Mobile World Congress in Barcelona:Fixstern Apple und seine Trabanten

Obwohl Apple selbst nicht auf der weltgrößten Handymesse vertreten ist, kreisen die publikumsträchtigsten Neuvorstellungen vor allem um das iPhone und das iPad. Lediglich Microsoft schert mit der Vorstellung seines neuen Betriebssystems aus.

Helmut Martin-Jung

Und was macht Apple? Obwohl klar ist, dass der Konzern aus Kalifornien in diesem Jahr erneut nicht auf dem Mobile World Congress, dem größten Treffen der Mobilfunkbranche, vertreten sein wird - ausgesprochen oder nicht werden die publikumsträchtigsten Neuvorstellungen ein weiteres Mal um Apple kreisen wie Planeten um die Sonne, wenn sich am heutigen Montag die Messe-Tore öffnen. Mehr als 60.000 Fachbesucher haben sich dieses Jahr angekündigt - so viele wie noch nie zuvor.

Mobile World Congress 2012

Neue Geräte auf dem Mobile World Congress 2012 in Barcelona

(Foto: Bloomberg)

Einige dachten ja schon, Apple geht der Dampf aus", sagt die Branchenexpertin Carolina Milanesi von der IT-Beratungsfirma Gartner, "in der Industrie herrscht der Eindruck vor, dass es schwieriger werden wird für Apple zu erklären, worin denn eigentlich der Vorteil ihrer Produkte besteht." Die Sache ist nur: Über den Erfolg bestimmen nicht Industriebeobachter, sondern die Kunden.

Und denen, räumt auch die Analystin ein, liefere Apple offenbar genau, was sie verlangten. 37 Millionen iPhones wurden allein im vierten Quartal 2011 verkauft, dazu 15 Millionen iPads. In beiden Kategorien hat Apple damit die Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr um etwa das Doppelte steigern können.

Gewinn der Konkurrenz

Oder, um den Erfolg noch aus einer anderen Perspektive zu beleuchten: Apple ist zum drittgrößten Handyhersteller der Welt aufgestiegen, und das, obwohl die Kalifornier im Prinzip nur drei Modelle (mit jeweils minimalen Variationen) im Angebot haben. Dabei handelt es sich allerdings um Smartphones, die zwar auch bei der Konkurrenz am meisten Gewinn einbringen. Nur kann die den Preis nicht so hoch halten wie Apple.

Das iPhone und das iPad - es sind dies wohl die beiden Produkte, bei denen am klarsten die alte Idee von Firmengründer Steve Jobs Früchte trug, Hard- und Software zu kontrollieren. So wurde der Boden bereitet für das App-Geschäft, das mit dem iPhone Fahrt aufnahm. Mittlerweile ist diesen Apps in Barcelona eine ganze Halle gewidmet.

Im Elektroauto Leaf von Nissan, das demnächst auf den deutschen Markt kommt, lässt sich beispielsweise der Ladezustand der Batterien aus der Ferne mit einer App überprüfen. Diese gibt es bislang nur für Apples Betriebssystem, eine für Android soll aber bald kommen. So ist das sehr häufig, obwohl doch Android inzwischen auf mehr Geräten läuft als Apples iOS, das man nur zusammen mit Apples Hardware nutzen kann.

Unterdessen kämpft Microsoft darum, sein Windows Phone am Markt zu etablieren. Es wäre nicht das erste Mal, dass Software des Konzerns sich anfangs schwertut und von der Funktionalität her nicht mithalten kann mit der Konkurrenz, sich dann aber doch durchsetzt. Im Moment behindern nicht die durchaus vorhandenen Schwächen den Erfolg. Einiges ist bei dem neu entwickelten System besser als bei der Konkurrenz. Es ist eher ein Imageproblem.

Mehrere Zehntausend Apps

Mittlerweile gibt es dafür immerhin schon mehrere Zehntausend Apps, und es ist bekannt geworden, dass das Mobilbetriebssystem künftig denselben Kern nutzen soll wie das Microsoft-Betriebssystem für PCs und Tablets, Windows 8. Was der Nutzer davon dann wirklich haben wird, wenn die Systeme näher zusammenrücken, muss sich noch im Detail zeigen. Einen Vorgeschmack darauf gibt die offizielle Vorabversion von Windows 8, die am 29. Februar auf dem Mobile World Congress vorgestellt werden wird.

Aber nicht nur Mobilgeräte und herkömmliche Computer wachsen zusammen, die Welt der mobilen Kommunikation und Datenübertragung greift auch längst über auf andere Bereiche. In Barcelona sind Firmen aus der Gesundheitsbranche ebenso zu finden wie solche aus der Automobilindustrie. Das Auto, bislang einer der letzten weißen Flecken auf der Internet-Landkarte, ist auf dem Weg, eine digitale Schaltzentrale zu werden.

Ausgefeilte Sprachsteuerung

Erstmals enthüllt ein Hersteller, Ford, in Barcelona auf einer Mobilfunkmesse ein neues Auto, das mit ausgefeilter Sprachsteuerung ausgerüstet ist. Dabei wird Kommunikation künftig nicht immer von Menschen angestoßen werden müssen. Die Fahrzeuge selbst werden untereinander Informationen austauschen und damit für mehr Sicherheit auf den Straßen sorgen, so der Plan.

Solche Beispiele meint der Kreativchef der renommierten Designagentur Frog, Mark Rolston, wenn er davon spricht, dass sich derzeit vieles "unter der Haube" entwickle: "Beim Mobile World Congress gibt es On- und Off-Jahre", sagt er, "dieses Jahr ist ein Off-Jahr." Während es bei den publikumswirksamen Geräten wie Smartphones und Tablets mehr oder weniger nur Weiterentwicklungen, aber keine Revolutionen gebe, braue sich auf einer Ebene darunter vieles zusammen.

"Wenn wir erst einmal alle ein Handy mit uns herumtragen, mit dem man bezahlen kann, wird sich alles verändern", sagt Rolston, "zum Beispiel könnte eine intelligente Software entscheiden, welche Zahlungsmethode die jeweils Beste ist - Überweisung, Kreditkarte oder Paypal." Bisher fehle es aber noch an der Infrastruktur und der Verbreitung von Geräten. Medizinische Geräte könnten nicht bloß Körperwerte überwachen, sondern Hilfe im Alltag geben, zum Beispiel Diabetikern entsprechend den jeweiligen Vorlieben Ratschläge geben, was sie essen könnten.

Die Computer selbst, glaubt Rolston, werden nach und nach aus dem Blickfeld verschwinden, nicht aber aus dem Leben, ganz im Gegenteil: "Wir denken nach über Dinge, die man in den Raum projiziert und mit Kameras arbeitet", sagt er, "zum Beispiel könnte eine Software einem beim Kochen helfen und aufpassen, dass die Butter nicht braun wird." Wer etwas schreiben müsse, könne sich eine Tastatur auf den Tisch einblenden lassen, an dem er gerade sitzt. "Irgendwann", glaubt Rolston, "werden wir keine Geräte mehr brauchen, die wir mit uns herumtragen oder die auf dem Tisch stehen, höchstens noch eine Armbanduhr." Dafür wird es aber wohl noch einige On-Jahre brauchen.

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