Neues iPhone-Betriebssystem:Endlich Multitasking

Apple gibt mit einem neuen Betriebssystem einen Vorgeschmack auf das nächste iPhone. Revolutionäre Neuerungen bleiben aus - doch es wird immer deutlicher, was das Smartphone künftig können soll.

J. Kuhn

Das berühmte "Eine Sache noch" blieb dieses Mal aus: Den Nebensatz, mit dem Steve Jobs seit zwölf Jahren bahnbrechende Neuerungen einleitet, sparte sich der Apple-Chef bei seiner Präsentation im kalifornischen Cupertino. Nach der Veröffentlichung des iPads, so die Botschaft, geht Apple zum Tagesgeschäft über.

Das Tagesgeschäft trägt in diesem Fall den Namen OS4: Das neue Betriebssystem für iPhone, iPod und iPad soll im Sommer erscheinen - und weil ein neues mobiles Betriebssystem bei Apple in der Regel mit einem neuen Gerät einher geht, darf die Apple-Fangemeinde in wenigen Monaten mit einem neuen iPhone rechnen.

Die Neuerungen sind wenig spektakulär, zeigen aber die Richtung, in die sich Apple Handys entwickeln: Wie bereits lange von Fans gefordert, wird OS4 mehrere Apps gleichzeitig erlauben - dabei soll das System so stabil sein, dass keine davon geschlossen werden muss. "Wenn Du bei Multitasking einen Task Manager siehst", sagte Jobs mit einem deutlichen Seitenhieb auf Microsofts Windows, "haben die was falsch gemacht."

Ob Multitasking ein Vergnügen ohne Nebenwirkungen sein wird, wird sich vor allem an den Folgen für den sowieso als wenig ausdauernd bekannten iPhone-Akku zeigen: Apple versucht Befürchtungen in Sachen Stromverbrauch mit den Hinweis zu entkräften, man reduziere die Rechenleistung bei anderen Prozessen, wenn diese nicht benötigt werde.

Multitasking dürfte vor allem Voice-over-IP-Telefonate attraktiver machen: Nicht zufällig zeigte ein Skype-Vertreter, wie der Internettelefonie-Dienst im Hintergrund laufen kann, während der Nutzer andere Apps verwendet. Das könnte vor allem den Mobilfunkprovidern Sorgen bereiten, die Internettelefonie über das Handy sehr kritisch beurteilen, weil es Verluste im Kerngeschäft bedeutet.

Während sich Apple in Sachen Telefonaten Richtung Internet bewegt, versucht es gleichzeitig das Geschäft mit digitalen Inhalten auch auf dem Handy voranzutreiben: Wie das iPad wird OS4 an den digitalen Bücherladen iBook-Store angeschlossen; der Markt für Online-Spiele, den Apple bereits mit dem iPad angepeilt hat, soll beim iPhone über ein Online-Spielenetzwerk erobert werden. Ähnlich wie bei Microsofts Konsolencommunity Xbox live sollen Nutzer in aller Welt rund um die Uhr online gegeneinander antreten können.

Bisherige Werbung einfach "scheiße"

Auch das mobile Google-Geschäftsmodell hat sich Apple augenscheinlich genau angesehen: Die bisherige Werbung auf dem iPhone sei "scheiße", urteilte Jobs. Mit iAd startet eine Plattform, über die Entwickler interaktive Werbung in ihren Apps schalten können - alle drei Minuten sollen Einblendungen, die auch ortsbezogen sein können, möglich sein.

Wie stark die Konkurrenz auf dem Gebiet der mobilen Werbung ist, zeigt Jobs Eingeständnis, am Kauf der mobilen Werbeplattform AdMob interessiert gewesen zu sein - die am Ende jedoch Google "weggeschnappt" habe. Im Januar hatte Apple als Reaktion den AdMob-Konkurrenten Quattro für 275 Millionen Dollar erworben - eine Investition, die sich lohnen könnte: Zwar werden sich Entwickler von Gratis-Apps über Werbeeinnahmen freuen, doch Apple behält einen Anteil von 40 Prozent für sich.

In Sachen Nutzerfreundlichkeit soll das nächste iPhone vor allem die Verwaltung vereinfachen: Apps können nun in Ordnern zusammengefasst werden, der E-Mail-Eingangsordner kann künftig mehrere Konten erfassen. Eine genauere Steuerung des Kamera-Fokus nährt Gerüchte, dass die Verbesserung der Kamera, womöglich mit Blitzlicht, ein zentrales Element des nächsten iPhones sein wird.

OS4 ist als Update für iPod und iPad ab Sommer erhältlich - allerdings wird Multitasking nur bei den iPods der dritten Generation und dem iPhone 3GS möglich sein. Bereits jetzt haben Entwickler Zugriff auf die Plattform.

Obwohl das iPhone mehr als 50 Millionen Mal verkauft wurde, wächst durch Smartphones mit dem Google-Handybetriebssystem Android eine echte Konkurrenz heran. Auch Nokia will sein Betriebssystem offener gestalten und das App-Geschäft ausbauen, Windows bringt Ende des Jahres mit Windows Phone 7 ein komplett neues Betriebssystem auf den Markt, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Da dürfte es beruhigend für Steve Jobs sein, dass Apple auf dem Tablet-Markt für Flachcomputer erst einmal eindrucksvoll die Führung übernommen hat: Seit Ostersamstag verkaufte das Unternehmen 450.000 iPads, auf die 600.000 Bücher und 3,5 Millionen Apps geladen wurden.

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