Neues Videospiel Halo 4:Gründen Sie eine Ich-Armee

Auf Hochglanz poliert, präsentiert Microsoft sein Aushängeschild auf der XBox 360: "Halo 4". Innovationen gibt es zwar nicht, dennoch macht das Spiel mit dem "Master Chief" Spaß.

Daniel Wüllner

Ein Kino-Trailer von David Fincher ("Fight Club"), ein Soundtrack von Neil Davidge, (Produzent der Band "Massive Attack") und eine eigene Web-Serie, "Forward unto Dawn": Pompös inszeniert Microsoft das Erscheinen von "Halo 4". Hier wird geklotzt und nicht gekleckert, denn die Vorgänger des Ego-Shooters haben sich bislang rund 46 Millionen Mal verkauft. Innerhalb der ersten 24 Stunden nahm Microsoft nach eigenen Angaben mit "Halo 4" die Rekordsumme von 157 Millionen Euro ein. Aber wie überzeugend ist das neue Videospiel wirklich?

Neues Videospiel Halo 4: Durch das Visier des Master Chiefs erlebt der Spieler die Kampagne von "Halo 4" und trifft dabei auf die Rasse der Prometheaner.

Durch das Visier des Master Chiefs erlebt der Spieler die Kampagne von "Halo 4" und trifft dabei auf die Rasse der Prometheaner.

(Foto: AP)

Noch bevor der erste Schuss aus dem Sturmgewehr abgefeuert werden kann, gibt der Prolog zu verstehen, dass "Halo 4" ein perfekt produziertes Spiel- und Sehvergnügen werden soll. Die Geschichte knüpft dort an, wo sie in "Halo 3" vor fünf Jahren endete. Der Held wird aus dem Kälteschlaf geweckt, um die Menschheit erneut vor der außerirdischen Allianz und ihren Göttern zu retten.

Der Held, das ist Master Chief Petty Officer John-117, besser bekannt als Master Chief. Seit "Halo: Combat Evolved" ist er zum Aushängeschild von Microsofts Videospielkonsole geworden. Er ist die Killer-App der XBox. Interessant ist die Tatsache, dass die Figur in ihrer elfjährigen Einsatzzeit nicht ein Mal den Helm abgenommen hat. Um für jeden Spieler als Projektionsfläche zu dienen, bleibt der Master Chief für immer der anonyme Soldat.

Sieht gut aus

Und wie ein braver Soldat bewegt der Spieler den Master Chief durch feindliches Terrain und schießt dabei auf alles, was sich bewegt. Auf die Handlung hat er jedoch keinen Einfluss. Aber "Halo 4" sieht gut aus. Man hat den Eindruck, als habe man statt eines Videospiels einen Film vor sich. Verstärkt wird das durch Anweisungen, die der Master Chief von seiner digitalen Gefährtin, der KI (künstliche Intelligenz) Cortana, erhält. Wenn er der Master Chief ist, dann ist sie die master narrative, die geheime Heldin von "Halo 4".

Im vierten Teil der Halo-Saga hat der Master Chief ein neues Spieleentwickler-Team bekommen. Nachdem sich Vorgänger Bungie und Microsoft 2007 trennten, versuchte 343 Industries, alle Spielelemente möglichst detailgetreu zu übernehmen, um Fans der Serie nicht zu verprellen. Der Balanceakt ist gelungen. "Halo 4" ist gut ausbalanciert: Immer wenn eine Shootersequenz droht, zu lang zu werden, wird sie von einem Level mit Fahrzeug oder einer aufwändig animierten Filmsequenz unterbrochen. In "Halo 4" gibt es noch schönere Landschaften, noch besser abgestimmte Waffensounds, noch mehr Fahrzeuge und noch mehr Gegner. Nur mehr Innovationen, die gibt es nicht.

Rot gegen Blau

An den Innovationen waren bei Halo-Titeln schon immer die Spieler beteiligt. Nach fünf Milliarden Stunden reiner Spielzeit will man von seinem Teamkameraden schon wissen, warum sie als rote Armee eigentlich eine Basis - irgendwo im Nirgendwo - gegen die blaue Armee verteidigen. Solche und weniger philosophische Fragen werden in sogenannten machinima (hergeleitet von machine und cinema) diskutiert. Das sind Kurzfilme, die mit Hilfe des Spiels und nachvertonter Stimmen aufgezeichnet werden. Auf der Internetseite Rooster Teeth finden sich mittlerweile zehn Staffeln dieser Filmchen unter dem Namen "Red vs. Blue".

Halo 4, Computerspiele, Ego-Shooter Ballerspiele

Alleine gegen alle oder als Teams kämpfen die Spartans in diversen Multiplayerspielen.

(Foto: Halo 4 - 343 Industries)

"Halo 4" bietet außerdem zwei kooperative Spielmodi. Entweder entscheidet sich der Spieler für den normalen Multiplayer-Modus oder für die neuen Spartan Ops. Letztere basieren auf der Idee des episodic gaming, bei dem wöchentlich neue Herausforderungen veröffentlicht werden. Allein oder als Team ziehen die Spartans los und sammeln Erfahrungspunkte, die in neue Ausrüstung investiert werden können. Mit jeder Spielstunde entwickelt sich die kleine Ich-Armee ein Stück weiter.

Um über diese Entwicklung Buch zu führen und gleichzeitig alle Halo-Spiele zu vernetzen, hat Microsoft zusammen mit 343 Industries das Portal Halo Waypoint entwickelt. Eine unerschöpfliche Datenbank. Hier wird der Liebe zu Statistiken gefrönt: Wie oft hat dein Spartaner in "Halo: Reach" die Schrottflinte abgefeuert? Wie viele Aliens hast du im letzten Kapitel der Halo-4-Kampagne zur Strecke gebracht? Jede noch so kleine Information wird hier gespeichert.

Mit "Halo 4" hat Microsoft den Rahmen für alle nachfolgenden Ideen geschaffen. So interessant Finchers Trailer sein mag, so episch Davidges Soundtrack ist und so spannend die Webserie "Forward unto Dawn" auch sein mögen, erwächst der Spielspaß bei "Halo" immer erst in den Nischen, die Microsoft seinen Spielern lässt. Vielleicht diskutieren die Roten und die Blauen in Zukunft Waypoint-Statistiken, wie im "Aktuellen Sportstudio".

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