Süddeutsche Zeitung

Neue Spielekonsole:Microsoft präsentiert Xbox One

Der Nachfolger der Xbox 360 soll das gesamte Wohnzimmer einnehmen: Die Xbox One vereint Live-TV, Spiele und Videochat. Dafür hat Microsoft bei der Technik deutlich nachgebessert - neu ist vor allem die Sprachsteuerung. Ein Erfolg auf dem umkämpften Markt für Spielekonsolen ist für Microsoft besonders wichtig.

Von Benjamin Romberg und Daniel Wüllner

Xbox-Entwickler Don Mattrick beginnt die Präsentation der neuen Microsoft-Konsole mit einem Rückblick. Das ist keine schlechte Idee, wenn man bedenkt, dass die Veröffentlichung der Xbox 360 immerhin schon acht Jahre her ist. Von grünem Licht umgeben spricht Mattrick am Dienstagabend auf der Bühne im Microsoft-Hauptquartier in Redmond über die Anfänge der Microsoft-Konsolen. Dann wird es ernst. Jubel. Auf dem Bildschirm erscheint eine schwarze Kiste. Ihr Name: Xbox One.

Besonders über den Namen war vorab in Foren und Blogs diskutiert worden. Durango, Infinity, Xbox 720 - viele Titel waren durchs Netz gegeistert; keiner stimmte. Der Name der neuen Xbox ist nicht zufällig gewählt. One. Alles in einem. Das verspricht die neue Konsole. Ein Multimediacenter fürs Wohnzimmer. "Zum ersten Mal werden Sie und Ihr Fernseher eine Beziehung haben", verspricht Mattrick.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

  • Die Hardware ist natürlich leistungsstärker. In der schlichten schwarzen Kiste stecken ein Achtkern-Prozessor, 8 GB Arbeitsspeicher und eine 500 GB große Festplatte. Neu ist auch ein Blu-Ray-Player. Die Konsole verfügt außerdem über USB 3.0 und einen HDMI-Anschluss.
  • Drei Betriebssysteme vereint die Xbox One: Neben Xbox OS auch ein Windows-Kernel - das dritte System verbindet die beiden anderen miteinander. Windows 8 kommt also nicht zum Einsatz, wie vorab spekuliert worden war.
  • Die Bewegungssteuerung Kinect wird künftig gleich mitgeliefert - natürlich in einer verbesserten Version. Eine HD-Kamera kann bis zu 30 Bilder pro Sekunde aufnehmen und Bewegungen genauer wahrnehmen. Sogar der Herzschlag des Spielers ist messbar. Das Wichtigste: die neue Sprachsteuerung. Mit mündlichen Befehlen können Nutzer zwischen Live-TV, Spielen oder dem Videochat Skype hin- und herwechseln.
  • Der Controller hat sich äußerlich kaum verändert, er scheint nur etwas kleiner zu sein. Technisch wurde allerdings nachgebessert: 40 Details sollen neu sein, unter anderem können nun einzelne Knöpfe Feedback per Vibration geben.
  • Über die App Smart Glass können User die Xbox One mit anderen Geräten, beispielsweise einem Tablet, verbinden - und steuern.
  • Fernsehen, im Internet surfen und gleichzeitig mit einem Freund via Skype chatten - das soll die sogenannte Snapmode ermöglichen, die mehrere Anwendungen nebeneinander auf dem Bildschirm darstellen kann.

Die gute Nachricht für Spielefans: Es kommt nach langer Zeit mal wieder Bewegung in den Konsolenmarkt. Nintendo hatte bereits im November die Wii U herausgebracht, Sony Ende Februar die Playstation 4 vorgestellt - nun hat auch Microsoft nachgelegt. Mattricks Rückblick zu Beginn der Show zeigt noch einmal, wie sehr sich der Markt für Spielekonsolen seit der letzten Generation mit Xbox 360 und Playstation 3 gewandelt hat: Playstation, Xbox und Co. haben Konkurrenz bekommen. Viele Spieler nutzen inzwischen Tablets und Smartphones als alternative Gaming-Plattformen - auch Browserspiele auf dem PC erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.

Der Umsatz bei Spielekonsolen lag im vergangenen Jahr immerhin bei 27 Milliarden Dollar. Große Wachstumschancen sehen Marktforscher aber nicht mehr. Die Konsolenspiele sind im Vergleich zur Konkurrenz erheblich teurer - und die Unterschiede, beispielsweise bei der Grafik, werden zunehmend kleiner. Deshalb müssen die Konsolen inzwischen mehr bieten als noch vor einigen Jahren, deshalb versucht Microsoft - wie wohl auch Sony - gleich das ganze Wohnzimmer einzunehmen. Ein Gerät für alles. One.

Die neue Technik sorgt allerdings auch schon mal dafür, dass es bei der Bedienung der neuen "Super-Konsole" zu unfreiwillig komischen Momenten kommt. Microsoft-Marketingspezialist Yusuf Mehdi will bei der Präsentation die neue Sprachsteuerung vorführen. Um zum Startbildschirm zu gelangen, sagt er der schwarzen Kiste vor ihm auf der Bühne: "Xbox, go home!"

Entscheidungsgrund für jeweils eine der beiden Next-Generation-Konsolen Playstation 4 oder Xbox One werden vor allem die exklusiven Spieletitel sein. Aus diesem Grund hat Microsoft Andrew Wilson von Electronic Arts zur Präsentation eingeladen, der von einer "ganz speziellen Partnerschaft" zwischen den beiden Firmen spricht, anschließend vage in seinen Andeutungen bleibt und stattdessen die neue Grafik-Engine "Ignite" vorstellt. Ein grafisches Highlight ist der neueste Teil der Rennspielserie "Forza", der zeitgleich mit der neuen Xbox veröffentlich werden soll.

Zum Abschluss einer Reihe von Spielepräsentationen sprach noch der Entwickler Acitivison über seinen Erfolgs-Shooter "Call of Duty". Mit dem neuesten Titel "Ghosts" will das Unternehmen die Rechnerleistung der neuen Konsole voll ausnutzen. Auch hier fällt wieder das Wort "exklusiv", doch wird sich dieses Statement - wie auch bei EA - wohl nur auf einige exklusive Inhalte beziehen. Das einzige Versprechen auf Exklusivität, das der Käufer der neuen Xbox One erhält, ist die Tatsache, dass "Call of Duty: Ghosts" wohl zuerst auf der Xbox One downloadbar sein wird.

Für Microsoft ist ein Erfolg der neuen Xbox enorm wichtig. Auf dem Konsolenmarkt muss der Konzern Probleme in anderen Bereichen ausgleichen. Die Verkäufe des im Herbst eingeführten Windows 8 laufen schleppend - mancher Analyst gibt dem neuen Betriebssystem sogar die Schuld an dem beispiellosen Einbruch, der den PC-Markt zuletzt erschütterte. Die Unzufriedenheit vieler Nutzer mit den radikalen Neuerungen bei Windows 8 hat den Konzern bereits zur Kehrtwende gezwungen: Noch im laufenden Jahr soll eine überarbeite Version des Betriebssystems auf den Markt kommen, die wohl einige Änderungen rückgängig machen wird.

Auch auf dem Tablet-Markt hängt Microsoft den Konkurrenten hinterher: Der Anteil des Surface an den Gesamtverkäufen ist im Vergleich zu Apples iPad und den Android-Geräten von Google verschwindend gering.

Die Hoffnung, auf dem Konsolenmarkt erfolgreich zu sein, ist bei Microsoft nicht unberechtigt. Die 2005 erschienene Xbox 360 hat sich nach Angaben des Unternehmens bislang etwa 76 Millionen Mal verkauft. Sie liegt damit nur knapp hinter Sonys Playstation 3, die allerdings ein Jahr später herauskam. Einen Vorsprung wollen sich die Konkurrenten dieses Mal nicht geben: Zu einem Termin für den Verkaufsstart hieß es bei der Xbox-Präsentation zwar nur "später in diesem Jahr", doch dürfte sie ebenso wie die Playstation 4 pünktlich zum Weihnachtsgeschäft in die Läden kommen.

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