dem deutschen Netflix.

Was ist da also drin für Spotify? Erks Ziel ist es, dass "die Nutzer Spotify nicht mehr verlassen". Sein Kalkül: Wo sie am liebsten Musik hören, möchten sie auch andere Dinge sehen. Experten schätzen, dass dem Dienst für sein Videoangebot die vielen Nutzerdaten helfen könnten, die er bereits hat. Spotify hat nach eigenen Angaben 60 Millionen Nutzer, davon 15 Millionen Premium-Kunden, die für den Dienst bezahlen. Sie können Musik - und zukünftig auch Videos - ohne Werbung und ohne Internetverbindung konsumieren.

Letztendlich muss Spotify wohl Videoinhalte anbieten, die mindestens so gut sind, wie die der anderen, um ihnen die Videonutzer abzunehmen. Keine leichte Aufgabe, trotz namhafter Partner wie BBC und Comedy Central. Dessen New-York-Serie "Broad City" dürfte zukünftig das bekannteste Angebot der Videoplattform sein.

Hat Spotify mit seinem Videodienst in Deutschland Chancen?

Deutschland ist für Online-Videodienste kein einfacher Markt. Das Angebot der traditionellen Fernsehsender ist auch im Netz riesig, einige haben selbst Online-Streamingdienste, wie zum Beispiel "Maxdome" der Pro-Sieben-Gruppe. Auch Amazon bietet bereits Filme und Serien zum Streamen an. Und Blödel-Comedy gibt es auf Youtube zuhauf. Auch hier heißt es: Das Angebot auf Spotify muss letztendlich mindestens so gut sein wie das anderer Kanäle.

Warum macht Spotify das überhaupt?

Spotify wächst zwar in seinem Kerngeschäft rasant, macht aber große Verluste. Wie viele Internet-Unternehmen setzt der Dienst auf Expansion, auch außerhalb des ursprünglichen Angebots. Geld soll dann später verdient werden. Im Moment machen sich die Online-Branchengrößen gegenseitig in allen Bereichen Konkurrenz, die das Online-Geschäft hergibt. Zum Beispiel Apple, das neben dem erfolgreichen Verkauf von Musik und Filmen via iTunes ab Juni ebenfalls einen Streamingdienst anbieten will. Gerüchten zufolge soll Apple sogar Labels dazu drängen, sich aus Gratis-Angeboten wie Spotify zurückzuziehen und stattdessen in den geplanten Apple-Dienst "Beats" zu wechseln.

Der Musiker Jay Z hat kürzlich mit einigen anderen weltberühmten Künstlern einen eigenen Streaming-Dienst gegründet, Youtube versucht sich in einigen Ländern - darunter den USA und Frankreich - ebenfalls mit einem bezahlten Offline-Streamingdienst. Spotify wildert mit seinem Videoangebot nun quasi zurück. Mal sehen, wer den längeren Atem hat.

Was sagen eigentlich die Künstler zu Spotify?

Zuletzt hatten sich Künstler und Künstlerinnen wie die Folksängerin Taylor Swift von Spotify abgewandt, da der Dienst zu wenig Geld für die Musiker abwerfe. In Deutschland sind zum Beispiel Indie-Bands wie Element of Crime nicht vertreten, mit denselben Argumenten. Spotify wehrt sich gegen diese Vorwürfe - immerhin bekämpfe der Dienst illegale Downloads. "Zero and Two Billion" - so überschrieb Spotify eine Erklärung zum Streit mit Taylor Swift. Zero, also null Geld, bekommen Künstler, wenn ihre Musik illegal verbreitet wird. Two Billion, also zwei Milliarden Dollar, hat der Dienst nach eigenen Angaben seit 2008 an Labels, Verwertungsgesellschaften und andere Rechteinhaber gezahlt. Für Stars wie Taylor Swift, die millionenfach angeklickt werden, zahlt Spotify demnach jedes Jahr sechs Millionen US-Dollar. Wieviel davon allerdings bei Swift selbst ankommt, ist eine andere Frage, denn auch die Labels und andere Rechteinhaber zwacken sich einen beträchtlichen Teil ab. Trotzdem ist der Streit natürlich ein Problem für den Streamingdienst - vor allem wenn ein Konkurrent wie Apple den Künstlern bessere Konditionen bieten würde.

Und was gibt es sonst noch Neues?

Spotify will zukünftig maßgeschneiderte Playlists anbieten, die zu dem passen, was die Nutzer gerade machen. In New York stellte das Unternehmen zum Beispiel "Spotify Run" vor, ein Angebot für die vielen Nutzer, die zu Musik joggen. Die Musik soll dabei auf den Laufrhythmus und die Geschwindigkeit jedes einzelnen Nutzers abgestimmt werden. Um diese Funktionen weiterzuentwickeln, wird Spotify unter anderem mit der Sportmarke Nike kooperieren.

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