Mobilfunk im Umbruch:Suche nach Wachstum

Lesezeit: 2 min

Der Preisverfall macht der Mobilfunkbranche schwer zu schaffen. Die Messe "3GSM World Congress" in Barcelona soll neue Impulse bringen.

Thorsten Riedl

Barcelona - Vor dieser "Zehnsation" hat sich die Branche lange gefürchtet. Mit dem Wortspiel wirbt die Marketingabteilung des Mobilfunkanbieters E-Plus für einen vorgeblich "sensationell" billigen Tarif: Für zehn Cent pro Minute telefonieren E-Plus-Kunden bei diesem Angebot - rund um die Uhr, in alle Netze.

(Foto: Logo: 3GSM)

Schon im vergangenen Jahr hatten Branchenbeobachter die magische Marke von 0,10 Euro vorhergesagt. Vor kurzer Zeit waren solche Preise für ein Handytelefonat undenkbar. Ein Gespräch kostete noch vor fünf Jahren im ungünstigsten Fall das Zehnfache. Nun steht die 10-Cent-Grenze kurz vor dem Fall, und was die Kunden freut, entwickelt sich zum Drama für alle Beteiligten in der Mobilfunkbranche: Es fehlt das Geld für neues Wachstum - und Ideen.

Die aggressive Preispolitik von E-Plus, nach T-Mobile und Vodafone die Nummer drei am deutschen Markt, wirft ein Schlaglicht auf die Probleme des gesamten Sektors in den Industriestaaten: In den gesättigten Märkten können die Mobilfunkanbieter kaum noch wachsen. Längst ist ein Kampf um die Marktanteile entbrannt, der mit dem Preis als Waffe geführt wird.

Darunter leiden nicht nur die Mobilfunkanbieter. In ihrem Gefolge fällt es den Anbietern von Handys wie Nokia, Motorola oder Samsung zunehmend schwer, vernünftige Margen zu erwirtschaften. Die Ausrüster der Telefonnetze dagegen schließen sich zusammen. So wollen Alcatel und Lucent, Nokia und Siemens oder Ericsson und Marconi gemeinsam mit einem Mehr an Marktmacht bessere Ergebnisse erzielen.

Die Internetfirmen wollen mitmischen

Mobilfunker, Handy-Bauer und Netzausrüster: Alle treffen sich von Montag an auf der Fira de Barcelona, dem Messeplatz der zweitgrößten Stadt in Spanien. Dort findet der wichtigste, jährliche Branchentreff namens 3GSM statt. René Obermann, 2006 als Chef von T-Mobile vor Ort, dieses Mal als oberster Mann der Deutschen Telekom, wird ebenso eine Rede halten wie Arun Sarin, Vorstandsvorsitzender von Vodafone, dem weltweit größten Mobilfunkkonzern.

Dazu kommen Beschäftigte aus den oberen Etagen von Nokia, Samsung, Alcatel-Lucent sowie vielen anderen. "Und alle zusammen haben ein Problem: Wie kann man den Telekommunikationsmarkt in den Industriestaaten wieder zum Wachsen bringen", sagt Roman Friedrich, Branchenkenner bei der Strategieberatung Booz Allen Hamilton. "Gratisangebote und der Preisverfall führen dazu, dass immer weniger Geld bereitsteht für Innovationen."

Die Handyhersteller beantworten die Wachstumsfrage mit neuen Geräten - wie immer. Die Mobiltelefone werden auch in diesem Jahr kleiner, bunter, verspielter, kommen als Klappmodell oder möglichst einfach, um dann als günstiges Exportgerät in Schwellenländer verkauft zu werden. Dort, in den aufstrebenden Staaten von Südostasien oder Lateinamerika, boomt das Geschäft, allerdings mit geringen Gewinnbeiträgen. In den reifen Märkten, zu denen mit einer rechnerischen Ausstattung von mehr als einem Handy pro Einwohner auch Deutschland gehört, sollen neue Funktionen zum Kauf locken.

Die Mobiltelefone spielen digitale Musik, machen Bilder in nie geahnter Qualität - und finden neuerdings auch den Weg. Geräte mit eingebautem Satellitenortungssystem GPS haben eine ganze Reihe von Herstellern in ihren Taschen für die Messe dabei. Besonders bei höherwertigen Handys mit Kalender-, E-Mail- und Bürofunktionen - als Smartphones bekannt - werden GPS-Empfänger bald zur Grundausstattung gehören. "Die Anbieter sichern damit ihre Geräte im hochpreisigen Segment", erklärt Martin Gutberlet, Telekommunikationsexperte beim Marktforschungshaus Gartner.

Ein Thema treibt dabei alle in Barcelona um: das mobile Internet. Die Euphorie um das Web 2.0, das Netz in einer zweiten Version bestückt mit Inhalten wie Bildern, Videos oder Texten von den Nutzern selbst, sorgt für so gute Stimmung bei Internetfirmen wie seit den Boomjahren vor der Jahrtausendwende nicht mehr. Daran will die Mobilfunkbranche teilhaben. Die Kunden sollen mit dem Handy im Internet surfen, Musik auf das Gerät laden oder Bilder schießen und ins Netz stellen. Doch auch hier fällt bereits ein Schatten auf die Wachstumshoffnungen: Google, Yahoo & Co. sind ebenfalls auf der Messe präsent. Beim Thema Internet - mobil oder nicht - wollen sie sich das Geschäft nicht nehmen lassen.

© SZ vom 12.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: