Moritz Bleibtreu in "Just Cause 3":"Dick auftragen macht mir sehr viel Spaß"

Moritz Bleibtreu in "Just Cause 3": Moritz Bleibtreu spricht den digitalen Actionhelden Rico Rodriguez im Spiel "Just Cause 3".

Moritz Bleibtreu spricht den digitalen Actionhelden Rico Rodriguez im Spiel "Just Cause 3".

(Foto: Square Enix/PR)

Ächzen, Rumschreien, Ballern: Moritz Bleibtreu spricht die Hauptrolle in der deutschen Version des Actionspiels "Just Cause 3". Ein Gespräch über Videospiele, Anime und neue Erzählformen.

Von Jan Bojaryn

"Der Tod kommt von oben", muss er raspeln. Oder "Ameisen - und ich bin die Lupe." Das Spiel "Just Cause 3", das Anfang Dezember für Playstation 4, Xbox One und PC erscheint, ist nicht besonders ernst gemeint. Die beiden Vorgänger gelten zwar als gute Actiontitel, erzählerisch erreichten sie aber nicht einmal B-Movie-Niveau. Die Just-Cause-Reihe macht mit 80er-Jahre-Actionfilmen wie "Phantom Kommando" etwa das, was GTA mit Gangsterfilmen macht: Sie strickt um ein hanebüchenes Setting in irgendeiner Bananenrepublik Actionsequenzen, in denen das Spektakel weit wichtiger ist als der Sinn. Protagonist Rico Rodriguez blieb deshalb auch nicht für seine sprachlichen Äußerungen im Gedächtnis, sondern weil Spieler mit ihm beispielloses Chaos anrichten konnten. Er vollführte Stunts mit Gleitschirm und Greifhaken, schoss dabei wild um sich. Jetzt, im dritten Teil der Spieleserie, leiht ihm Moritz Bleibtreu seine Stimme.

SZ: Sie spielen Rico in "Just Cause 3". Ist so etwas eine schauspielerische Herausforderung?

Moritz Bleibtreu: Nee, das ist eine kindsköpfige Herausforderung. Das ist in weitem Sinne schon schauspielerische Arbeit. Was ich bei Just Cause super fand, ist diese leichte Überhöhung von allem. Alles ist ein bisschen zu bunt, alles ist ein bisschen zu schnell, zu grell. Das macht mir persönlich sehr viel Spaß. Da geht es bei der Vertonung nicht darum, authentisch zu klingen.

Wurden Sie für die Rolle nach dem Aussehen gecastet?

Das müssen Sie die Leute fragen, die mich gecastet haben.

Und wenn man Ihnen den Vorschlag gemacht hätte, dass Rico in der deutschen Version so aussieht wie Sie?

Ja natürlich, sofort! Aber das liegt wirklich in ferner Zukunft. Die Herstellungskosten für so ein Spiel sind ja immens hoch. Es gibt vielleicht wirklich eines Tages das Spiel mit Tom Cruise. Aber da müssen neue Interessengemeinschaften zusammen kommen. Titel wie GTA zeigen ja, dass es keinen Bedarf gibt, einem Filmstar Millionen in den Hals zu stecken. Bei Nescafé-Werbung rentiert sich das. Bei Just Cause muss man das nicht machen.

In "Battlefield 4" waren Sie auch schon dabei. Wollen Sie jetzt öfter in Videospielen auftreten?

Das weiß ich nicht, das liegt ja nicht in meinem Ermessen. Aber das gab es früher so nicht. Auch in Animes ist das ja neu. Da ging es lange nur um die Qualität der Stimmen. Und dann ist man auch in Deutschland darauf gekommen, mit den Stimmen bekannter Schauspieler zu arbeiten, wie in den USA. Und die Arbeit am Anime ist für Schauspieler in etwa gleich wie beim Videospiel.

Sie stehen genauso in der Kabine und sprechen.

Und die Sätze sind ein bisschen kürzer.

Nur dass Sie bei "Just Cause 3" so tun müssen, als würde auf Sie geschossen.

Ja, da musst du fünfundzwanzigmal ächzen und rumschreien und Adlibs liefern.

Dick auftragen?

Genau. Dick auftragen. Und das macht mir sehr viel Spaß an der Sache.

"Mit Glamour hat das nicht viel zu tun"

Wie viel Aufwand war die Synchronarbeit?

Das waren drei Tage. Aber ich bin mittlerweile geschult. Dann ist das schnell gemacht. In dem Spiel gibt es keine großen Dialoge, sondern eher Oneliner.

Drei Tage lang Oneliner vortragen. Das soll Spaß machen?

Der reine Arbeitsablauf beim Synchronisieren hat nicht viel mit Glamour zu tun. Das ist Tunnelblick-Arbeit. Das erfordert viel Konzentration und du siehst kein Tageslicht - es gibt schon schönere Arbeitsplätze.

Haben Sie die Sprecher der anderen Rollen getroffen?

Ich war immer alleine.

Klingt schwierig. Gutes Schauspiel entsteht doch auch aus dem Zusammenspiel, oder?

Ja, wobei Synchronsprechen wirklich etwas anderes ist. Das ist ein völlig eigener Sport. Wenn es darum geht, eine Vorlage zu vertonen, muss man bestimmte künstlerische Mittel nutzen, um dahin zu kommen. Wenn eine Figur läuft und dabei schreit - das kann ich ja bei der Aufnahme nicht nachahmen. Also muss ich eine künstlerische Variante finden, meine Stimme so zu stützen, dass es klingt, als würde ich gerade laufen. So ist arbeiten mit Synchron, das ist immer eine Überhöhung.

Aber es gibt ja auch Schauspieler, die für Videospiele mit Motion Capture arbeiten.

Bei "Battlefield 4" hat mich das beeindruckt. Die haben sich die Seele aus dem Leib gespielt. Aber das bleibt für mich eine Kindergeschichte, mit Schauspielerei hat das nicht so viel zu tun. Und so einen Actionpart in echt zu spielen? Puh, dafür bin ich mittlerweile wahrscheinlich schon zu alt. Das würde schon daran scheitern, dass ich niemals aus so einem Hubschrauber rausspringen könnte. Dafür habe ich viel zu viel Höhenangst.

Was für Rollen in Videospielen würden Sie denn faszinieren?

Ich fände eine ambivalentere Herangehensweise spannend, wo schauspielerische Elemente wichtiger werden. Spiele wie "Beyond: Two Souls", mit Willem Dafoe und Ellen Page - das fand ich sehr spannend. Das sind völlig neue Wege.

Neben Videospielen und dem Kino hat man sie auch wieder mit "Schuld" im Fernsehen gesehen. Suchen Sie nach neuen Arbeitsfeldern?

Die Vertriebswege beim Filmemachen haben sich komplett geändert. Durch Streaming hat sich die Art, wie Serien erzählt werden, um 180 Grad gedreht. Selbst so ein Format wie "Schuld" wäre ja vor zehn Jahren nicht möglich gewesen. Das hätte niemals grünes Licht bekommen. Das wäre zu hart gewesen, zu widersprüchlich, moralisch fragwürdig. Jetzt gibt es einen gewissen Mut. Auch "Blochin" kann ich nur jedem ans Herz legen. Da kommt noch viel gutes Zeug. Und da wäre es als Schauspieler völlig blöd zu sagen, daran möchte ich keinen Anteil haben. Kinofilme werden nach wie vor meine größte Leidenschaft bleiben. Aber natürlich öffne ich mich für diese ganzen neuen Erzählformen, die es auf einmal gibt.

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