Musik aus dem Netz:Spiel's kostenlos, Sam

Wer aus dem Netz Musik laden will, ohne dafür Geld auszugeben, muss keine illegalen Umwege gehen. Zahlreiche Websites bieten ihre Dienste an - kostenlos.

D. Schöneberg

Der Sündenfall geschah Anfang der achtziger Jahre. Aber als die Industrie damals die CD als Nachfolger für die Langspielplatte einführte, ahnte kaum jemand, dass gut ein Jahrzehnt später Technik bereitstehen würde, mit deren Hilfe sich die nunmehr digital vorliegenden Inhalte nicht bloß kopieren, sondern auch in guter Qualität übers World Wide Web verschicken lassen würden.

Musik aus dem Netz: Musik-Webseiten helfen dabei, neue Künstler zu entdecken.

Musik-Webseiten helfen dabei, neue Künstler zu entdecken.

(Foto: Foto: dpa)

Jahrelang konnten sich die Plattenbosse daher mit dem Internet nicht anfreunden. Sie machten dessen Nutzer, die sich über Online-Tauschbörsen illegal mit Musik versorgten, für sinkende CD-Verkaufszahlen verantwortlich. Es gab Klagen und aggressive PR-Kampagnen. Inzwischen ist vieles anders: Im Netz lassen sich Millionen Musiktitel abspielen - kostenlos und sogar mit dem Segen der Plattenfirmen.

Webseiten wie imeem.com, deezer.com, last.fm oder roccatune.com verwandeln das Internet in eine Jukebox. Mit Hilfe ihres Internet-Browsers können Nutzer in Musiksammlungen mit Millionen von Titeln stöbern und diese jederzeit abspielen. In den Archiven finden sich nicht nur aktuelle Pop- und Rock-Hits aus den Charts: Auch für Freunde von Jazz, Klassik, Schlager oder volkstümlicher Musik gibt es Angebote en masse. Um die Titel abzuspielen, müssen Besucher der Seiten sich lediglich mit einer E-Mail-Adresse anmelden.

Statt im CD-Regal zu kramen, geben Musikfreunde einfach den Namen ihrer Lieblingskünstler in ein Suchfeld ein. Die Dienste liefern dann eine Liste mit verfügbaren Titeln. Per Mausklick lassen sich einzelne Lieder oder komplette Alben abspielen sowie aus beliebigen Stücken Wiedergabelisten zusammenstellen. Manche Angebote schlagen auch noch Musik von Künstlern vor, die ähnliche Musik machen.

Noch komfortablere Bedienung verspricht ein neuer Dienst, der demnächst in Deutschland starten soll: Bei Spotify wählen Nutzer ihre Musik nicht im Browserfenster aus, sondern installieren ein Zusatzprogramm auf ihrem Rechner. Dessen Benutzeroberfläche erinnert an bekannte Software zum Abspielen von Musik wie Apple iTunes oder Windows Media Player von Microsoft. Doch statt von der Festplatte lädt das Programm die Musikstücke aus dem Internet.

Weil Dienste wie Spotify mit immer mehr Plattenfirmen Verträge abschließen, wächst die Zahl der online vorrätigen Titel kontinuierlich. Da auch die vier Großen der Branche, Warner Music, Universal, Sony BMG und EMI, inzwischen eine Veröffentlichung der Musik ihrer Künstler auf den Plattformen erlauben, ist die Auswahl riesig.

Neue Musik entdecken

"Wir sehen die Veröffentlichung der Titel nicht zuletzt als Werbung für unsere Künstler: Das Internet kann viel dazu beitragen, dass Musiker bekannter werden", sagt Daniel Knöll, Sprecher des Bundesverbandes der Musikindustrie. Tatsächlich helfen die Musik-Webseiten dabei, neue Künstler zu entdecken: So bekommen Nutzer etwa Empfehlungen abhängig davon, welche Musik sie vorher gehört hatten oder können die Musik aus Wiedergabelisten genießen, die andere Musikliebhaber veröffentlicht haben.

Doch für die Plattenfirmen sind die Musikseiten nicht nur eine Werbeplattform, sondern auch eine zusätzliche Einnahmequelle. Die Betreiber der Webdienste beteiligen Plattenfirmen an ihren Einnahmen, die sie vor allem mit Werbung erzielen. Wer bei den Diensten kostenlos Musik hören will, muss blinkende Banner in Kauf nehmen, manchmal auch Werbespots zwischen den Liedern.

Neben den legalen Angeboten findet sich im Netz aber auch immer noch eine Reihe von vergleichbaren Angeboten, die Musik ohne die Erlaubnis der Plattenfirmen anbieten. Internetnutzer sollten spätestens dann misstrauisch werden, wenn auf einer Seite auch ein kostenloser Download der Musikdateien angeboten wird. Bei den legalen Diensten fließt die Musik als kontinuierlicher Datenstrom auf die Rechner; es handelt sich um sogenannte Streams, die nicht ohne weiteres auf der Festplatte abgespeichert werden können. Auf einen MP3-Player überspielen und unterwegs anhören lässt sich die Gratis-Musik daher eigentlich nicht.

Kein glasklarer Klang

Allerdings sind im Netz zahlreiche Programme kostenlos verfügbar, mit deren Hilfe die legal angebotenen Streams mitgeschnitten werden können. Von den Betreibern der Seite ist das eigentlich nicht vorgesehen. "Wenn Internetnutzer solche Streams abspeichern, fällt das unter das Recht auf Privatkopie", sagt Thomas Hoeren, Experte für Internetrecht von der Universität Münster. "Musikfreunde können die Datei unbesorgt auf ihren MP3-Player überspielen oder auf eine CD brennen." Verboten sei es hingegen, die Musik zu verkaufen oder über Tauschbörsen zu verbreiten. Andere Rechtsexperten sind da vorsichtiger, Gerichtsentscheide zu diesem Thema stehen aber noch aus.

Glasklaren Klang wie beim Abspielen von CDs dürfen Musikliebhaber aber von den meisten der Internetangebote nicht erwarten. Sie alle müssen bei der Übertragung ihrer Musik auf komprimierte Audioformate wie MP3 setzen. Dadurch müssen bei der Übertragung weniger Daten transportiert werden - das ist billiger, gleichzeitig leidet aber auch die Klangqualität, weil bei der Kompression Störgeräusche dazukommen. Für normale Ohren ist der Klang aber vollkommen zufriedenstellend. Als erste Wahl für Audiophile bleibt die CD aber vorerst ein fester Bestandteil der digitalen Welt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: