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"Monster Hunter: World" im Test:Jagen, bis der Frust kommt

Monster erlegen, Beute sammeln, noch mehr Monster erlegen. "Monster Hunter: World" verzichtet fast vollständig auf eine Handlung. Macht das Spaß?

Spieletest von Caspar von Au

Die Handlung ist in Rollenspielen häufig das wichtigste Element. Sie baut Spannung aufund formt Charaktere. Im Idealfall zieht sie den Spieler genauso hinein wie eine spannende Serie, ein Film oder ein Roman.

Die "Monster Hunter"-Reihe, deren erster Teil 2004 für die Playstation 2 erschien, setzt seit jeher auf ein anderes Spielprinzip: das Jagen und Sammeln, im Gamer-Jargon auch "grinden" (aus dem Englischen: zerreiben oder umgangssprachlich schuften) genannt. Jetzt erscheint mit "World" erstmals ein Monster-Hunter-Spiel für die Plattformen PC, Playstation und Xbox. Das zentrale Element bleibt aber dasselbe: Monster erlegen, Beeren, Pilze, Federn und Knochen sammeln und mit diesen Materialien sein Schwert verbessern. Mit dem etwas besseren Schwert ein etwas stärkeres Monster töten, Beeren, Pilze, Federn sammeln und so weiter und so fort.

Verglichen mit den bisherigen Monster-Hunter-Spielen nimmt die Handlung diesmal eine relativ große Rolle ein - zumindest am Anfang. Die Drachenältesten, Monster so groß wie eine Insel, machen sich alle zehn Jahre auf den Weg von der Alten Welt in die Neue Welt. Einige auserwählte Jäger segeln ihnen hinterher, der Spieler ist einer von ihnen. Sie sollen herausfinden, warum die riesigen Drachen die Reise unternehmen. Nach den eher langatmigen Videosequenzen zu Beginn tritt die Geschichte aber schnell in den Hintergrund. Am Ende bleibt World ein typisches Monster-Hunter-Game: viel Kampf, wenig Handlung.

Pflanzen und Tiere lassen die Welt lebendig wirken

Ähnlich wie in anderen Rollenspielen, zum Beispiel der "Elder Scrolls"-Reihe, kann der Spieler das Aussehen seines Jägers oder seiner Jägerin bis ins Detail anpassen: Augenfarbe, Höhe der Wangenknochen, Nasenlänge - auch die des Palicos. Der Palico, eine Art gestiefelter Kater, weicht dem Spieler nicht von der Seite. Er attackiert die Monster, sammelt zusätzliche Beeren und bringt seinem Jäger in Notsituationen eine Vitalitätswespe, die heilende Wirkung hat.

In der Neuen Welt trifft der Jäger auf ein ausgeklügeltes Ökosystem: Insekten leben neben friedlichen Pflanzenfressern, an Land und in Tümpeln gibt es kleinere fleischfressende Monster - und natürlich große Bestien. Die Monsterarten sind erfunden, erinnern aber stark an Dinosaurier. Überall wachsen Pilze, Früchte und Nüsse. Immer wieder stolpert man über Knochenhaufen oder Erzvorkommen. All das kann der Spieler jagen und sammeln und daraus Waffen, Munition, Fallen, Tränke und Mahlzeiten herstellen.

Monster Hunter: World treibt das Grinding-Prinzip auf die Spitze

Immer mehr Rollenspiele setzen auf Grinding-Elemente, etwa "Destiny 2" oder "Assassin's Creed: Origins". Der neue Monster-Hunter-Titel treibt das Spielprinzip jedoch auf die Spitze: Der Avatar entwickelt sich nicht weiter. Er sammelt keine Erfahrungspunkte, kann keine Level erklimmen und seine Fähigkeiten verbessern. Nur Rüstung und Waffen bestimmen über die Stärke des Jägers.

Neben klassischen Schwertern oder Pfeil und Bogen kann der Spieler auch mit einem übergroßen Dudelsack oder einem Schwert, das per Knopfdruck zu einer Axt wird, auf die Jagd gehen. Mit Erz und den Körperteilen erlegter Monster lassen sich die anfangs schwachen Waffen zu mächtigen Gegenständen weiterentwickeln.

Im Gegensatz zu anderen Games gibt es in World keinen Balken oder andere Information darüber, wie viel Schüsse oder Hiebe ein Monster noch aushält. Manche Kämpfe dauern 20 Minuten oder noch länger, ohne dass man genau weiß, wie geschwächt das Monster ist. Immerhin tragen Gegner sichtbare Wunden davon. Kämpft man zum Beispiel gegen einen Anjanath, eine Art feuerspuckender T-Rex, humpelt das Monster am Ende und versucht sich zurückzuziehen. Mit gezielten Hieben auf den Schwanz kann der Jäger diesen abtrennen.

Das Ziel ist die Jagd ist die Jagd

Die langwierigen Kämpfe machen World zu einem Geduldsspiel. Die Gegner lassen sich nicht an einem bestimmten Ort bekämpfen und erlegen. Sie laufen davon, suchen Schutz und machen Jagd auf kleinere Monster, um sich zu stärken. Oft ist der Spieler damit beschäftigt, seinem Opfer über Kilometer hinterherzurennen. Manchmal rennt dieses geradewegs in ein Territorium eines anderen großen Monsters und der Jäger hat zwei Gegner, mit denen er fertig werden muss. Das nervt vor allem dann, wenn dadurch das vorgegebene Zeitfenster für einen Auftrag abläuft und der Spieler von vorne beginnen muss.

Noch frustrierender kann die Lernkurve des Spiels sein: Jede Waffenklasse benötigt eine andere Steuerung und Spielweise, bereits das fordert Anfänger ordentlich. Relativ schnell begegnet der Spieler Monstern, die so stark sind, dass sie den Jäger mit einer einzigen Attacke erledigen können. Weicht er nicht aus, ist er tot. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Aktionen, wie zum Beispiel das Nachladen des Bogengewehrs oder das Wetzen des Schwerts, im Kampf quälend lange Sekunden dauern. Der Spieler kann währenddessen nicht ausweichen und ist seinem Gegner ausgeliefert. Ein falscher Knopfdruck kann bedeuten, dass der Spieler von vorne beginnen muss.

Bei Monster Hunter: World sind diese Momente besonders ärgerlich. Während andere Spiele eine Geschichte erzählen, auf deren Ausgang man gespannt wartet, geht es hier nur darum, neue Ausrüstung zu erbeuten. Dass dieses Spielprinzip funktionieren kann, zeigt etwa die erfolgreiche Diablo-Reihe. Das klappt aber nur, wenn die Kämpfe Spaß machen, Abwechslung bieten und einigermaßen fair sind. Hier müssen die Entwickler von Monster Hunter: World noch nachlegen.

"Monster Hunter: World" ist am 26. Januar 2018 für Playstation 4 und Xbox One erschienen. Eine PC-Version ist angekündigt.

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