Süddeutsche Zeitung

Neues Nokia-Smartphone "Lumia 1020":Alles auf eine Kamera

Ist es Größenwahn? Ist es geniales Marketing? Nokia hat mit dem Lumia 1020 ein Smartphone vorgestellt, dessen wichtigster Kaufgrund eine 41-Megapixel-Kamera ist. Eine mutige Entscheidung in der Unternehmenskrise.

Von Pascal Paukner

41 Megapixel. Da steht sie nun, die Zahl, an der alles hängt. Und natürlich ist auch auf dieser Smartphone-Präsentation Geigen-Crescendo zu hören. Große Gefühlsdemonstration, darunter geht es in der Technikwelt nicht mehr. Das weiß auch Stephen Elop. Und trotz dieser klassisch-gehobenen Beschallung hat sich der Nokia-Chef auf der Bühne in New York ausgerechnet gelbe Turnschuhe zu seinem schwarzen Anzug angezogen. Gelb wie sein neuestes Smartphone.

Lumia 1020 heißt das Gerät, das Nokia am Donnerstag vorgestellt hat und welches das Unternehmen aus der seit Jahren andauernden Krise führen soll. Das geplante Erfolgrezept? Pixel, Pixel, Pixel. Die Finnen haben in dem Smartphone eine mit 41 Megapixeln auflösende Kamera verbaut. Sie soll jetzt wieder aufholen, was Nokia in der Vergangenheit verloren hat.

Kameras in Mobiltelefonen sind Nokias Metier

In Zeiten, in denen alle alles fotografieren, so die Botschaft, kann man mit Nokia am allerbesten fotografieren. Und wahrscheinlich stimmt das sogar. Kameras in Mobiltelefonen - das ist schon lange Nokias Metier. 2002 brachte das Unternehmen das erste Handy mit Kamerafunktion auf den Markt und trieb die Entwicklung in dem Bereich voran. Dann verpasste Nokia den Anschluss. Während die Finnen noch Handys verkauften, hatte die Konkurrenz bereits Smartphones. Inklusive Kamera natürlich. Ein Fehler, für den Nokia noch immer bezahlt.

Der letzte große Wurf, das Lumia 920, erhielt in der Fachwelt im vergangenen Jahr durchweg positive Kritik. Opulente Optik, ordentliche Hardware, gute Qualität, darin waren sich im Prinzip alle einig. Nur die Kunden überzeugte das nicht. Sie griffen im Laden doch lieber zu den Smartphones der Konkurrenz. Apple, Samsung und all die anderen setzen in ihrem Marketing inzwischen vor allem auf Software als Verkaufsargument. Nokia handelt antizyklisch.

Das Unternehmen hat seine Botschaft radikal vereinfacht. Jeder versteht sie. Ob allein das schon reicht, ist fraglich. Weit mehr als Hälfte seiner 40-minütigen Präsentation verwendet das Unternehmen darauf, die Kamera zu preisen. Mit dem Lumia 1020 werde "ein neues Kapitel in der Smartphone-Fotografie" aufgeschlagen, sagt Elop. Die gewaltige Anzahl an Ausgangspixeln nutzen die Ingenieure, um ein aufwändigeres, nachträglich konfigurierbares Bild zu errechnen. Das ermöglicht etwa ein unkompliziertes, nachträgliches Zoomen. Eine ähnliche Kameratechnik hatte Nokia bereits im Modell 808 PureView verbaut.

Windows Phone 8 - ein Statement

Elop erzählt diese Technik-Geschichte ausführlich, lässt sich Zeit. Seit Tagen schon sind die oberflächlichen Details des Geräts weitgehend in Blogs und Foren bekannt. Dort war dann beispielsweise auch schon zu lesen, dass Nokia auch diesmal auf das Microsoft-Betriebssystem Windows Phone 8 setzt. Keine große Überraschung, aber in diesen von Android und iOS dominierten Zeiten noch immer ein Statement. Es lautet: Wir sind anders.

Pixelzahlen, das waren früher einmal wichtige Verkaufsargumente. Wer vor zehn Jahren ein Handy kaufte, tat das nicht selten wegen dessen Kamera. Heute ist das anders. Mit den meisten Oberklasse-Smartphones lassen sich gute Fotos schießen. Entscheidend ist oftmals, ob Apple oder Samsung, ob iOS oder Android drauf steht. Nokia versucht stattdessen mit Gigantomanie die Zeit zurück zu drehen. 41 Megapixel. Das klingt riesig. Das klingt innovativ. Das klingt überhaupt nicht nach Krise. Denkt Nokia. Vielleicht auch ein paar Kunden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1719343
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/sana
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.