Süddeutsche Zeitung

Neue Internetverbindungen:Ostafrika online

Kenia wird per Glasfaserkabel mit dem Internet verbunden - die ganze Region hofft nun auf wirtschaftlichen Aufschwung.

Arne Perras

Ein schwarzer Wurm kriecht nun in Mombasa aus der Tiefsee herauf aufs Land. Aber kein Kenianer braucht ihn zu fürchten. Viele haben ihn sogar sehnlich erwartet. Gilt er doch als Vorbote einer ganz neuen Ära, die nun auch das östliche Afrika erfasst. Denn innen drin in diesem Wurm aus Kunststoff verläuft ein Glasfaserkabel. Das braucht man, um die Region endlich anzuschließen an die großen Datenautobahnen der Welt.

Der Gebrauch des Internet in Ostafrika dürfte mit dem Kabel einen gewaltigen Schub bekommen, in absehbarer Zeit wird der Zugang ins Netz wesentlich billiger und komfortabler sein. Bislang ist das Internet in Ostafrika nur via Satellit zu haben, was sehr teuer ist. Die neuen Verbindungen verbessern den Datentransport und eröffnen so auch Chancen für den Aufbau neuer Unternehmen und Arbeitsplätze am Äquator.

Genau genommen sind es drei Kabel, die demnächst Ostafrika mit dem Rest der Welt verknüpfen. Das erste gehört dem Unternehmen Seacom und ist schon in Mombasa angekommen. Es wird nicht nur Kenia versorgen, sondern soll auch mit Uganda, Ruanda und Tansania weiter vernetzt werden. Einen zweiten Strang verlegt gerade die Gruppe "East African Marine Systems" (TEAMS), Kenias Präsident Mwai Kibaki hat das Projekt vergangene Woche feierlich gestartet.

Allerdings ist dieses Kabel noch nicht verbunden, sondern es wird derzeit von einem Schiff abgerollt, das Mombasa Richtung Arabien verlassen hat. Von dort ist ein zweites Schiff mit dem anderen Ende des Kabels unterwegs, in einigen Wochen werden sich beide auf dem Ozean treffen, dann verknüpfen sie die Enden, und auch diese Verbindung müsste dann stehen. Schließlich kommt noch ein dritter Strang dazu, das so genannte "East African Marine Cable System" (EASSy).

Bislang sind nur einige Staaten entlang der afrikanischen Westküste über ein Ozeankabel an Europa angebunden. Das sogenannte "SAT-3/Safe" reicht aber nur bis zum Kap. Der Osten Afrikas ging leer aus, aber in wenigen Wochen wird die vernachlässigte Region am Indischen Ozean nun enger mit dem Rest der Welt verbunden sein als je zuvor.

Kenias Präsident Mwai Kibaki misst den Kabeln eine ähnliche Bedeutung zu wie dem Bau der ostafrikanischen Eisenbahnen vor hundert Jahren. Damals weiteten die Kolonialmächte mit ihren Lokomotiven die Handelskorridore ins Innere des Kontinents aus, wo sich zuvor nur Karawanen durch Wälder, Berge und Savannen mühten.

Nun wird also eine neue Stufe der Globalisierung im Osten Afrikas erreicht, und daraus dürften sich auch interessante Geschäfte ergeben, glaubt Hans Härdtle, Chef von Infocom, dem führenden Internetanbieter in Uganda. Dann wird man vielleicht auch in Nairobi, Kampala oder Kigali mit Call-Centern Geld verdienen können, oder das Online-Shopping ausweiten. Doch auch für die Bildung ergeben sich neue Perspektiven, Afrikas Schulen und Universitäten werden künftig ganz anders mit Partnern in Europa, Asien oder Amerika kommunizieren können als bisher.

Noch sind passable Internet-Verbindungen für die meisten Afrikaner unerschwinglich - sie kosten bis zu 50 Mal so viel wie in Europa oder den Vereinigten Staaten. Etwa 30 000 Internet-Anschlüsse gibt es derzeit in Uganda, einem Staat mit 32 Millionen Einwohnern. Das wird sich wandeln, aber vielleicht nicht ganz so schnell, wie manche es vermuten. Solange nämlich nur eines der Ozeankabel nutzbar ist und Anbieter den Satelliten zur Absicherung für Ausfälle beibehalten, werden die Preise kaum fallen.

Erst wenn mindestens zwei Kabel voll in Betrieb gehen, könnten die Kosten auf etwa ein Drittel sinken, sagt Internet-Experte Härdtle. Mit Billigpreisen wie in den Industrieländern sei aber auf absehbare Zeit in diesem Teil Afrikas gar nicht zu rechnen. Denn die Investitionen müssten ja erst hereingeholt werden. Das Verlegen eines solchen Tiefseekabels kostet etwa 600 bis 700 Millionen Dollar.

Während Seacom allein von privaten Investoren getragen wird, gibt es bei den anderen Projekten auch staatliche Beteiligungen, etwa aus Kenia, Uganda oder Ruanda. Ins Geschäft drängen Investoren aus aller Welt, aus Amerika wie aus Asien, Arabien und Europa. Offenbar ist das Vertrauen in das Wachstum des afrikanischen Internet-Marktes groß.

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SZ vom 16.06.2009/mri
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