Nano-Speicherchips:Nie mehr hochfahren

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Es könnte alles viel schneller gehen: Mit neuen Nano-Speicherchips soll man Computer aus- und anschalten wie Glühbirnen.

Helmut Martin-Jung

Die einfachsten Fragen sind oft die schwersten. Warum Computer zwar immer schneller werden, aber erst minutenlang hochfahren müssen, wenn man sie einschaltet, ist eine davon. Experten knabbern schon lange daran. Nun haben Forscher des Computerkonzerns Hewlett Packard (HP) eine Entdeckung gemacht, die das dramatisch ändern könnte. Computer könnten dann ein- und ausgeschaltet werden wie eine Glühbirne.

Schnell wie eine Glühbirne sollen Rechner der Zukunft einzuschalten sein. Teile einer neues Technik, die dies ermöglichen soll, haben Wissenschaftler aus Kalifornien jetzt vorgestellt. (Foto: Foto: ap)

Bislang kämpften die Entwickler von Computern mit dem Problem, dass der auf der Platine aufgesteckte schnelle Speicher aus Siliziumchips, mit dem der Computer rechnet, alles vergisst, sobald man den Strom abschaltet. Andere Speicherverfahren, beispielsweise Festplatten, können Informationen zwar ohne Strom behalten, sind aber viel langsamer. Nach dem Einschalten eines Rechners muss daher erst eine Menge Information vom Festplatten- in den Arbeitsspeicher geladen werden.

Der Prototyp des Bausteins, den die Gruppe um Stanley Williams vom HP-Forschungslabor in Palo Alto, Kalifornien, im Wissenschaftsmagazin Nature (Band 453, 2008, S.80) nun vorgestellt hat, könnte beides verbinden - Schnelligkeit und die Haltbarkeit von Daten auch wenn die Stromzufuhr abgeschaltet ist.

In der Elektronik gibt es bis dato neben den aktiven Transistoren drei passive Elemente: Widerstände, Kondensatoren und Spulen. Bereits 1971 hatte Leon Chua von der University of California, Berkeley, jedoch theoretisch vorausgesagt, es müsse ein viertes passives Element geben, den Memristor. Das ist eine Kombination von Memory (Speicher) und Resistor (Widerstand). Ein Baustein also, der sich merken kann, welche Spannung man an ihn angelegt hat. Ein entsprechender Effekt ist zwar schon länger bekannt, war bisher aber zu klein, um ihn nutzen zu können. Der Trick von Williams und Kollegen: Bei ihrem Memristor, der wie ein Sandwich aus zwei Schichten Platin und mit Titanoxid dazwischen besteht, ist die mittlere Schicht nur wenige Atome dünn, und in dieser Mikrowelt gelten andere Gesetze - der Speichereffekt ist viel größer als der eines normalen Transistors. Memristoren könnten damit Funktionen von Transistoren übernehmen, wären aber viel kleiner. Die Leistung von Computern könnte somit noch lange Zeit weiter steigen.

Die Forscher sind aber auch überzeugt, dass Memristoren die Möglichkeiten bieten, nicht nur mit Einsen und Nullen zu rechnen wie bisher, sondern "in allen Schattierungen von Grau", wie Stanley Williams sagt. Computerchips würden damit das Verhalten von Synapsen im Gehirn nachahmen und auch Entscheidungen fällen können. Bevor es soweit ist, müssen die neuen Winzig-Bauteile allerdings erst zeigen, dass sie massenweise billig herzustellen sind und zusammen auch funktionieren. "Wenn das passiert", urteilen James Tour und Tao He, Nanotechnologen von der Universität Houston, Texas, in einem Nature-Kommentar, "dann wird das Rennen um immer kleinere Geräte voll in Gang kommen."

© SZ vom 6.5.2008/sam - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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