Süddeutsche Zeitung

Ollo Audio:Neue Sachlichkeit

Kopfhörer mit professionellem Anspruch für 400 Euro - dass das geht, macht eine kleine slowenische Firma vor.

Von Hans von der Hagen, München

Man hat nicht den Eindruck, dass es der Menschheit an Kopfhörern mangelt. Darum überrascht es, wenn ein Unternehmen sagt, es fehlt an guten Kopfhörern. So sieht es jedenfalls die kleine slowenische Firma Ollo Audio, die sich daran gemacht hat, diesen Mangel zu beheben.

Allein - was ist ein guter Kopfhörer? Ollo Audio geht es nicht um den Musikalltag, um Modelle, die man unterwegs oder daheim aufsetzt, um nebenbei mal Musik zu hören. Vielmehr drängt das Unternehmen in den professionellen Bereich, dort wo Firmen wie AKG, Beyerdynamic oder Meze zu Hause sind.

Studiomenschen nutzen ihre Kopfhörer anders als viele andere - ihnen geht es nicht um aktive Geräuschunterdrückung oder wuchtige Bässe. Wichtiger ist, dass möglichst jedes Detail der Aufnahme erfasst wird, um am Ende ein gut abgestimmtes Musikstück zu produzieren. Das funktioniert natürlich nur, wenn der Kopfhörer nicht von schon von sich aus Akzente setzt und damit das Ergebnis verfälscht. Aber es gibt auch außerhalb der Studios Musikliebhaber, die die Musik so hören wollen, wie sie eigentlich gedacht war. Für sie sind solche Kopfhörer ebenfalls interessant. Und: Sie sind auch auf mobilen Geräten laut genug.

Reparieren einfach gemacht

Ollo Audio bietet zwei Modelle an: Eines ist ein geschlossener Kopfhörer und für Aufnahmen gedacht. Das andere Modell, es heißt S4X und wurde von der SZ getestet, hat eine offene Bauweise. Am Mischpult und am Rechner wird diese Bauart in der Regel bevorzugt, schon weil der Klang dann räumlicher ist. Außerdem tragen sich offene Kopfhörer über eine längere Zeit angenehmer. Beide Modelle kosten 400 Euro.

Das Unternehmen verzichtet größtenteils auf das sonst bei Kopfhörern dominierende Plastik, stattdessen bestehen die großen runden Ohrmuscheln aus Walnussholz und werden von einem kräftigem Metallbügel zusammengehalten. Holz gilt als anspruchsvolles Material, dass aufwändiger bearbeitet werden muss. Darum schrecken viele Unternehmen davor zurück. Die Ohrmuscheln sind mit Velours und Kunstledermaterial gepolstert, das Kopfband besteht aus "nautischem Leder". Das klingt interessant, ist allerdings auch eine Art Kunstleder, oder wie man heute sagt: veganes Leder. Dass an verschiedenen Stellen die Verschraubungen zu sehen sind, ist kein Zufall: Der Kopfhörer ist darauf ausgelegt, dass er sich daheim reparieren und auch umrüsten lässt.

Weil die Bepolsterung recht üppig ausgefallen ist, tragen sich die Kopfhörer auch über längere Zeit sehr angenehm, selbst wenn die Pads mit einem Innendurchmesser von fünfeinhalb Zentimetern aufgrund ihrer runden Form Ohren nicht immer umschließen können. Auch das Kopfband ist so gestaltet, dass es sich durch einen innen liegenden Gummizug gut an die Kopfform anpasst. Doch rächt sich hier, dass die Konstruktion womöglich etwas zu puristisch geraten ist: Berührt beim Tragen etwas den großen Metallbügel, dann überträgt sich das geräuschvoll ins Ohr. Das gilt übrigens genauso für den sich munter reibenden Gummizug im Kopfband.

Der Klang der Kopfhörer ist so, wie er sein soll: sehr ausgeglichen über das gesamte Frequenzspektrum. Das gilt auch für die Bässe: Sie reichen tief, werden aber nicht betont.

Weil Ollo Audio den professionellen Anspruch so selbstbewusst hervorhebt, haben wir den Kopfhörer zu jemandem gebracht, der im Studio arbeitet. Ob er ihn mal spaßeshalber ausprobieren wolle. Er wollte schon deswegen, weil ihn der Auftritt des Unternehmens schon länger irritierte, ja, ärgerte: Kopfhörer für 400 Euro, die mit den oft um ein Vielfaches teureren Studiokopfhörern mithalten wollen? Noch dazu aus Holz?

Doch er ist positiv überrascht. Vor allem hinsichtlich der Kriterien, die für Tonmeister wichtig sind: Die Unterschiede zwischen der rechten und linken Seite seien ungewöhnlich gering. Zugleich weise der Kopfhörer nur eine geringe Zahl von Resonanzen auf - Eigenschwingen also, die das Klangbild verfälschen können. Beides spreche für eine besondere Fertigungsqualität. Allein mit der Bauweise solche Werte zu erzielen, sei anspruchsvoll. Das Unternehmen verzichtet eigenen Angaben zufolge auf jedes elektronische Tuning der Kopfhörer. Mit diesem Trick gelingt es anderen Herstellern, selbst billig hergestellten Kopfhörern gute Klänge zu entlocken.

Was die technischen Eigenschaften angeht, ist der S4X also tatsächlich bemerkenswert - umso mehr, als dieses Unternehmen nur acht Mitarbeiter hat. Sollte Ollo Audio vielleicht sogar für den Kopfbügel eine bessere Konstruktion finden - vielleicht sogar eine, mit der sich die älteren Modelle nachrüsten lassen - dann hat es die kleine slowenische Firma es wirklich geschafft, ein besonderes Modell anzubieten.

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