Neue Multimediahandys:Die Stunde der Verfolger

Auch zwei Jahre nach Markteinführung setzt das iPhone den Maßstab. Aber die Konkurrenz holt auf - allen voran das Pre von Palm, das gegenüber dem Apple-Handy einen großen Vorteil hat.

H. Martin-Jung

Die einen fragen, wieso man um ein Mobiltelefon nur einen solchen Wirbel macht. Die anderen kaufen das iPhone einfach oder würden es wenigstens gerne tun, wenn es nur nicht so teuer wäre. Unbestritten aber ist es ein Phänomen, dass es einer Firma, die auf diesem Gebiet keinerlei Erfahrung hatte, gelungen ist, bei den Multimedia-Geräten den Standard zu setzen.

Neue Multimediahandys: Drahtlose Ladestationen, Fernsehempfang und lange Akkuzeiten - die neuen Mobiltelefone von Nokia, HTC und LG konkurrieren mit dem iPhone.

Drahtlose Ladestationen, Fernsehempfang und lange Akkuzeiten - die neuen Mobiltelefone von Nokia, HTC und LG konkurrieren mit dem iPhone.

(Foto: Foto: Reuters)

Dass die Frage auch im eben angebrochenen Jahr drei nach dem Verkaufsstart des Apple-Handys lautet, ob es ein Gerät gibt, das ihm Paroli bieten kann, spricht nicht unbedingt für die Industrie. Aber die Konkurrenz holt auf.

Das schlicht Pre genannte Handy von Palm steht dabei ganz vorne. Es hat einen berührungsempfindlichen Bildschirm, bringt aber auch eine vollwertige Tastatur mit, die sich nach unten herausschieben lässt. Trotz alledem gelang es den Ingenieuren und Designern, das Gehäuse handlich und das Gerät insgesamt akzeptabel leicht zu gestalten.

Ladestation funktioniert drahtlos

Das Pre baut auf ein von Palm selbst entwickeltes Betriebssystem namens WebOS. Es bietet eine Oberfläche, die sich ohne großes Vorwissen erschließt und vielfach auf gewohnte Gesten setzt, die man mit dem Finger auf dem reaktionsschnellen Bildschirm ausführt. Man kann damit sogar Webseiten größer und kleiner zoomen - genauso wie auf dem iPhone.

Im Gegensatz zum iPhone können auf dem Pre mehrere Programme gleichzeitig geöffnet sein. Palm, eine Firma, die schließlich ihren Ursprung bei Taschencomputern zur Terminverwaltung hat, legte zudem Wert darauf, dass sich E-Mail-Zugänge und Kalender komfortabel verwalten lassen. Gag am Rande: Die elegante Ladestation funktioniert drahtlos wie bei einer elektrischen Zahnbürste. Zum Weihnachtsgeschäft soll es das Pre auch in Deutschland geben.

Neue Programme dank offenem Quellcode

Netzpartner ist O2, man kann das Handy aber auch nur dort kaufen und in einem anderen Netz betreiben, eine Sperre ist nicht vorgesehen. Der Preis steht noch nicht fest, soll aber O2 zufolge unter dem des iPhones liegen. Nachteil des Pre: Es gibt für das Gerät noch kaum Zusatzprogramme. Diese sogenannten Apps aber machen für viele iPhone-Besitzer ihr Telefon erst interessant. Bis Weihnachten will Palm nachliefern und hofft dabei auf die Programmierer, die einst zahlreiche Anwendungen für Taschencomputer schrieben.

Da sind diejenigen Hersteller schon weiter, die auf das von Google entwickelte Betriebssystem Android setzen. Dort füllt sich der Internet-Laden für Programme ständig, da Google klugerweise den Quellcode von Android freigegeben hat und Programmierer so schalten und walten können. Die Apps sind das eine, wie die Hardware-Hersteller das Betriebssystem einsetzen, ist eine andere Frage. Der von Google ins Leben gerufenen Open Handset Alliance waren damals eine ganze Reihe prominenter Hersteller beigetreten, Geräte gibt es bislang aber nur von wenigen.

Auf der nächsten Seite: Welches Handy digitales Antennenfernsehen empfängt

Mobiltelefone von Nokia, HTC und LG

Als erster war HTC aus Taiwan mit dem von T-Mobile vertrieben G1 auf dem Markt. Beim G1 gefiel der Touchscreen, dem eigentlich nur die Zoomfunktion für den Browser fehlt. Inzwischen gibt es auch das G2, das im Gegensatz zum G1 keine Ausziehtastatur hat, dafür aber Videos aufzeichnen kann. Außerdem bietet es eine längere Akkulaufzeit. Es wird von Vodafone unter dem Namen Magic angeboten.

Samsung, nach Nokia zweitgrößter Handyhersteller der Welt, hat soeben das dritte Android-Telefon herausgebracht. Das Galaxy gibt es bei O2. Es überzeugt vor allem mit seinem sehr scharfen Bildschirm. Mit dem Hero von HTC steht das vierte Android-Handy in den Startlöchern.

Interessante Geräte gibt es daneben beispielsweise von LG. Das KB770 bringt einen Empfänger für digitales Antennenfernsehen (DVB-T) mit. Es lässt sich gut bedienen, der Akku hält auch bei Dauerglotzen ein Fußballspiel lang durch. Der Blackberry Bold von RIM hat zwar keinen Berührungsbildschirm, bietet aber Multimediafunktionen in Hülle und Fülle.

Vorbild bleibt das iPhone

Hersteller wie HTC und andere haben außerdem Geräte mit Windows Mobile im Angebot. Dabei kommt man aber mit dem Touchscreen alleine oft nicht zum Ziel. Hier müsste Microsoft nachlegen.

Das gilt auch für Nokias neues Flaggschiff N97. Mal muss man zweimal auf den Schirm drücken, mal nur einmal. Webseiten lassen sich nur über einen Laufbalken verschieben und werden oft kaum leserlich dargestellt - am Ende summieren sich solch ärgerliche Kleinigkeiten eben und es hilft dann auch wenig, dass Nokia wirklich alles in das gerade noch handliche Gerät gepackt hat, was die Technik derzeit hergibt.

Vorbild nahezu aller MultimediaHandys mit Touchscreen bleibt Apples iPhone. Mittlerweile in der dritten Hardwareversion verfügbar und mit renoviertem Betriebssystem, lässt es wirklich nur noch wenige Funktionen vermissen. In der Bedienung war es schon immer vorbildlich. Das iPhone 3GS läuft sehr schnell, das Betriebssystem bietet endlich lange Vermisstes wie Kopieren und Einfügen. Als Manko bleibt, dass sich mehrere Programme nicht gleichzeitig starten lassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: