Neue Spiele auf der Gamescom:Das liebenswerteste Haustier der Playstation-Geschichte

The Last Guardian

Trico ist sieben Meter groß und schießt Blitze - der Junge, den der Spieler steuert, freundet sich trotzdem mit ihm an.

(Foto: Sony / PR)

Trico ist sieben Meter groß, kann fliegen und verschießt Blitze. Und doch muss man die Hauptfigur von "The Last Guardian" einfach gern haben.

Von Matthias Huber, Köln

Ein abgebrochener Speer ragt aus einem gefiederten Körper. Die Stimme eines Mannes erzählt: "Ich weiß nicht, was passiert ist oder wie ich in diesen Höhle gelangt bin." Ein Junge liegt auf dem Felsboden, schlägt gerade die Augen auf und sagt. "Doch als ich erwachte, sah ich zuerst dieses gewaltige, menschenverschlingende Wesen."

Das Wesen, um das es in "The Last Guardian" geht, heißt Trico, eine Mischung aus Drache, Löwe und Vogel - und ist wohl das liebenswerteste Digitalgeschöpf, das es bislang auf die Playstation 4 geschafft hat. Der haushohe Kleine ist zu Beginn des Spiels in Ketten gelegt und schwer verwundet, faucht den neugierigen Jungen mit letzter Kraft an, wenn dieser zu nahe kommt. Bis es dem Kind gelingt, an dem riesigen Kopf vorbei zum Hinterbein zu schleichen und den abgebrochenen Speer aus der Wunde zu ziehen. Der Beginn einer Kleiner-Junge-und-sein-Haustier-Freundschaft wie einst zwischen Timmy und Lassie, nur dass Lassie in diesem Fall sieben Meter groß ist und fliegen und Blitze verschießen kann.

Hinter The Last Guardian steckt der Entwickler von Shadow of the Colossus

Fumito Ueda, der verantwortliche Entwickler von The Last Guardian, hat vor einigen Jahren mit "Ico" und "Shadow of the Colossus" zwei der besten und ungewöhnlichsten Spiele für die Playstation 2 veröffentlicht. Wenn man an The Last Guardian etwas kritisieren will, dann ist es die Technik: Grafisch macht es nicht den Eindruck, als seien seit der letzten HD-Version von Shadow of the Colossus wirklich schon fünf Jahre vergangen. Was aber viel mehr wiegt: The Last Guardian, so viel scheint nach den ersten 45 Minuten des Spiels bereits klar, ist ein typisches Ueda-Spiel, und ein größeres Kompliment kann man kaum machen.

Die Interaktion zwischen dem Jungen - die Figur des Spielers - und dem kolossalen Trico ist rührend. Der verwundete Riese windet sich vor Schmerzen und zittert vor Angst, wenn sich der Spieler dem Speer nähert. Die herbeigebrachten Futterfässer verschlingt Trico anfangs erst, wenn der Junge einige Meter weit weg ist. Es braucht eine Viertelstunde vorsichtiger Annäherung, bis Trico genug Zutrauen gefasst hat, um den Jungen an seinen Hals und damit auch den Verschluss der schweren Kette zu lassen. Später - das ungleiche Gespann ist gemeinsam durch ein paar Gänge des labyrinthartigen Höhlensystems geschlichen - steht Trico wimmernd vor einem See und traut sich nicht ins Wasser. Erst, als ein paar Futterfässer auf der Oberfläche schwimmen, lässt sich der Gigant in den See fallen, dessen Wasser ihm ohnehin kaum zu den Knien reicht.

Kein gewöhnliches Computerspiel

In Ico begleitete ein von Geistern verfolgtes Mädchen die Spielfigur durch eine mysteriöse Fantasywelt, in Shadow of the Colossus war es das Pferd Agro. Der Spieler konnte beide Figuren nicht direkt steuern, sondern musste sie durch seine Aktionen behutsam dazu bringen, ihm zu helfen. Trico mag mächtiger sein als seine Vorgänger, aber er ist auch widerspenstiger und besitzt noch mehr eigene Persönlichkeit.

Wie alle Ueda-Spiele ist The Last Guardian kein gewöhnliches Game. Es beeindruckt nicht mit fotorealistischer Grafik, sondern entwickelt seine Charaktere und erzählt Geschichten. Es teilt die Welt nicht ein in Gut und Böse, sondern bleibt ambivalent und stellt Fragen. Nicht zuletzt: Wer beschützt in The Last Guardian - "Der letzte Beschützer" - eigentlich wen?

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