Namen im Internet:Mich gibt's nur einmal

Wer einen Allerweltsnamen hat, ist im Internet halbwegs vor Enttarnung sicher. Leider haben Eltern vor 20 Jahren das noch nicht gewusst - ein Selbstversuch.

Barbara Vorsamer

Alle Welt googelt - nicht nur der schnellen Infos wegen. Immer mehr Menschen nutzen Suchmaschinen auch, um einen heimlichen Blick ins Leben ihrer neuen Partner, ehemaligen Banknachbarn oder Jobbewerber zu erhaschen.

Namen im Internet: Der Fingerabdruck im Netz ist der Name.

Der Fingerabdruck im Netz ist der Name.

(Foto: Foto: dpa)

Da hat Glück, wer, sagen wir mal, Matthias Becker heißt. Bei den 45.500 Treffern, die Google für diesen Namen anbietet, klickt sich keiner bis zu der Peinlichkeit auf Seite 3984 durch.

Außerdem haben es Neugierige schwer, überhaupt Seiten zu finden, die zur gesuchten Person gehören. Per Google lässt sich kaum rausfinden, ob der Becker aus dem Abiturjahrgang nun inzwischen Frauenarzt in Sigmaringen, Banker in Leipzig oder Chorsänger geworden ist.

Von Bewerbern ist diese Info bekannt und kann mit in die Suchmaske eingegeben werden. Doch wer "Matthias Becker" und "Frauenarzt" eingibt, hat das Trefferfeld damit bereits auf den beruflichen Bereich eingegrenzt. Partyfotos und intime Blogeinträge werden gar nicht erst gefunden.

Wer einen Allerweltsnamen hat, ist im Internet halbwegs vor Enttarnung geschützt. Vorsicht ist allerdings trotzdem noch geboten. So sollten sensible Information nicht mit eindeutig zuordbaren Daten wie zum Beispiel der E-Mail-Adresse oder einem Online-Profil kombiniert werden.

Diesen Fehler hat zum Beispiel der CDU-Politiker Thomas Müller aus Hessen gemacht, der bei StudiVZ Mitglied in den Gruppen "Nach Frankreich fahr ich nur auf Ketten" und "Krieg ist scheiße aber der Sound ist geil" war. Die CDU verstand seinen Humor nicht und enthob Müller seiner Ämter.

Malte Landwehr, Blogger zum Thema Online-Identität, betont daher: Wer unbedingt das Netz für das Publizieren von Knutschfotos und Tagebucheinträgen nutzen will, soll das unter einem Phantasienamen tun, der auch nur mit einer ansonsten nicht genutzten E-Mail-Adresse verbunden ist.

Warum das besonders für Leute gilt, die einen seltenen Namen haben, hat unsere Autorin im Selbstversuch herausgefunden.

Mich gibt's nur einmal

Besonders vorsichtig muss im Internet sein, wer einen seltenen Namen hat. "Barbara Vorsamer" zum Beispiel: Auf 477 Seiten (Stand: 10.12.2008) findet Google meinen Namen. Und fast jede davon hat tatsächlich was mit mir zu tun.

Das ist laut Landwehr gut und schlecht zugleich: "Der Vorteil eines seltenen Namens ist im Internet: Sie werden besser gefunden. Der Nachteil ist: Sie werden besser gefunden."

Den ersten Treffer landet Google bei der Business-Plattform Xing, wo ich dummerweise vergessen habe, mein Profil für Suchmaschinen zu sperren. Macht aber nichts - mein beruflicher Werdegang ist mir nicht peinlich. Auch das Netzwerk Stayfriends hat mich gelistet, obwohl ich dort seit Jahren nicht mehr bin. Merke also: Online-Aktivitäten wieder ungeschehen zu machen, ist umständlich, langwierig und manchmal unmöglich.

Google findet auch ein paar meiner Artikel. Nach welcher Logik die Suchmaschine die auswählt, ist mir jedoch unklar: So landet ganz oben ein (mehr als zwei Jahre alter) Text über die Online-Welt Second Life. Es folgen Geschichten über den Dalai Lama und den Internetwahlkampf von Senator John Edwards.

Außerdem beweist das Internet, was es für ein Elefantengedächtnis hat: Meine Trefferparade erinnert mich daran, dass ich mich 1999 bei einer Podiumsdiskussion für die doppelte Staatsbürgerschaft eingesetzt habe und irgendwann in einem Film namens "Toxic" Statistin war. Das hatte ich schon längst vergessen und den Film habe ich auch nie gesehen.

Der erste private Treffer kommt auf Platz 27: sproose.com, eine mir bisher unbekannte Suchmaschine jubelt Google die Homepage meiner Familie unter. Auf der gibt es Bilder aller Vorsamers - aber kaum Infos. Und das ist auch gewollt so. Aus meinem Privatleben will ich dem Netz nicht viel verraten, gerade weil ich weiß, wie leicht es zu finden ist.

Deswegen bin ich nicht Mitglied bei StudiVZ oder den Lokalisten und habe noch nie im Netz über den Sex mit dem Ex gebloggt - zumindest nicht unter meinem richtigen Namen. Denn egal ob häufiger oder seltener Name: Im Internet gibt es keine Privatsphäre.

Am Schluss und am Rande noch ein Hinweis darauf, wie irreführend das Netz sein kann. Google glaubt nämlich, ich sei prominent. Die Website http://deutsche-prominenz.de nennt hundert Personen der Medienprominenz, darunter bin auch: Ich. In einer Reihe mit Anne Will, Elke Heidenreich und Gerhard Delling.

Bei allem, was man also tun kann, um seinen virtuellen Ruf zu schützen oder zu pflegen: Am Ende ist man immer noch darauf angewiesen, dass auch der, der googelt, dabei noch nachdenkt.

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