Mobile World Congress:Blackberry bleibt sich treu, LG erfindet sich neu

TCL Communication's CEO Nicolas Zibell presents the new BlackBerry Key One before the Mobile World Congress in Barcelona

Physische Tasten bei einem Smartphone? Das KeyOne ist auf den ersten Blick als Blackberry zu erkennen.

(Foto: Albert Gea/Reuters)
  • Auf dem Mobile World Congress stellen viele große Smartphone-Hersteller ihre neuen Produkte vor.
  • Blackberry setzt weiter auf die bewährte Hardware-Tastatur.
  • LG will sich mit dem G6 neu erfinden und den G5-Flop vergessen machen.
  • Huawei mausert sich hinter Apple und Samsung zur weltweiten Nummer drei. Das Spitzenmodell P10 wirkt vielversprechend.

Von Helmut Martin-Jung, Barcelona

Eigentlich wäre schon Zeit gewesen, das Tor zum Marquee zu öffnen, einem Veranstaltungslokal im Olympiapark von Barcelona. Aber erst werden eine Fotografin und eine Kamerafrau nach draußen geschickt, um die Menge zu dokumentieren, die sich hier versammelt hat.

Das ist zwar nicht ungewöhnlich für den Mobile World Congress (MWC), der größten Fachmesse der Welt, wo die Vorstellung neuer Smartphones regelmäßig Tausende anzieht. Aber es ist nicht so selbstverständlich für Blackberry.

Der einstige Herrscher der Smartphone-Welt - noch 2011 hatten die Kanadier stolze 53 Millionen Geräte verkauft - rangiert mittlerweile nahe der Wahrnehmungsschwelle der Statistiken. Es ist daher nur konsequent, dass Blackberry die Rechte an dem immer noch klingenden Namen abgegeben hat an die chinesische Firma TCL Communications, eine Tochter des TCL-Konzerns aus Shenzen. Streng genommen ist daher das jetzt in Barcelona vorgestellte Smartphone "KeyOne" gar kein echter Blackberry.

Die Hardware-Tastatur bleibt das Alleinstellungsmerkmal

Niemand würde da aber vehementer widersprechen als Nicolas Zibell, der Chef von TCL Communications. Der Grund ist nicht schwer zu erraten: Anders als andere chinesische Hersteller, die sich im Westen erst mühsam und meist mit Kampfpreisen einen Markt aufbauen müssen, will er darauf setzen, was Blackberry groß gemacht hat: Die Robustheit der Geräte, deren Sicherheit gegen Lauscher und - natürlich - die Hardware-Tatstatur. "Ein anderes Gerät dieser Art werden Sie auf der Messe nicht finden", sagt Zibell.

Da hat er sicher recht, und das liegt wohl auch daran, dass es zwar eine Zielgruppe gibt, die die Hardware-Tastatur liebt. Doch die ist klein. Immerhin aber hat TCL Abstand genommen von Betriebssystem-Sonderwegen: Das Key One verwendet Android, und zwar die jüngste Version 7.1, außerdem soll es monatlich Sicherheits-Updates geben. Bildschirm, Prozessor und Grafikleistung sind gute Mittelklasse, der Preis von 599 Euro daher durchaus ambitioniert.

LG will mit dem G6 alles besser machen. Viel besser

LG, der ewige Zweite im Wettstreit mit den Landsleuten von Samsung, kommt ebenfalls aus einem tiefen Tal. Im vergangenen Jahr hatten die Koreaner zwar ein sehr ambitioniertes Projekt vorgestellt - ein modular aufgebautes Handy, an das man verschiedene Zusatzgeräte stecken konnte. Doch vorhersehbarerweise war das Ding ein Flop - erstens war es nicht besonders hübsch, und außerdem wollte natürlich kaum jemand das Risiko eingehen, für einen eher kleinen Hersteller Zusatzgeräte zu produzieren.

Mit dem G6 will man es nun besser machen, viel besser. Auf den ersten Blick scheint das auch gelungen zu sein. Das Smartphone hat einen großen 5,7-Zoll-Bildschirm, ist aber kaum größer als eines mit 5,2-Zoll-Schirm. Der Trick: Der Rand des Displays ist sehr dünn. Stabil liegt das Gerät dennoch in der Hand. Der Bildschirm ist hell und scharf, wie viele Konkurrenzmodelle ist auch das G6 wasserdicht und staubgeschützt. Das Innenleben mit einem sehr schnellen Prozessor von Qualcomm ist konkurrenzfähig, das Design auch - das G6 könnte LG tatsächlich helfen, aus der Smartphone-Krise herauszukommen.

Huawei ist mittlerweile die Nummer drei hinter Samsung und Apple

Die hat Huawei möglicherweise noch vor sich. Bisher nämlich prescht der chinesische Hersteller seit Jahren nach vorne, ist bei Smartphones mittlerweile schon die Nummer drei hinter Samsung und Apple. Vor allem Samsung muss das Angst machen, denn da auch Huawei mit leistungsstarken Smartphones und respektablen Mittelklasse-Geräten in den Markt drängt, ist die Position der Koreaner in Gefahr. So voll wie die Produktvorstellung von Huawei war jedenfalls noch keine auf dem diesjährigen MWC.

Auch die Show ist ähnlich aufwendig wie sonst bei Samsung, dramatische Musik, spektakuläre Videoeffekte. Nur als die eigens eingeladene Dame von der Pantone Association eine Viertelstunde über zwei Gehäuse-Farben plaudert, fällt die Stimmung beträchtlich, Unruhe kommt auf im Saal. Huawei stellt zwei neue Geräte vor, das P10 und das P10 Plus. Das Plus hat einen 5,5-Zoll-Bildschirm und eine Doppelkamera, für die der deutsche Hersteller Leica mit seinem Namen bürgt. Wer sich beim Design an Apple erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch - das hat bei Huawei schon Tradition und findet sogar im Betriebssystem seinen Niederschlag. Die Oberfläche des zugrunde liegenden Android ist stark verändert, sodass sie eher aussieht wie Apples iOS.

Besonders das größere Gerät dürfte bei Fotofreunden Gefallen finden, die Doppelkamera wurde stark verbessert und bietet wie Apple verlustfreies Zoomen bis zu zweifacher Vergrößerung sowie die Aufnahme hochauflösender Schwarz-Weiß-Fotos an. Auch das sonstige Innenleben entspricht dem Stand der Technik für Premium-Geräte - die Konkurrenz wird sich warm anziehen müssen.

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